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Kapitel 6 - Von adliger Herkunft | Übersicht |


51 Aus Napoleons Bibliothek

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Jean Nicolas Corvisart des Marets:
Essai sur les maladies et les lésions organiques du coeur et des gras vaisseaux. 2. éd.
Paris: H. Nicole, 1811.
Signatur: 8° Med. pract. 788/60 Rara
Provenienz: Johann Friedrich Blumenbach

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8° Med. pract. 788/60 Rara (Ausschnitt)
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Baron Jean-Nicolas Corvisart des Marets (1755 – 1821) war Mediziner aus Leidenschaft. Gegen den Willen seiner Eltern, die ihn gerne als Juristen gesehen hätten, studierte er mit Erfolg das Fach seiner Wahl und bekleidete danach verschiedene Positionen, u. a. die des Chefarztes am Hospice de la Charité. Von 1795 an hatte er den Lehrstuhl für innere Medizin an der neu gegründeten École de Santé in Paris inne, die sich zur bedeutendsten Medizinschule Europas entwickelte. Schwerpunkt seiner Forschungen wurde die Kardiologie, wobei ihm eine Verbesserung diagnostischer Verfahren besonders wichtig war. Zum Leibarzt Napoleons wurde er 1804, er begleitete den Korsen 1805 nach Italien und 1809 nach Österreich. In diesen Jahren arbeitete er an dem Essai sur les maladies et les lésions organiques du coeur et des gras vaisseaux, der 1806 erschien. 1811 kam eine zweite, verbesserte und vermehrte Auflage heraus.

Ein Exemplar davon fand den Weg in die zu ihrer Blütezeit viele Zehntausende Bücher umfassenden Bibliotheken Napoleons und erhielt dafür – wie auch unzählige andere Druckwerke, meistens Geschenke an den Kaiser – einen angemessenen Einband. Die Deckel wurden mit rotem Maroquinleder bezogen und – ganz klassisch – mit Gold geprägt. Eingefasst von Streicheisenlinien und floralen Ornamenten prangt im Zentrum sowohl des vorderen als auch des hinteren Deckels ein Wappensupralibros des französischen Kaisers. Vergoldungen zeigen außerdem die Steh- und Innenkanten des Bandes. Innen wurde himmelblaue Seide für Spiegel und Vorsatz benutzt. Der Buchblock ist dreiseitig vergoldet. Der flexible Rücken ist in sechs Felder aufgeteilt, die Trennlinien deuten dabei die Bünde an.

Die Büchersammlungen Napoleons, deren Betreuung seit 1806 von einer zentralen Bibliotheksverwaltung organisiert wurde, sind nicht als Ensemble erhalten geblieben. Die Mehrzahl der Bücher wurde nach dem Sturz des Kaisers auf den verschiedensten Wegen in alle Welt verstreut. Nicht wenige davon waren Maroquinbände, trugen Initialen oder, wie das vorliegende Exemplar, das Wappen Bonapartes. Daneben hatte der Kaiser aber auch wesentlich einfachere Einbände ohne weitere Verzierungen besessen. Der hier gezeigte, vom Buchbinder nicht signierte Band kam als Geschenk des Professors der Naturwissenschaften Johann Friedrich Blumenbach (1752 – 1840) in die Göttinger Bibliothek.

(JM)