Kapitel 4 - Wer bietet mehr? Ersteigert auf Auktionen | Übersicht |
35 Das erste in Spanien gedruckte Offizium
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Officium Beatae Mariae Virginis.
Valencia: [Drucker des Officium BMV,] 7. XI. 1486.
Signatur: 8° Hist. eccl. Rit. I, 8158 Inc. Rara
Provenienz: Petrus Meermann, Auktion Den Haag, 1754
Für das gemeinschaftliche christliche Gebet zu bestimmten Tagzeiten oder Stunden bildete sich früh eine relativ feste Form, deren Hauptbestandteile Psalmodie, Lesung, Hymnus, Canticus und Gebet sind. Die Stundengebete (Horen) heiligen den Tagesablauf und stellen ihn zugleich in den Kontext der Schöpfungswoche und des Kirchenjahres. Da der Beter, der Forderung „Betet ohne Unterlass“ (1 Thess. 5,17) nachkommend, Gott schuldige Dienste erweist, wird der Tageskreis der Stundengebete Offizium (officium divinum) genannt. Mit der durch das Mailänder Toleranzedikt des Jahres 313 eingeleiteten konstantinischen Wende entwickelten sich die beiden Formen des monastischen Offiziums (als Gebet der Gemeinschaft der Mönche) und des kathedralen Offiziums (als Gebet der Gemeinschaft der Gläubigen). Aus den verschiedenen Prägungen des Mönchtums entstanden verschiedene Varianten des Offiziums, die in vielfacher Wechselwirkung zueinander standen; eine weitgehende Einheitlichkeit des Stundengebetes wurde durch die Ordnung der Regel des Benedikt von Nursia (480 – 547) erreicht.
Seit dem 8. Jahrhundert entstanden für das Laientum bestimmte Gebetssammlungen, die anfänglich vor allem das Sünden- und Trinitätsbekenntnis, seit dem 11. Jahrhundert zunehmend Betrachtungen der jungfräulichen Geburt und der Passion Christi enthielten. Die aufkommende Marienfrömmigkeit manifestierte sich in einem eigenen Marianischen Offizium. Dieses wichtigste Nebenoffizium gibt die Stundengebete für Marienfeste sowie für verschiedene Anlässe zur Ehre der Gottesmutter wieder. Seit dem 13. Jahrhundert wurden für das wohlhabende, lesekundige Laientum Stundenbücher gefertigt, die, häufig mit Miniaturen versehen, je nach Aufwand ihres Buchschmuckes durchaus auch als Prestigeobjekte gelten können. Ihre auch künstlerische Blütezeit erlebten die Stundenbücher im späten 14. und beginnenden 15. Jahrhundert. Dieser Zeit entstammt auch das ausgestellte Buch, die erste Ausgabe eines Offiziums in Spanien. Äußerlich unterscheidet es sich kaum von zeitgenössischen Handschriften, ein Phänomen, das für die zwischen 1450 und 1480 gedruckten Bücher charakteristisch ist. Ein handschriftlicher Eintrag im Buchdeckel weist als mögliche Drucker Gabriel Luis de Arinyo und Lope de la Roca aus. Das Exemplar ist mit prächtig ausgemaltem Rankenwerk und in Blattgold gefassten Initialen geschmückt. Aufgeschlagen ist das Mundöffnungsgebet.
(SG/KN)