Göttinger Cimeliennavigation

Kapitel 1 - Der Grundstock im Jahre 1734 | Übersicht |


4 Von den alten Rittern und deren Kampf

Beschreibung | Großbildweiterzurück

Hans Talhoffer:
Fechtbuch mit farbigen Bildern. Landgericht der Bischöfe von Würzburg.
Ordnung des Kaiserlichen Kammergerichts.
Papierhandschrift, Ende 17. Jahrhundert.
Signatur: 2° Cod. Ms. philos. 61
Provenienz: Joachim Hinrich von Bülow, 1734

Trommler
2° Cod. Ms. philos. 61 (Ausschnitt)
Klick aufs Bild für Großbild

Trotz der Erfindung des Buchdrucks um 1450 gab es noch fast die gesamte Frühe Neuzeit hindurch auch eine Tradition handschriftlicher Überlieferung. Das vorliegende Manuskript eines Fechtbuches bietet dafür ein gutes Beispiel. Joachim Hinrich von Bülow (1650 – 1724) ließ es wohl Ende des 17. Jahrhunderts nach einer Vorlage anfertigen, die ihm einer seiner Kollegen unter den damaligen kurhannoverschen Spitzenpolitikern, der Kammerpräsident Friedrich Wilhelm von Görtz (1647 – 1728), überlassen hatte. Dieser wiederum war über einen nicht näher zu ermittelnden Geheimen Rat und Obersten von Dieden an die ursprünglich vom Würzburger Hof stammenden Vorlagen gelangt. Möglicherweise spielten hier die Verbindungen des Kammerpräsidenten zum hessischfränkischen Adel eine Rolle, da sein Vater Johann Volprecht von Görtz (1602 – 1677) fuldischer Obermarschall und Direktor des Fränkischen Ritterkreises gewesen war.

Bülow ließ den Rückentitel Von den alten Rittern und deren Kampf auf den Ledereinband prägen. Dahinter verbirgt sich eine Abschrift des Fechtbuches Hans Talhoffers aus dem 15. Jahrhundert. Dieses Fechtbuch ist in sechs spätmittelalterlichen Codices überliefert; darüber hinaus sind sechs weitere frühneuzeitliche Abschriften bekannt. Das Göttinger Exemplar folgt weitgehend der ältesten Überlieferung, dem mittlerweile in der Gothaer Forschungsbibliothek befindlichen Codex von 1443. Das Werk beginnt mit Johann Hartliebs Kampfbuch (Bl. 4 – 15), dem sich die Kunst des langen Schwertes von Meister Liechtenauer (Bl. 16 – 23) anschließt. Den Hauptteil bilden Abbildungen, die weitgehend ohne Text bleiben (Kampf mit dem Stechschild, Bl. 4 – 49; Kampffechten, Bl. 52 – 75; Hellebardenfechten, Bl. 76 – 83; Dolchfechten, Bl. 84 – 105; Ringkunst Otten, eines getauften Juden, Bl. 106 – 129). Gegenüber der Vorlage fehlen sechs Abbildungen zum Kampf mit dem langen Schwert, allerdings wurde zusätzlich aus einem zweiten Gothaer Exemplar von 1467 der Zweikampf zwischen Mann und Frau aufgenommen (Bl. 190 – 195). Die ikonographische Ausführung der von Joachim Hinrich von Bülow in Auftrag gegebenen Handschrift orientiert sich – von einigen kleinen Abweichungen abgesehen – weitgehend an den spätmittelalterlichen Vorlagen. Im Unterschied zum in Tusche ausgeführten Original sind die Umrisszeichnungen der vorliegenden Ausgabe in Bleistift und die Ausmalung in Wasserfarben, die handschriftlichen Passagen in frühneuzeitlicher Kanzleischrift ausgeführt.

(WE)