Kapitel 7 - Göttinger Gelehrte | Übersicht |
65 Ein Rechtsbuch von europäischem Rang
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Eike von Repgow:
Landrecht u. a., niederdeutsch. [Der Sachsenspiegel.]
Leipzig: [Moritz Brandis], 30. VIII. 1488.
Signatur: 4° Jus Germ. I, 4711 Inc.
Provenienz: Georg Christian Gebauer, 1773/74
Das älteste deutsche Rechtsbuch des Mittelalters wurde um 1224 von Eike von Repgow (um 1180 / 1190 – nach 1233) verfasst. Der anhaltinische Schöffe hatte zunächst eine – nicht überlieferte – lateinische Fassung des sächsischen Rechts zusammengestellt (um 1220) und diese auf Geheiß seines Lehnsherrn in das Niederdeutsche übertragen. Noch zu Eikes Lebzeiten wurde sie mehrfach überarbeitet und ergänzt. Nach seiner eigenen Aussage nannte Eike sein Buch Sachsenspiegel, weil darin das Recht der Sachsen erblickt werden kann, „alse an eneme spegele de vrowen / er antlite scowen“.
Der Sachsenspiegel enthält das Landrecht, eine Zusammenfassung des um 1220 herrschenden Gewohnheitsrechtes der freien Sachsen aller Stände, und das Lehnsrecht, das vor allem die besonderen Rechtsfragen des sächsischen Adels behandelt. Als erste schriftliche Niederlegung von Rechtssätzen in deutscher Sprache und Garant der Rechtseinheit breitete er sich rasch von seinem ursprünglichen Geltungszentrum Magdeburg aus und erfasste – nicht zuletzt in Umarbeitungen und Übersetzungen – große Teile Europas, die Hansestädte des Nordostens und Nordwestens, weite Teile des heutigen Polen und Russland, Holland und Seeland. Seinen größten Einfluss erlangte das Werk im Süden des deutschen Sprachraums, wo es zum Vorbild für den um 1275 aufgeschriebenen Deutschenspiegel und anschließend für den Schwabenspiegel wurde. Als Rechtsquelle blieb der Sachsenspiegel bis weit in die Neuzeit hinein offiziell gültig: In Sachsen selbst war er bis zum Inkrafttreten des Sächsischen Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahre 1865, in Anhalt und Thüringen bis zur Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich im Jahre 1900 in Kraft. Das Lehnsrecht blieb formal gar bis zur Gründung der Weimarer Republik maßgeblich. Noch heute liegt der Sachsenspiegel in mehr als 200 Handschriften und Fragmenten vor. – Gezeigt wird der das Werk einleitende Holzschnitt, der den deutschen Kaiser und die sieben Kurfürsten abbildet.
(HR/SG)