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Kapitel 8 - Auswärtige Wissenschaftler | Übersicht |


77 Vom Toren zum Ritter

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Wolfram [von Eschenbach]:
Parzival.
[Straßburg:] [Johann Mentelin], 1477.
Signatur: 4° Poet. Germ. I, 8883 Inc. Rara
Provenienz: Johann Christoph Gottsched, 1767

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4° Poet. Germ. I, 8883 Inc. Rara (Ausschnitt)
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Das Heldenepos Parzival des Wolfram von Eschenbach (um 1170 – ca. 1220) zählt zu den wohl umfangreichsten, gedankentiefsten und meistgelesenen Werken des Mittelalters. Zwischen 1200 und 1210 als Auftragsdichtung für den fränkischen oder thüringischen Adel entstanden, wurde die fast 25.810 Verse umfassende Erzählung aus dem Stoffkreis der keltischen Sagen um König Artus in mehr als 80 Handschriften und Fragmenten überliefert. Geschildert wird – mit viel Humor, Erzählfreude und symbolischer Hintergründigkeit – die Geschichte eines jungen Toren, Parzival, und seine Entwicklung zum vorbildlichen Ritter. Wolfram berichtet von Parzivals Vater Gahmuret, Parzivals Suche nach dem Gral und den Abenteuern seines Verwandten und Freundes Gawan. Dabei konstruiert er ein spannendes Gewebe von in die Handlungen verstrickten Geschichten um die Gralssippe, den Gral und die Artusritter und behandelt religiöse Themen wie Sünde, Buße und Gnade.

Wolfram, der sich vermutlich nach dem mittelfränkischen Ort Eschenbach bei Ansbach benannte, durchsetzte seine Werke mit zahlreichen, oft ironischen Kommentaren. Für den Parzival bearbeitete er den Perceval (1180 / 90) Chrétien de Troyes. Die Erstausgabe des Werkes wurde 1477 bei Johann Mentelin (um 1410 – 1478) gedruckt, von dem auch die erste gedruckte deutsche Bibel (1466) stammt. Als Vorlage diente Mentelin wohl eine bebilderte Handschrift aus der Werkstatt Diebold Laubers, die sich im Besitz des Bischofs Ruprecht von Pfalz-Simmern (1440 – 1478), des Mäzens des Druckers, befand. Vermutlich handelt es sich dabei um das heute in Heidelberg befindliche Exemplar (Cpg 339). Im Druck Mentelins fällt allerdings das völlige Fehlen einer bildlichen Ausgestaltung auf. Vielmehr wurde jeweils Raum gelassen, um Bilder und Initialen von Hand nachtragen lassen zu können: Kleine Platzhalter für die Positionen der Initialen und viel versprechende Bildüberschriften für die auszugestaltenden Szenen zeugen von dieser Absicht. Der Parzival war das letzte Werk, das Mentelins Offizin vor seinem Tod verließ. Obgleich Angaben zum Druckort und Drucker fehlen, konnte ihm das Werk anhand der von ihm verwendeten Antiqua-Drucktype zugewiesen werden. Erst im 18. Jahrhundert sollte es zu einem Neudruck kommen.

(SK)