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Kapitel 7 - Göttinger Gelehrte | Übersicht |


64 Die Erde im Universum

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Johannes de Sacro Bosco:
Sphaera mundi.
[Leipzig: Martin Landsberg oder Konrad Kachelofen, um 1502].
Signatur: 8° Astr. I, 986 Inc.
Provenienz: Johann Matthias Gesner, 1764

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8° Astr. I, 986 Inc. (Ausschnitt)
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Über das Leben des Johannes de Sacro Bosco (um 1195 – 1256) ist nicht all zu viel bekannt; vermutlich wurde er in Yorkshire geboren und studierte in Oxford. Nach weiteren Studienjahren an der Universität Paris wurde er dort Professor der Mathematik, war aber auch als Astronom tätig. Er verfasste um 1230 sein bedeutendstes Werk, Tractatus de Sphaera oder Sphaera mundi, in dem er kosmographische Theorien des Ptolemaeus mit arabischen Quellen zusammenfasste. Zentrales Thema ist die Erde und ihre Position im Universum. Die astronomischen Erkenntnisse des Johannes de Sacro Bosco waren für die nächsten 400 Jahre bestimmend, und dies erklärt den Erfolg des Werks in der Inkunabelzeit: Vom Erstdruck im Jahre 1472 (durch den Erstdrucker Andreas Belfortis in Ferrara) bis zum Jahre 1500 erschien das Werk in 30 Ausgaben. Wegen seiner herausragenden Bedeutung für die mittelalterliche Astronomie wurde ein Mondkrater nach de Sacro Bosco benannt. Auch als Mathematiker erwies er sich als Wegbereiter für die Neuzeit, da er einer der ersten Europäer war, der sich für die Verwendung von arabischen Ziffern in der Mathematik einsetzte.

Die hier gezeigte Ausgabe der Sphaera mundi wurde vermutlich um das Jahr 1502 in Leipzig gedruckt. Da der Druck weder datiert noch mit Angaben zu den Druckern versehen ist, kann nur eine Analyse der Drucktypen die Werkstatt bestimmen helfen. Danach scheint der Druck in Leipzig das Licht der Welt erblickt zu haben, und zwar entweder bei Konrad Kachelofen († 1529) oder bei Martin Landsberg († 1523). Kachelofen war schon im 15. Jahrhundert der erfolgreichste Drucker in Leipzig, wo er zunächst als Kaufmann, Papierhändler und Inhaber einer Weinschenke wirkte. Aus seiner Werkstatt stammen zahlreiche theologische, philosophische und pastorale Schriften, und gleichzeitig versorgte er die Angehörigen der Leipziger Universität mit Literatur. Der aus Würzburg stammende Martin Landsberg hatte in Leipzig studiert und 1485 dort seine erste Druckerei eröffnet. Auch er bediente den Bedarf der Universität und publizierte unter anderem klassische Texte, in denen Platz für handschriftliche Ergänzungen gelassen war. Eine Reihe der Leipziger Professoren unterstützte Landsberg als Herausgeber und Korrektoren. Nach der in Sphaera Mundi verwendeten Auszeichnungstype, der Schrift also, die für Hervorhebungen oder Überschriften verwendet wurde, scheint der Druck um 1502 in einer der beiden Werkstätten entstanden zu sein.

(HR)