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Kapitel 4 - Wer bietet mehr? Ersteigert auf Auktionen | Übersicht |


36 Der erste Bericht
von der Entdeckung Amerikas

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Christoph Kolumbus:
Epistola de insulis repertis de novo, lateinisch.
Paris: [Guy Marchant], 1493.
Signatur: 8° Hist. Am. I, 502 Inc. Rara
Provenienz: Pieter Burman d. J., Auktion Leiden, 1779

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8° Hist. Am. I, 502 Inc. Rara (Ausschnitt)
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Den jungen italienischen Seefahrer Christoph Kolumbus (1451 – 1506) beschäftigte der schon von Aristoteles erörterte Gedanke einer Westfahrt nach Indien. Die geographischen Vorstellungen von Kolumbus beruhten zunächst auf denen der Antike und des Mittelalters, die vielfach die Existenz von Kontinenten in den westlichen und südlichen Meeren annahmen. Vor allem aber war Kolumbus von der Kugelgestalt der Erde überzeugt und hoffte, mit seiner Westfahrt den Ostrand der Alten Welt zu erreichen. In diesem Plan bestärkten ihn ein Brief und eine Karte des italienischen Astronomen und Arztes Paulus Toscanelli um so mehr, als darin die Entfernung zwischen dem Westen Europas und dem Osten Asiens über den Atlantik angegeben war – viel zu kurz, wie sich zeigen sollte.

Von Isabella und Ferdinand II. von Spanien unterstützt, brach Kolumbus mit drei Schiffen zu seiner ersten von vier Fahrten gen Westen auf (3. August 1492 – 5. März 1493). Zuvor bekam er besondere Rechte zugesprochen: die erbliche Würde eines Großadmirals, das Amt des Vizekönigs der zu entdeckenden Länder und ein Zehntel aller Handelseinnahmen dieser Länder. Auf dieser Fahrt entdeckte Kolumbus Guanahani (Watlingsinsel), Kuba und Haiti. Er starb in der Meinung, Inseln vor der eurasischen Ostküste betreten und den Westweg nach Indien entdeckt zu haben. Die Einlösung der ihm zugesagten Sonderrechte hat Kolumbus nie erlebt. Erst nach seinem Tode hat sich die ganze Tragweite seiner Entdeckung erschlossen: Mit seiner nautischen Pionierleistung und der Entdeckung des neuen Erdteils hatte sich das mittelalterliche Weltbild endgültig überlebt.

Der von Kolumbus auf der Rückreise seiner ersten Entdeckungsfahrt auf den 15. Februar 1493 datierte und mit einer Nachschrift vom 14. März 1493 versehene Brief, in dem er über seine Entdeckung berichtet, ist nicht im Original erhalten. In seinem Schreiben gab Kolumbus einen Rechenschaftsbericht an Raphael Sanchez, den Schatzmeister des spanischen Königspaares, und bestätigte, dass das von ihm gefundene Land allen Hoffnungen und Erwartungen entspreche. Er schildert eine paradiesische Natur, Reichtümer an Gold und freundliche Eingeborene, die unschwer zu guten Christen und gefügigen Arbeitskräften zu erziehen seien. (Bereits die zweite Reise, die Kolumbus von 1493 bis 1496 unternahm, sollte freilich den Traum von einer friedlichen Koexistenz zerstören.) Der Kolumbus-Brief mit seiner sensationellen Nachricht wurde bereits im April 1493 in spanischer Sprache in Barcelona gedruckt. Die europäische Öffentlichkeit erfuhr von der Entdeckung durch die lateinische Übersetzung des Briefs, die noch im selben Jahr in Rom, Antwerpen, Paris und Basel erschien. Der hier abgebildete Vorabdruck in lateinischer Übersetzung erschien in Paris und ist nur in einem weiteren Exemplar nachgewiesen.

(KN)