Max Born   

Fachliche Leistung

Born war wesentlich am Übergang von der klassischen zur modernen Physik beteiligt und wirkte mit an der Durchsetzung der Relativitätstheorie, am Aufbau der Festkörperphysik sowie  wesentlich an der Begründung der Quantenmechanik.

Nach Einsteins Ansatz von 1907 verfeinerte Born zusammen mit Theodor von Karman (gleichzeitig und unabhängig von Peter Debye) die Theorie der spezifischen Wärme. Er und v. Karman untersuchten 1912 theoretisch die möglichen Schwingungen der Atome in einem Gitter. Unter Benutzung der älteren Quantentheorie  leiteten sie daraus den Verlauf der spezifischen Wärme als Funktion der Temperatur her.

Für Born war dies der Beginn eines anspruchsvollen Forschungsprogramms, das ihn etwa ein Jahrzehnt intensiv beschäftigte und das er später in Edinburgh wieder aufnahm. Die elastischen Eigenschaften und der Verlauf der spezifischen Wärme des Diamanten wurden berechnet, und das optische Verhalten von Kristallen in großer Allgemeinheit abgeleitet. In seinem 1915 veröffentlichten Buch "Dynamik der Kristallgitter" und der Monographie "Atomtheorie des festen Zustandes" (1923) wurde das Gebiet der Gitterdynamik in einheitlicher und klarer Weise zusammengefasst und damit einer der Grundsteine für die Festkörperphysik gelegt.

Born und Franck, die ab 1921 beide in Göttingen tätig waren, ist es zu verdanken, dass Göttingen einer der zentralen Orte in der Entwicklung der Quantentheorie der Materie wurde. Mit der Berufung Borns auf einen Lehrstuhl in Göttingen 1921 begann die glänzendste Epoche der Physik in Göttingen. Hier schuf Born seine wichtigsten Arbeiten: Er schrieb eine erweiterte Fassung seines Buches über die Dynamik der Kristallgitter im Rahmen der Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften, gefolgt von einer Reihe von bedeutenden Untersuchungen der Quantentheorie. Angeregt von den 'Bohr-Festspielen' - einem großen Vortragszyklus von Niels Bohr in Göttingen 1922 - , beteiligte sich auch Born an der Suche nach einer neuen Atomtheorie. Ergebnisse seiner Kristallphysik hatten ihn schon länger überzeugt, dass das Bohrsche Atommodell nur einen begrenzten Wert besaß.

Um 1925 griffen die Göttinger theoretischen Physiker entscheidend in die Entwicklung der Quantenphysik ein. 1925 formulierte Heisenberg, der damals 24jährige Assistent Borns, einen bahnbrechenden Ansatz, an den anknüpfend Born kurz darauf - in Zusammenarbeit mit Jordan und Heisenberg in der "Drei-Männer Arbeit" - die geschlossene mathematische Theorie der Quantenmechanik (Göttinger Matrizenmechanik) formulierte. Auf Born geht auch die sogenannte statistische  Interpretation der Quantenmechanik zurück. In weiteren Arbeiten mit seinen Schülern wurden ab 1926 wichtige Folgerungen aus der Quantenmechanik gezogen u.a. eine Erklärung des Schalenaufbaus der Elektronenhülle der Atome, der Molekülstruktur und der chemischen Bindung sowie der physikalischen Eigenschaften der Festkörper.

In den zwölf Jahren seines Göttinger Wirkens begründete Born eine große Schule der theoretischen Atomphysik.Um ihn versammelten sich hervorragende Schüler und Mitarbeiter aus der ganzen Welt. Unter seinen Kollegen und Mitarbeiter befanden sich viele später sehr berühmt gewordene Physiker wie W. Pauli, W. Heisenberg, P. Jordan, F. Hund, V. Weisskopf, J. Oppenheimer, L. Nordheim, W. Heitler, M. Delbrück, E. Teller, E. Wigner, A. Hylleraas, V. Fock, J. Frenkel und Maria Goeppert-Mayer.

 Born erhielt für seine Leistungen auf dem Gebiet der Quantenmechanik 1954 gemeinsam mit dem Physiker Walter Bothe den Nobelpreis für Physik. Seit den fünfziger Jahren engagierte er sich gegen die Aufrüstung mit Atomwaffen und betonte die gesellschaftliche Verantwortung von Wissenschaftlern. Die Anwendungen der physikalischen Forschung im Bereich der Atome und Atomkerne hatten zu diesem Zeit-punkt eine Größenordnung und Einflussmöglichkeit erreicht, die für die Menschheit eine neue, noch nicht da gewesene Situation darstellte. Born wies eindringlich auf die neue Verantwortung der Menschen hin, die neugewonnene Macht vernünftig zu nutzen.