Kapitel 13 - Wissenschaftliche Nachlässe | Übersicht |
122 Die erste auf telegraphischem Wege
übermittelte Nachricht
Beschreibung | Großbild
Carl Friedrich Gauß:
Telegraphenalphabet.
Notizblatt.
Signatur: Cod. Ms. Gauß Physik 6, Bl. 1v und 2r
Provenienz: Carl Friedrich Gauß, 1856
Im Jahre 1833 nahmen Carl Friedrich Gauß (1777 – 1855) und Wilhelm Eduard Weber (1804 – 1891) in Göttingen den ersten elektromagnetischen Telegraphen in Betrieb und übertrugen erstmalig Signale und Nachrichten auf elektromagnetischem Wege. Die über einen Kilometer lange Telegraphenleitung führte vom Physikalischen Kabinett über die Dächer und Türme der Stadt zur Sternwarte. Weber und Gauß waren damit Pioniere einer Technologie, die gemeinsam mit dem aufkommenden Eisenbahnwesen zu enormen Veränderungen des Verkehrs- und Wirtschaftslebens im 19. Jahrhundert führte, und legten damit auch den Grundstein für die modernen Kommunikationstechnologien.
Aus ihren Versuchen zur Bestimmung des Erdmagnetismus und ihren Experimenten zur Erforschung des elektrischen Stroms hatten sie zuvor Instrumente entwickelt, die es ermöglichten, die Abweichung einer beweglich aufgehängten Magnetnadel (als Empfänger) nach links oder rechts unter der Einwirkung von durch Induktion hervorgerufenen Stromstößen (Sender) zu beobachten. Zuerst wurden um Ostern 1833 Versuche mit einfachen Stromstößen über die von Weber gespannte Leitung unternommen, aber bereits im Sommer wurden zwischen Physikalischem Kabinett und Sternwarte Phrasen ausgetauscht. Die Übermittlung eines Buchstabens hat anfangs – aufgrund der Schwingungsdauer der großen Magnetnadeln – ca. 1 Minute gedauert. Als Resultat der Weiterentwicklungen an den Apparaten gelang es Gauß und Weber, die Zeichenübertragungsrate auf bis zu 9 Zeichen pro Minute zu erhöhen. Zur Übermittlung der Nachrichten hatte Gauß Telegraphiercodes entwickelt, in denen Buchstaben und Zahlen als Kombinationen von Rechts-Links- Ausschlägen der Magnetnadel verschlüsselt wurden. Eine der ersten 1833 übermittelten Phrasen könnte der Sinnspruch „Wissen vor Meinen, Sein vor Scheinen“ gewesen sein, wie die im Nachlass erhalten gebliebene Notiz von Gauß mitsamt dem zugehörigen Telegraphenalphabet zeigt. Dafür benötigten Gauß und Weber nach der Notiz auf dem Blatt „30 Buchstaben, 4 ½ Minuten“.
Gauß und Weber waren sich der Tragweite ihrer Erfindung bewusst und haben versucht, diese der Öffentlichkeit zukommen zu lassen, jedoch wurde ihre Zusammenarbeit dadurch beendet, dass Weber als einer der Göttinger Sieben 1837 seines Amtes enthoben wurde. Das Telegraphenalphabet kam 1856 nach dem Tode von Gauß mit seinem handschriftlichen Nachlass an die Universitätsbibliothek Göttingen.
(AT)