Substanzen wie Stärke, Gelatine und Eiweiß bilden häufig eine
gelartige Form, für die der Name Kolloid geprägt wurde. Die genaue
Natur von kolloidalen Systemen blieb lange Zeit ein Rätsel. Während
das Verhalten von festen, flüssigen und gasförmigen Stoffen mit
Hilfe physikalisch-chemischer Gesetze um 1920 bereits gut beschrieben werden
konnte, entzogen sich kolloidale Systeme allen bekannten Theorien. Zsigmondys
Pionierleistung bestand darin, dass er mit Hilfe neuentwickelter Techniken
den kolloidalen Aggregatzustand zum Gegenstand der physikalisch-chemischen
Forschung machte und damit erstmals ein Verständnis für diese ungewöhnliche
Form der Materie gewonnen werden konnte.
Schon früh hatte Zsigmondy über Einschlüsse in Gläsern
gearbeitet. Mangels geeigneter Methoden war die Erforschung solcher kolloid
dispersen Systeme jedoch unzureichend. Man untersuchte das altbekannte Goldrubinglas
und Goldsol-Lösungen.
Die Natur des Cassius'schen Goldpurpurs konnte Zsigmondy aufklären. Die
Frage, ob diese Systeme homogen oder heterogen sind, blieb dagegen zunächst
unbeantwortet.
Zsigmondys wichtigster technischer Beitrag war das Ultramikroskop. Zusammen
mit dem Physiker H. F. W. Siedentopf der Jenaer Zeisswerke entwickelte er
1902/1903 dieses Mikroskop, mit dessen Hilfe kleine Teilchen mit einer größeren
Auflösung als vorher möglich betrachtet werden konnte. Auf diese
Weise konnten die kolloiden Partikel im Dunkelfeld sichtbar gemacht und erstmals
quantitativ erfasst werden. So bewies Zsigmondy, dass Kolloide heterogene
Systeme sind.
Die direkte Beobachtung von sehr kleinen Teilchen brachte den experimentellen
Nachweis dafür, dass Materie aus kleinen Bausteinen besteht. Es war -
vor der Entdeckung der Röntgenbeugung - damals noch nicht endgültig
bewiesen, dass Atome und Moleküle die chemischen Bausteine der Materie
sind. Viele berühmte Chemiker, allen voran Wilhelm Ostwald, zweifelten
das Bild des atomaren Aufbaus der Materie an. Zsigmondys Experimente lieferten
den endgültigen Beweis.
Seine Erfindung des Ultramikroskops hatte auch einen großen Einfluss
auf die Weiterentwicklung der Biochemie. Mit Hilfe seiner Apparatur konnte
die Struktur von Proteinen und anderen biologischen Makromolekülen auf
völlig neuem Wege untersucht werden. Die kolloiden Goldteilchen zeigten
die Brownsche Molekularbewegung in so eindrucksvoller Schönheit, dass
davon auch ein wesentlicher Anstoß zur Behandlung dieses Phänomens
und damit zugleich zur atomistischen Auffassung der Materie ausging. In seinem
Institut in Göttingen wurden im Rahmen dieser Forschungen 1918 Membranfilter
und 1922 Ultramembranfilter entwickelt, mit denen sich Kolloide trennen ließen.
Seine Lebensarbeit hat Zsigmondy in seinem Lehrbuch über die "Kolloidchemie"
(1912) zusammenfassend dargestellt.