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Kapitel 7 - Göttinger Gelehrte | Übersicht |


58 Ein Blick durch das Fernrohr –
Astronomie in Nürnberg

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Johann Gabriel Doppelmayr:
Atlas novus coelestis.
Nürnberg: Homännische Erben, 1742.
Signatur: gr. 2° Astr. I, 1962 Rara
Provenienz: Johann Michael Franz, 1754

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gr 2 ° Astr. I, 1962 (Ausschnitt)
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Der Nürnberger Mathematiker und Naturwissenschaftler Johann Gabriel Doppelmayr (1677 – 1750) bereiste nach seinem Studium in Altdorf und Halle verschiedene Städte in Deutschland, den Niederlanden und England. Nach seiner Rückkehr 1704 wirkte er als Professor für Mathematik und Physik in Nürnberg, wo er bis zu seinem Tod blieb. 1710 wurde er außerdem zum Direktor der Nürnberger Sternwarte ernannt. Doppelmayr begann seine kartographische Tätigkeit, indem er vor allem Himmelskarten für den Nürnberger Verleger Johann Baptist Homann (1664 – 1724) entwarf, die den verschiedenen Atlanten des Verlages beigegeben wurden. Erst 1742 wurde dann von den Homännischen Erben der Atlas novus coelestis herausgegeben, für den Doppelmayr 30 Karten zeichnete. Der prächtig ausgestattete Band enthält Darstellungen des Sonnensystems, der Planetenbewegungen, der Sternbilder und eine Mondkarte. Die sorgfältig ausgeführten Kupferstiche sind von allegorischen Darstellungen eingerahmt. Doppelmayr vertrat die Überzeugung, dass eine gute Karte nur durch das Zusammenwirken von Künstlern und Mathematikern entstehen könne. Eine Karte sei ein Kunstwerk, das auf mathematischem Grund erwachsen sei.

Dank der Sternkarten wurde die Astronomie einem weiten Benutzerkreis zugänglich. Der Österreicher Peter Anich (1723 – 1766) benutzte 1755/56 diese Karten bei der Anfertigung seines großen Himmelglobus. Auch wenn die Karten aus dem Atlas novus coelestis die astronomische Wissenschaft nicht grundsätzlich bereicherten, trugen sie doch erheblich zur Popularisierung des Kopernikanischen Weltbildes bei. Wissenschaftsgeschichtlich bedeutend ist eine Weltkarte aus dem Atlas, auf der Doppelmayr 142 Ortspositionen mit ihren astronomisch bestimmten geographischen Koordinaten anführt. Mit astronomischen Hilfsmitteln sind genaue Positionsbestimmungen auf der Erde möglich. Genaue und verbindliche geodätische Bezugspunkte fehlten zur damaligen Zeit jedoch in Deutschland. Doppelmayr weckte mit seiner Karte das Bewusstsein für die Wichtigkeit der Landvermessung als Grundlage für eine exakte topographische Kartendarstellung. Unter seiner Anleitung entstanden in Nürnberg ebenfalls zahlreiche Erd- und Himmelsgloben, die der Kupferstecher Johann Georg Puschner (1680 – 1749) anfertigte.

(MS)