88. Bibliothekartag - Kurzreferate

Themenkreis XV: Die elektronische Kette vom Verlag bis zur Bibliothek
(unter Mitwirkung der DBI-Kommission für Erwerbung und Bestandsaufbau und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels)

Freitag, 5.6.98, 9.00 - 13.00, HS IV


Internet-Shopping und elektronischer Datenaustausch. Der klassische Sortimentsbuchhandel im Zeitalter der Vernetzung
Hermann-Arndt Riethmüller, Tübingen

Internet: Ein offenes System, bequem, weltweit, chaotisch und ungesichert. EDIFACT: Eine internationale Norm zum interventionsfreien Austausch strukturierter Daten, die den Informationsfluß zwischen Geschäftspartnern revolutioniert.

EDIFACT oder Internet? Internet und EDIFACT! Internet-Shopping ist viel mehr als Datenaustausch – es ist in erster Linie Animation, unbeschränkte Suche, unbeschränktes Angebot und direkte Kommunikation. Erst der Bestellvorgang reduziert auch im Internet die Kommunikation auf die Übermittlung eindeutiger Daten (Bestelladresse, Lieferant, Artikel) und zwar in der (Bestell-) Form, die der Lieferant bereitstellt. Der Lieferant kann die Bestelldaten unmittelbar verarbeiten und umwandeln.

Das hat für Bibliotheken folgende Vorteile:

Die Kombination von Internet-Shopping und Electronic Data Interchange wird während des Vortrags vorgeführt und soll zeigen, daß auch der klassische Sortimentsbuchhandel Lösungen bereitstellen kann, die seine Wettbewerbsposition im globalen Spiel der Märkte sichern.


Statusbericht zum elektronischen Datenaustausch zwischen Buchhandel und Bibliotheken im angloamerikanischen Raum
Friedemann Weigel, Wiesbaden

Noch Anfang der neunziger Jahre sprachen Europa und Nordamerika im Rahmen der Standardisierungsbemühungen im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen Bibliotheken und ihren Lieferanten (EDI) völlig unterschiedliche Dialekte. Während in den USA und in beschränktem Umfang in Kanada Transaktionsdefinitionen gemäß ANSI ASC X12 erarbeitet wurden, legte das für Europa maßgebliche Implementierungsprojekt EDILIBE seinen Arbeiten UN/EDIFACT zugrunde.

Mittlerweile wurde auch von den nordamerikanischen Standardisierungsgremien UN/EDIFACT als Basisstandard akzeptiert. In dem Vortrag wird untersucht, welche Faktoren dafür den Ausschlag gaben und in welchem Maße Bibliothekssystemhersteller, die bei der EDI-Implementierung zumeist eine wesentliche Rolle spielen, tatsächlich EDI-basierte Systeme anbieten und installieren. Eine ähnliche Situation fand sich in Großbritannien vor, wo mit TRADACOMS ebenso ein produktiver, nationaler Standard abgelöst werden mußte.


Die Bedeutung des elektronischen Datenaustausches für die deutsche Wirtschaft
Marianne Dolling, Berlin

Elektronischer Geschäftsverkehr oder "Electronic Commerce", die papierlose Abwicklung von Geschäftsvorgängen unter Nutzung elektronischer Medien (Sprache, Text, Bild, Ton) und Verfahren, wird zunehmend von modernen Unternehmen genutzt. Die Werkzeuge lassen sich umschreiben mit Begriffen wie Online-Dienste, World Wide Web im Internet, Electronic Mail oder auch EDI (Electronic Data Interchange), wobei nur EDI durch den Einsatz standardisierter und strukturierter Datenaustauschformate die automatische Weiterverarbeitung zwischen DV-Anwendungen ohne größeren manuellen Eingriff ermöglicht.

EDI ist der Austausch von strukturierten Informationen zwischen den Anwendungssystemen verschiedener Unternehmen. Die Abhängigkeit der Unternehmen untereinander wächst stetig in einer Welt, wo sogar das kleinste Unternehmen seine Produkte einem weltweiten Publikum über das World Wide Web im Internet vorstellen kann. Kleine und mittlere Unternehmen haben in einem globalen Markt ums Überleben schwer zu kämpfen, da sie überwiegend regionale und nationale Märkte bedienen. Nur mit Hilfe des Werkzeuges EDI haben Unternehmen die Möglichkeit, ihre internen Applikationen so zu koordinieren, daß der Informationsfluß der Unternehmen untereinander reibungslos und effizient funktioniert. In den letzten zehn Jahren ist deutlich geworden, daß dies nicht einfach ist, aber die Fortschritte, die gemacht wurden, sind so groß, daß die Vorteile von EDI nunmehr auf der Hand liegen. Die Unternehmen haben realisiert, daß der Austausch strukturierter Daten die einzige Möglichkeit ist, die einzelnen Geschäftssysteme miteinander zu verbinden.

Der elektronische Geschäftsverkehr ist um so rationeller, je weiter die Informationen und Daten standardisiert sind. Dies den Kräften der Marktwirtschaft zu überlassen, würde bedeuten, daß jeder Lieferant ein unterschiedliches Format für jeden Kunden haben würde. Denn der König "Kunde" kann sein eigenes Format dem schwächeren Lieferanten vorschreiben. Die Lösung liegt in einem allgemein, von allen Beteiligten akzeptierten Format, das als ISO-Norm (International Standardisation Organisation) festgelegt ist. Derzeit ist dieses Format die EDIFACT-Syntax und die verschiedenen EDIFACT-Nachrichtentypen, die auf Basis vordefinierter Geschäftsvorfälle entwickelt wurden. Hiervon gibt es derzeit ca. zweihundert, die alle Branchen abdecken. UN/EDIFACT ist in Europa weit verbreitet, obwohl es einige konkurrierende branchenspezifische und nationale Standards gibt. Zur Zeit wechseln viele Unternehmen zum universellen UN/EDIFACT-Standard und auch in Deutschland steigt der Verbreitungsgrad ständig.

Die Bedeutung, die die Bundesregierung dem elektronischen Geschäftsverkehr beimißt, wird durch die "Initiative Elektronischer Geschäftsverkehr" des Bundesministeriums für Wirtschaft unterstrichen, die im Dezember 1997 ins Leben gerufen wurde. Im Rahmen dieses Programms wurden Fördermittel zur Verfügung gestellt, um die Akzeptanz des elektronischen Geschäftsverkehrs zu steigern, die Qualifikation der einzelnen Unternehmen zu verbessern und Hemmnisse abzubauen, die der verstärkten Nutzung moderner Technologien entgegenstehen.


Die Bibliothekartagsseiten ohne Frames werden betreut von Helmut Schilling, SeB