Die nackten Tatsachen. Bibliotheksleistungen und ihre Kosten
Dr. Klaus Ceynowa, Münster
Angesichts der tiefgreifenden Finanzkrise öffentlicher Haushalte schrumpfen die Handlungsspielräume vieler Hochschulbibliotheken in beängstigendem Maße. Extremen Preissteigerungen für wissenschaftliche Literatur, steigenden Benutzerzahlen und neuen Anforderungen, vor allem im Bereich elektronischer Medien, steht eine zusehends knappere Etatausstattung gegenüber. In dieser Situation gewinnen betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente, die die Identifizierung von Kostensenkungspotentialen und die optimale Allokation knapper Ressourcen versprechen, zunehmend an Beachtung. Insbesondere von der Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung erhofft man sich eine signifikante Steigerung von Kostentransparenz und Kostenbewußtsein und infolgedessen einen wirtschaftlicheren Umgang mit den verfügbaren Finanzmitteln. Zu diesem Zweck hat die Universitäts- und Landesbibliothek Münster im Rahmen des DFG-Projekts "Kostenmanagement für Hochschulbibliotheken" eine Prozeßkostenrechnung ihrer Dienstleistungen und "Produkte" durchgeführt. Prozeßorientierte Kostenanalysen eröffnen die Möglichkeit, die Erstellung bibliothekarischer Dienstleistungen funktionsstellen- und abteilungsübergreifend zu beschreiben und so zu einem realistischen Kostenbild zu gelangen.
Der Vortrag wird - unter weitgehendem Verzicht auf theoretische Überlegungen - einige Resultate dieser Untersuchungen vorstellen. Unter anderem werden folgende Daten präsentiert: die Kostenstruktur der Bibliothek, differenziert nach Kostenarten; die Verrechnung der Bibliotheks-Gesamtkosten auf Kostenstellen und Leistungsbereiche; die Relation fixer zu variablen Kosten; die Kosten direkt außenwirksamer Leistungen im Verhältnis zu den Kosten indirekter Leistungsprozesse (Medienbearbeitung etc.); die Aufspaltung der Gesamtkosten der Bibliothek in universitäre und landesbibliothekarische Dienste; der Kostenanteil "virtueller" und "digitaler" Leistungen; schließlich die Identifikation und Bewertung der "Kostenfresser" im Leistungsangebot.
Darüber hinaus wird der "Produktkatalog" der ULB Münster vorgestellt und hinsichtlich Kosten, Kapazitäten und Leistungsvolumen bewertet. Im einzelnen werden für jeden Dienstleistungsprozeß der Bibliothek seine Jahres-Gesamtkosten, die Kosten seiner einmaligen Ausführung sowie die gebundene Personalkapazität vorgestellt. Hinzu tritt ein kurzer Ausblick auf die Steuerungsrelevanz der ermittelten Kosteninformationen, vor allem im Bereich der Prozeßoptimierung und nachfrageorientierten Kapazitätsdimensionierung. Der Vortrag möchte so einen Beitrag zur Kostentransparenz bibliothekarischer Dienste leisten und zu einem Benchmarking einladen.
Mitarbeiterbefragungen - Auswertung und Umsetzung
Harald Buch, Münster
Das Instrument der Mitarbeiterbefragung im Rahmen des Innovations- und Qualitätsmanagements wird ausführlich dargestellt. Die Anwendung der Mitarbeiterbefragung in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen wird an einigen Beispielen illustriert. Die Zielvorstellungen der Befragungen sind dabei im wesentlichen folgende:
Die Vorbereitung einer solchen Mitarbeiterbefragung an der ULB Münster im Herbst 1997, ihre Durchführung, Auswertung und der anschließende Umgang mit den Ergebnissen der Befragung stellen den Hauptteil des Vortrags dar.
Neue Strukturen für neue Aufgaben. Veränderung gewachsener
Organisationsstrukturen im Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen
Klaus Marklein, Köln
Nur was sich ändert - bleibt! Wir wollen bleiben - also ändern wir uns? Existenzbedrohung als Motivation für notwendige Reformen kann sicher nur als ein letztes Druckmittel herhalten. Doch wie schaffen wir in unseren gewachsenen Strukturen sonst Veränderung? Veränderungen, die notwendig sind, um uns den Aufgaben der heutigen Zeit zu stellen? Am Beispiel des Hochschulbibliothekszentrums NRW (HBZ) wird dargelegt, wie eine grundlegende Änderung der Strukturen und Arbeitsweisen angegangen werden kann.
Auch für das mit 25 Jahren noch relativ junge Hochschulbibliothekszentrum NRW haben sich die Aufgaben in den letzten Jahren grundsätzlich gewandelt: Die Integration der großen Hochschulbibliotheken im regionalen Katalogisierungsverbund ist abgeschlossen. Die Einführung eines neuen Verbundsystems wird alte Verfahrensweisen aufheben und neue Möglichkeiten auch im Leihverkehr und bei den Online-Nachweisen eröffnen. Zettelkataloge werden retrokonvertiert und abgeschafft. Als regionales Zentrum erwachsen zusätzliche Aufgaben in der bibliothekarischen Aus- und Fortbildung, in Servicedienstleistungen zu speziellen bibliothekarischen Problemen und in der Beratung und Unterstützung als technisch-bibliothekarisches Kompetenzzentrum.
Neuausrichtung und interne Umstrukturierung sind wenig wirkungsvoll, wenn autoritär verordnet. Es gilt vielmehr, alle Beschäftigten in einen Veränderungsprozeß einzubeziehen, in dem jeder seine Gedanken und Hoffnungen, Ängste und Vorbehalte artikulieren kann und Gehör findet. Auf der Basis einer offenen Diskussion engagieren sich viele und bringen einiges in Bewegung, so daß ein sehr breit getragenes Ergebnis zustande kommt.
Mit externer Beratung wurde in Einzelgesprächen, Klausurtagungen, Arbeitsgruppen und Vollversammlungen eine umfassende Diskussion über Mißstände, Ideen, Notwendigkeiten und Arbeitsbedingungen zur Neuausrichtung begonnen. Der angestoßene Veränderungsprozeß wurde von einem speziell dazu berufenen Gremium kritisch beobachtet und gesteuert - der Führungskoalition. In ihr fanden sich Funktionsträger, Normalbedienstete und Personalrat, ausgewogen nach Arbeitsgebieten, Geschlecht und Alter zusammen, um die für den Veränderungsprozeß notwendigen Projektgruppen zu installieren, Zielvorgaben zu formulieren, Strukturentscheidungen zu treffen und das gesamte Vorgehen im Veränderungsprozeß zu steuern.
Es war gemeinsame Basis, die neue HBZ-Struktur an den Notwendigkeiten des Marktes auszurichten. Aus diesem produktorientierten Ansatz ergab sich für das HBZ eine neue Struktur mit einem intern und einem extern wirkenden Fachbereich, jeweils differenziert in Gruppen und Teams, dazu ein verstärktes Management, das eine bessere Kundenorientierung und Außenvertretung gewährleistet und eine neue Gruppe Steuerungsunterstützung, die für die internen Vorgänge Rahmenbedingungen ausarbeitet und eine zukünftige Steuerung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermöglicht.
Outsourcing in der Erwerbung - neue Zauberformel oder Weg zu effektivem
Beschaffungsmanagement?
Dr. Rolf Griebel, München
Die Erwerbungsabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek sieht sich in den letzten Jahren einerseits mit einem fortschreitenden Verlust an Personalkapazität infolge von Wiederbesetzungssperren und Stelleneinzügen, andererseits mit der Notwendigkeit konfrontiert, ihr Leistungsspektrum in qualitativer wie quantitativer Hinsicht erheblich auszuweiten. Angesichts dieser Diskrepanz mußten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß die (noch) vorhandenen personellen Ressourcen optimal ausgeschöpft werden können.
Im Rahmen einer Gesamtstrategie, die eine Reihe von aufeinander abgestimmten Ansätzen und Maßnahmen umfaßte, wurde auch der Weg des Outsourcing beschritten. Weit über den Rahmen klassischer buchhändlerischer Dienstleistung hinaus, wie ihn die Dritte Empfehlung für den Geschäftsverkehr zwischen Wissenschaftlichen Bibliotheken und Buchhandel definiert, werden genuin bibliothekarische Aufgaben der Erwerbungsabteilung auf leistungsfähige Partner im Buchhandel verlagert.
Der Entscheidung, originär bibliothekarische Funktionen in der Erwerbung kompetenten Dienstleistern zu übertragen, waren Outsourcing-Projekte vorausgegangen, in denen der neue methodische Ansatz erprobt worden war. Das Referat stellt die Outsourcing-Projekte in den Anwendungsbereichen Titelauswahl (Approval Plan), Zeitschriftenbeschaffung (konsolidierter Lieferservice) und in der Monographienakzession vor. Dabei kommt sowohl im Vorfeld der Durchführung als auch in der Evaluierungsphase der Prozeßkostenrechnung eine zentrale Rolle zu.
Ausgehend von den konkreten Erfahrungen mit der Auslagerung genuin bibliothekarischer Tätigkeiten werden schließlich Chancen und Risiken von Outsourcing in der Erwerbung diskutiert.
Telearbeit - für Bibliotheken ein Thema
Clemens Deider, Berlin
Telearbeit und das bei Bibliotheken? Oder doch mit! Neu sind elektronische Datenübertragung und Online-Verkehr für Bibliotheken nicht. "Telearbeit ist dezentrale informations- und kommunikationsgestützte Büroarbeit, wo der Mitarbeiter auf den Host oder Server während seiner Tätigkeit zugreift." Sie ist nicht einzugrenzen auf die externe Arbeit "alleinerziehender Mütter in niedrigen Lohngruppen" als allgemeines Begriffsklischee. Telearbeit wirft weniger technische als vielmehr organisatorische, soziale und arbeitsrechtliche Fragen auf. Und was heißt kommunikationsgestützte Büroarbeit? Telearbeit umfaßt im weiteren Sinne auch Bereiche wie Telelearning, Teleseminare inkl. Videokonferenzen, Applicationsharing, Outsourcing, Call-Center. Und der Trend hinein in eine mobile, flexible Arbeitswelt scheint sich zu bestätigen, folgt man der weltwirtschaftlichen Theorie von Kontratjew, wo Basisinnovationen Lebensweise und Denkrichtungen der Menschen verändern.
Warum soll nun Telearbeit der Stein der Weisen sein? Welche Lebensqualität schaut dabei für den/die Mitarbeiter/in heraus? Mit welchem Nutzen kann der Unternehmer, der Bibliotheksdirektor, rechnen?
Auf den von dem Unternehmen empirica/Bonn erarbeiteten Grundlagen versucht die Bundesregierung die Öffentlichkeit auf die Tendenz des Arbeitsmarktes zur Telearbeit aufmerksam zu machen. Auch die Bibliotheken werden sich diesem Trend zur Telearbeit im weiteren Sinne nicht verschließen können. Welche Aufgaben aber sind es, die in Frage kämen? Was machen uns die Unternehmen vor, welche Erkenntnisse können von dort für die Bibliotheken übernommen werden?
Damit versucht sich das DBI auseinander zu setzen; und die Mithilfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bibliotheken ist gefragt.