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Kapitel 3 - Herkunft aus öffentlichen Institutionen | Übersicht |


23 Jüdische Geschichte in einem Lübecker Druck

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Flavius Josephus:
De bello Iudaico, Antiquitates iudaicae, lateinisch.
Lübeck: Lukas Brandis, um 1475.
Signatur: 2° Auct. Gr. V, 2145 Inc.
Provenienz: Alexanderstift Einbeck, 1831

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2° Auct. Gr. V, 2145 Inc. (Ausschnitt)
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Joseph ben Mathijahu (37/38 – ca. 100) stammte aus einer hoch angesehenen Familie in Jerusalem. Während des jüdischen Aufstandes gegen die römische Besatzung wurde er im Jahre 67 gefangengenommen und diente seitdem den Römern als Ratgeber u.a. bei der Belagerung seiner Vaterstadt. Nach der Er- oberung Jerusalems ging Joseph mit Vespasians Sohn Titus nach Rom. Erst jetzt erhielt er den römischen Namen Flavius, zusammen mit dem römischen Bürgerrecht. Seine Loyalität gegenüber den Kaisern in Rom sicherte ihm ein gutes Auskommen, während er allerdings in der Heimat seinen Kredit verspielt hatte. In Rom, wo er bis zu seinem Lebensende blieb, schrieb er im Bellum Iudaicum zunächst über den jüdischen Kampf gegen die Fremdherrscher und seine eigenen Kriegserfahrungen. Anschließend verfasste er ein Kompendium zu jüdischen Sagen und jüdischer Kultur: die Antiquitates Iudaicae. Josephus hat seine jüdischen Wurzeln niemals verleugnet, aber mit griechischer und römischer Tradition und Kultur verbunden. Seine Leistung als Historiker ist beachtlich. Als glaubwürdige und verlässliche Quelle zur jüdischen Geschichte genoss er bereits im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit hohes Ansehen. Seine Werke konnten nach der Erfindung des Buchdrucks noch weiter verbreitet werden und gehörten im Humanismus zu den nach der Bibel am häufigsten aufgelegten Texten.

Der Drucker des gezeigten Werkes, Lukas Brandis (1450 – nach 1500), stammte aus einer Familie von Buchdruckern (sowohl der Vater Markus als auch seine Brüder Moritz und Matthäus gingen diesem Gewerbe nach) und war der erste Drucker, der sich in Lübeck niederließ. Lukas hatte seit 1465 in Leipzig studiert und in der Offizin von Johannes Fust und Peter Schöffer in Mainz den Buchdruck erlernt. Über Merseburg ging er nach Lübeck, wo er bis 1478 blieb. Wie aus einer zeitgenössischen Werbeanzeige zu entnehmen ist, muss er um 1478 sechzehn verschiedene Drucke im Angebot gehabt haben. Insgesamt druckte Brandis in den fünf Jahren seines Aufenthaltes in der Hansestadt mindestens 45 Bücher, löste dann aber seine Werkstatt auf und ging nach Magdeburg, wo er als Typograph an der Herstellung mehrerer Messbücher beteiligt war. Als er um 1483 wieder nach Lübeck zurückkehrte, gelang es ihm nicht, an seine wirtschaftlichen Erfolge der Anfangsjahre anzuknüpfen. Um 1500 befand er sich wie so viele seiner Berufskollegen nachweislich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, später verliert sich seine Spur.

Die Abbildung zeigt den Beginn des Vorwortes zum Bellum Iudaicum in einem Sammelband mit den beiden Hauptwerken des Josephus in einer lateinischen Übersetzung von Rufinus Aquileiensis.

(JM)