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Kapitel 2 - Schenkungen vollständiger Sammlungen| Übersicht |


8 Das Abenteuerbuch des „Bilderkaisers“ Maximilian I.

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Melchior Pfintzing:
Theuerdanck.
Nürnberg: [Johann] Schönsperger, 1517.
Signatur: 2° Bibl. Uff. 355
Provenienz: Johann Friedrich Armand von Uffenbach, 1769/70

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2 ° Bibl. Uff. 355 (Ausschnitt)
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Kaiser Maximilian I. von Habsburg (1459 – 1519), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, war ein gebildeter Mann: Er beherrschte sieben Sprachen, hatte Humor, war sehr fromm und ein bedeutender Mäzen und Stifter der Künste und Wissenschaften. Zugleich war er aber auch auf den Ruhm seiner Person und seines Hauses bedacht und dabei ganz den Idealen des Rittertums verpflichtet. An der Epochenschwelle zwischen Mittelalter und Neuzeit nutzte er zu diesen Zwecken das neue Medium des Buchdrucks. Charakteristisch für Kaiser Maximilian I. ist ein Nebeneinander von Gegensätzen: Geldnot und Repräsentation, feudale Hofhaltung und Interesse an Humanismus und Renaissance. Als „letzter Ritter“ begründete er eine eigene Memorialkultur. Sein Name sollte ewig im „gedechtnus“ der Menschen fortleben. In diesem Zusammenhang ist auch der Auftrag für den Theuerdanck zu sehen.

Die Attraktivität dieses Druckes besteht in den meisterhaften Holzschnitten von Hans Leonhard Schäufelein (1480 – 1540), Hans Burkmair (1473 – 1531) und Leonhard Beck (1475 – 1542), die in jedem der 118 Kapitel die Schlüsselszenen aus den 80 Abenteuern des Ritters Theuerdanck zeigen. Die Holzschnitte sind zeitgenössisch von Hand kräftig koloriert und gelten als Meilensteine in der Entwicklung der perspektivischen Darstellung. Die Schrift wurde eigens für den Druck entworfen; es handelt sich dabei um eine an der deutschen Kanzleischrift orientierte, berühmte frühe Frakturtype. Sie ist durch reiche Verzierungen, An- und Abschwellen der Buchstaben und mannigfaltige Buchstabenvarianten gekennzeichnet.

Der Theuerdanck erzählt in Reimpaaren die abenteuerliche und gefahrvolle Brautfahrt Maximilians I. zu Maria von Burgund (der Ehefrau des Kaisers von 1477 bis 1482). Die Personen tragen allegorische Namen: Kaiser Maximilian I. ist „Ritter Theuerdanck“, sein Schwiegervater Herzog Karl der Kühne „Ruhmreich“ und seine Gemahlin Maria von Burgund Königin „Ernreich“. Seine Gegenspieler „Fürwittig“ (Fürwitz), „Unfalo“ (Unfallgefahr) und „Neidelhard“ (Neid) symbolisieren die gegen Maximilian I. gerichtete niederländische Opposition. Die Erstauflage bestand aus nur 40 Exemplaren, die erst nach dem Tode des Kaisers von seinem Enkel Karl V. an die Würdenträger des Reiches verteilt wurden.

(KN/JM)