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Kapitel 10 - In Dankbarkeit verbunden – Schenkungen Ehemaliger | Übersicht |


101 Eine Karte aus der Frühzeit
der russisch-japanischen Beziehungen

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Karta sočinennaja morskich sudov kompanejšika jakutskogo kupca Pavla Sergeeva Lebedeva Lastočkina, peredovšikom ego, irkutskim kupcom Dmitreem Jakovlevym Šabalinym, v bytnost’ svoju na ostrove Atkize, sentjabrja 6 dnja 1779 godu. [Karte, entworfen von dem Vormann des Kompagnons der Seeschiffe, des Jakutsker Kaufmanns Pavel Sergeevič Lebedev-Lastočkin, dem Irkutsker Kaufmann Dmitrij Jakovlevič Šabalin, bei seinem Aufenthalt auf der Insel Atkis am 6. September 1779.]
Farbige Zeichnung, Russland, um 1779
Signatur: gr. 2° Cod. Ms. Asch 283
Provenienz: Georg Thomas Asch

Vorschau
gr 2° Cod. Ms. Asch 283 (Ausschnitt)
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Nach der fast völligen Ausrottung der wertvollen Pelztiere in Ostsibirien geriet im Laufe des 18. Jahrhunderts die zwischen der Halbinsel Kamtschatka und dem japanischen Hokkaidō gelegene Inselkette der Kurilen verstärkt in das Gesichtsfeld der großen russischen Pelzhändler. 1777 rüsteten die Kaufleute Grigorij Šelichov und Pavel Lebedev- Lastočkin gemeinsam eine Handelsreise zu den Kurilen aus; eine kleinere Gruppe setzte nach Hokkaidō (das sie Atkis nannten) über. Der große Erfolg der Expedition bewegte die Pelzhändler dazu, ihr Schiff mit Ivan Antipin als Kapitän und dem Irkutsker Kaufmann Dmitrij Šabalin als Vormann 1778 erneut auszuschicken. Am 5. Oktober erreichte das Schiff Urup; Anfang 1779 setzten Antipin und Šabalin mit 45 Mann in sieben Booten nach Hokkaidō über. Ihre dortigen Versuche, mit den Japanern Handelsbeziehungen anzuknüpfen, bleiben allerdings erfolglos, so dass sie am 15. September nach Urup zurückkehrten. Anfang 1780 ereignete sich in der Region ein großes Erd- und Seebeben, das weitere Unternehmungen zunichte machte. Dieser wirtschaftliche Misserfolg führte dazu, dass die russischen Handelsreisen zu den Kurilen für einige Zeit ins Stocken gerieten.

Über die Begegnung der Russen und der Japaner informiert eine handgezeichnete Karte Šabalins, eines der seltenen frühen Zeugnisse über das zu dieser Zeit hermetisch abgeschlossene Inselreich. Sie ergänzt eine entsprechende Schilderung in einer Beschreibung der Kurilen, die der Leiter der Irkutsker Navigationsschule Michail Tatarinov 1782 an die St. Petersburger Akademie der Wissenschaften schickte und deren deutsche Übersetzung Peter Simon Pallas 1783 unter dem Titel „Neue Beschreibung der Kurilischen Inseln“ in den Neuen Nordischen Beyträgen veröffentlichte:

„Da Antipin auf Matmai war, erschienen die Japaneser beym russischen Lager am 5. September 1779 in einer Art von Procession. Voran gieng ein Japaneser mit einer großen, gelb geschäffeten Muskete auf der Schulter … dann folgte der Oberbefehlshaber in weiten Hosen, einem kurzen ausgenähten Obergewandt, mit einem Fächel in der Hand, zwey kurzen Säbeln an der Seite, und auf Klotzschuhen, wie die Weiber in Holland auf der Straße tragen, einhergehend ... Antipin gieng mit dem Steuermannslehrling Putinzof, und dem Vormann Schebalin zu ihnen, um sie zu begrüßen, und ihnen die Ursach seiner Ankunft anzuzeigen … Der Japanische Kaufmann erwiederte darauf, sie hätten keine andre Waaren bey sich, als Provisionen, Branntwein, Tabak, und könnten also keinen Tausch anbieten.“
Offizielle Beziehungen sollten Russland und Japan erst 1855 aufnehmen.

(SG)