Kapitel 7 - Göttinger Gelehrte | Übersicht |
76 „Ich habe die ... Ehre,
der allererste zu seyn …“
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Alexander I.:
Adelsbrief für August Ludwig Schlözer mit kaiserlichem Siegel.
St. Petersburg, 30. V. / 11. VI. 1804.
Signatur: Schlözer-Stiftung, Gegenstände, AL I
Provenienz: Schlözer-Stiftung, 1939/40
Voller Genugtuung empfahl sich am 2. Februar 1805 „der Pfarrersohn von Gaggstadt, August Ludwig Schlözer, ... als Ritter des kaiserl. russischen Wladimir Ordens und noch außerdem als Mitglied des russischen Erbadels, folglich als von Schlözer“ dem Reichsfürsten Karl von Hohenlohe-Kirchberg. Der ehemalige hohenlohisch-kirchbergische Untertan Schlözer (1735 – 1809) hatte allen Grund, stolz auf das in seinem Leben Erreichte zu sein, galt er doch zu seiner Zeit als überragende Autorität auf dem Gebiet der russischen Geschichte im deutschen Sprachraum und hatte damit einen Status inne, den seine Nobilitierung durch Zar Alexander I. (1777 – 1825; reg. 1801 – 1825) im Jahre 1804 auf das Sinnfälligste bestätigte. Nach seinem Göttinger Studium der Philologie und Orientalistik 1761 war Schlözer als Gehilfe des russischen Reichshistoriographen Gerhard Friedrich Müller nach St. Petersburg gekommen und bereits im Folgejahr zum Adjunkt-Professor der Akademie der Wissenschaften, 1765 zum ordentlichen Professor der Geschichte ernannt worden. 1767 kehrte er endgültig nach Göttingen zurück, wo er seit 1770 als ordentlicher Professor der Philosophie tätig war.
Seine zahlreichen Übersetzungen und Rezensionen forschungsrelevanter russischsprachiger Publikationen, Sammlungen authentischer russischer Staatsdokumente und Veröffentlichungen von staatskundlichen Nachrichten über Russland machten Schlözer zu einem der wichtigsten Exponenten des russisch-deutschen Wissenstransfers; seine quellenkritisch begründeten Editionen russischer Chroniken stellten einen Meilenstein innerhalb der Geschichtswissenschaft dar. So war es denn auch sein Lebenswerk, die Edition der aus dem frühen 12. Jahrhundert stammenden Nestor-Chronik (1802 – 1809), die den Anlass für seine Nobilitierung bildete. Dass Schlözer sich seiner eigenen Bedeutung mehr als bewusst war („Ich habe die seltne, vielleicht der Nachwelt unbegreifliche Ehre, der allererste zu seyn, der Eine von den Tausend geschriebenen Russischen Chroniken zu Druck gebracht hat.“) und dass er, wie Martin Peters rekonstruiert hat, seine Nobilitierung selbst initiierte und energisch vorantrieb, tut seiner Leistung keinen Abbruch.
Mit dem auf Pergament geschriebenen, von Alexander I. unterzeichneten Adelsbrief wird Schlözers Erhebung in den erblichen russischen Adelsstand bestätigt. Aufgeschlagen ist das erste Blatt der mehrseitigen Urkunde, das vollständig von Ehrentiteln des Zaren eingenommen wird. Über dem Text ist der zaristische Doppeladler abgebildet; der Text ist von einem breiten Ornamentstreifen umrahmt, der mit den Wappen der Gouvernements des Russischen Reiches verziert ist.
(SG)