Neue Informations-Infrastrukturen

Zum Stand der Umsetzung der DFG-Empfehlungen

Jürgen Bunzel, Deutsche Forschungsgemeinschaft, Bonn - Bad Godesberg

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat im Dezember 1995 Empfehlungen unter dem Titel "Neue Informations-Infrastrukturen für Forschung und Lehre" verabschiedet. Die Empfehlungen wurden erarbeitet von einer Kommission, die sich zusammensetzte aus Mitgliedern

Ein wesentlicher Anstoß zu dieser Initiative kam übrigens von der gemeinsamen Arbeitsgruppe des Deutschen Bibliotheksverbandes und der Zentren für Kommunikation und Informationsverarbeitung, die auch die Initiatoren der heutigen Veranstaltung sind.

Ziel der DFG-Expertengruppe war es, die Auswirkungen der neuen Medien und Informationsnetze auf die Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu analysieren. Dabei sollten in einer Gesamtschau, die Rechenzentren und Bibliotheken ebenso einbezogen sein wie die Hochschul-Fachbereiche und das wissenschaftliche Publikationswesen. Die Absicht der Empfehlungen war es, mit beizutragen zu einer durchgreifenden Innovations-Initiative für wissenschaftliche Information und Kommunikation in Deutschland.

I. Kooperatives Verbundförderkonzept

Im Zentrum der DFG-Empfehlungen steht der Gedanke der Kooperation. Vorgeschlagen wird ein kooperatives Verbundförderkonzept zum Aufbau neuer Informations-Infrastrukturen für Forschung und Lehre.

Danach sollten im wesentlichen 4 Felder zu einem aufeinander abgestimmten Maßnahmenbündel zusammengefaßt werden:

  1. Die Ausweitung der fachlichen Aktivitäten auf dem Gebiet der Neuen Medien und vernetzten Informationsdienste.
  2. Die Sicherung der erforderlichen Investitionen in moderne Geräteausstattungen und leistungsfähige Netzinfrastrukturen.
  3. Die Koordinierung von Förderprogrammen der verschiedenen Einrichtungen in Bund und Ländern.
  4. Die Umsetzung von Projektergebnissen in die Hochschulpraxis im Rahmen eines neu organisierten Informations-Managements der Hochschulen. Infrastrukturprojekte müssen aus definierten Zielen des Informations-Managements der Hochschulen herauswachsen, und müssen einen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele leisten.

    Eine Kernaussage der DFG-Empfehlungen ist, daß wir die Herausforderung der heutigen grundlegenden Veränderungen der Informations-Infrastrukturen nur erfolgreich aufnehmen können, wenn Einzelaktivitäten produktiv miteinander verbunden und zusammengeführt werden.

Die DFG-Expertengruppe hat sich entschieden dafür ausgesprochen, bei der Gestaltung dieses Zusammenspiels nicht den Weg der Top-Down-Planungskonzepte zu gehen, wie dies etwa die USA in ihrem "National Information Infrastructure"-Programm oder Großbritannien mit dem Förderprogramm "eLib" getan haben.

Die USA haben vor einigen Jahren ein "National Information Infrastructure"-Programm im Kongress verabschiedet, das von der Halbleitertechnologie und dem Hochleistungsrechnen, über Telematik-Systeme für öffentliche Verwaltung und Gesundheitsvorsorge bis hin zu den digitalen Bibliotheken reicht. Die einzelnen öffentlich geförderten Aktivitäten werden in einem Gesamtkonzept zusammenfaß, Ziele und Erfolgskriterien für die Einzelaktionen definiert und die Verantwortlichkeiten der beteiligten Government-Agencies bis ins Einzelne festlegt.

Auch in Großbritannien wird zumindest für den Hochschulbereich ein weitgehend zentralisierter Ansatz umgesetzt. Ausgehend vom Reformkonzept des Follett-Reports wird seit zwei oder drei Jahren ein zentrales Innovationsprogramm für Electronic Libraries - das "eLib"-Programm - mit einer Vielzahl von untereinander eng verzahnten und in den Lehr- und Forschungsbereich gut integrierten Projekten durchgeführt.

Die DFG-Experten waren der Meinung, daß wir diese zentralisierten Vorgehenskonzepte bei uns nicht einfach übernehmen sollten. Wir sollten auf unsere eigenen Traditionen und Stärken setzen, also eher eine Koordinierung von unten nach oben anstreben, in den vorhandenen Selbstorganisations- und Selbstverwaltungsstrukturen des Wissenschaftsbereichs. Diese Prinzipien sind Grundlagen der Forschungsförderung im Rahmen der DFG. Sie sollten es nach Auffassung der Expertengruppe auch für die Entwicklung der neuen Infrastrukturen im Informationsbereich sein.

II. Ziele

Allerdings müssen die Ziele, die wir mit einem koooperativen Förderkonzept verfolgen, im wesentlichen die gleichen sein, wie in den anderen Ländern auch.

Im Vordergrund muß dabei der Gedanke der Umsetzung stehen. Das bedeutet

Für all dies braucht man letztlich ein entsprechendes Umfeld kooperativer Zusammenschlüsse auf der fachlichen und institutionellen Ebene, um Informationsaustausch und Transparenz herzustellen, fachliche Initiativfunktionen wahrzunehmen, strategische Fachkonzepte kooperativ zu entwickeln, Bewertungen gemeinsam zu diskutieren und den Konsens über fachliche Richtungsentscheidungen zu finden.

III. Aktionslinien

Ich möchte nun darauf eingehen, wie die DFG im Zusammenwirken mit anderen, versucht hat, zur Umsetzung dieser Ziele beizutragen.

Die DFG-Empfehlungen hatten vier Aktionsbereiche für die inhaltliche Umsetzung hervorgehoben; wobei allerdings gesagt wurde, daß sich die DFG selbst nicht in allen Bereichen mit gleicher Intensität engagieren sollte.

Auf die erste Aktionslinie, Ausbau der Netzinfrastruktur will ich nur kurz eingehen.

Der Aufbau eines einheitlichen, flächendeckenden Hochgeschwindigkeits-Netz mit bezahlbaren Entgeltstrukturen im Rahmen des DFN ist in den letzten Jahren weit vorangekommen. Vor allem auch durch die Anstöße, die der Technologierat der Bundesregierung hierfür gegeben hat. Ich darf vielleicht darauf hinweisen, daß wir als eine erste Aktivität zur Umsetzung unserer DFG-Empfehlungen erreichen konnten, daß der Vorsitzende unserer Arbeitsgruppe, Herr Prof. Mittler, an den Arbeiten des Technologierates zu diesem Thema mitwirken konnte.

Der zweite große Aktionsbereich war elektronische Kommunikation und elektronische Publikation für Forschung und Lehre. Hier haben die Empfehlungen die kooperative Durchführung von Leitprojekten vorgeschlagen.

Die Differenzierung von elektronischer Publikation und elektronischer Kommunikation hat in der Expertengruppe eine wichtige Rolle gespielt. Ohne Zweifel verändern die neuen Informations- und Publikationssysteme die traditionelle Rollenverteilung zwischen Wissenschaft und Verlagen. Die Unsicherheiten darüber, welche Strukturen sich zukünftig auf Dauer etablieren werden, sind in den letzten Jahren nicht geringer, sondern eher größer geworden.

Die Empfehlungen verfolgen hier die Strategie, keine starren definitorischen Abgrenzungen oder gar feste Rollenzuteilungen zu schaffen. Der Unterscheidung von Kommunikation und Publikation mit elektronischen Medien liegt vielmehr die Überlegung zugrunde, Freiräume zu schaffen, damit sich in unterschiedlichen und auch konkurrierenden Projektansätzen herausdestillieren kann, inwieweit die Forscher selbst direkt und möglicherweise auch weitgehend entgeltfrei ihre Resultate untereinander austauschen können, und wo die spezifischen Leistungen der wissenschaftlichen Verlage auch in Zukunft unverzichtbar sein werden. Die DFG-Empfehlungen sehen spezifische Aufgaben der wissenschaftlichen Verlage in dem neuen Umfeld, z.B. bei der Entwicklungen von anspruchsvollen und aufwendigen Multimedia-Produkten für die Lehre; ebenso auch bei der Dokumentlieferung oder beim "publication on demand", also dem hochwertigen Ausdruck digitaler Dokumente auf Einzelanforderung.

Grundtenor der Empfehlungen ist es, in beiden Bereichen zunächst einmal relevante Erprobungsprojekte auf den Weg zu bringen, um solche Fragen nicht vorab am grünen Tisch, sondern auf der Grundlage praktischer Erfahrungen zu entscheiden.

Leitprojekte werden sicherlich in erster Linie vom BMBF gefördert werden. Die DFG ist unter zwei Gesichtspunkten daran interessiert ,sich hier in Abstimmung und Zusammenarbeit mit den Förderkonzepten des BMBF und anderer Träger zu engagieren,

Bei den beiden letzten Aktionslinien der retrospektiven Digitalisierung von Bibliotheksmaterialien und der angewandten Grundlagenforschung hat die DFG selbst im Anschluß an die Empfehlungen neue Schwerpunkte gesetzt.

IV. Der Förderbereich "Verteilte Digitale Forschungsbibliothek"

Zunächst haben wir unsere auf neue Medien und Informationstechniken ausgerichteten Förderprogramme in einem neuen Förderbereich "Verteilte Digitale Forschungsbibliothek" zusammengefaß.

Der Förderbereich "Verteilte Digitale Forschungsbibliothek" besteht aus drei Einzelprogrammen

  1. "Retrospektive Digitalisierung von Bibliotheksmaterialien",
  2. "Elektronische Publikationen im Informationsangebot wissenschaftlicher Bibliotheken",
  3. "Modernisierung und Rationalisierung in wissenschaftlichen Bibliotheken".

1. Retrospektive Digitalisierung von Bibliotheksmaterialien

Das Programm "Retrospektive Digitalisierung von Bibliotheksmaterialien" ist als unmittelbare Konsequenz der Infrastruktur-Empfehlungen neu eingerichtet worden und mit zusätzlichen Fördermitteln ausgestattet worden. Dieses neue Förderprogramm läuft seit Anfang 1997. Es gibt keine zeitliche Begrenzung für das Programm. Es ist jedoch vorgesehen, nach 6 Jahren eine Bewertung der erzielten Ergebnisse vorzunehmen und dann ggfls. Weichen für die weitere Zukunft zu stellen.

Das Programm ist in der Fachöffentlichkeit - und zwar von Bibliotheken und Fachwissenschaftlern - gut angenommen worden. Bis Mitte des Jahres konnten bereits 20 Projekte bewilligt werden. Erfreulich ist die Vielfalt der Themenstellungen, die von hochspezialisierten Sammlungen, z.B. orientalischen Handschriften und Hyroglyphen-Wörterbüchern, bis zu Zeitschriften des deutschen Exils, Musikdrucken, rechtshistorischen Quellen, Parlamentsprotokollen und geographischen Karten reicht.

Die Vision des Förderprogrammes "Retrospektive Digitalisierung" ist es, einen wesentlichen Teil der seltenen, besonders wertvollen, oder aus anderen Gründen nur schwer zugänglichen Werke, also Bestände, die in ihrer klassischen papiergebundenen Form gar nicht angemessen benutzt werden können, direkt über das Internet am Arbeitsplatzrechner zur Verfügung zu stellen. Die Vision ist also gewissermaßen eine virtuelle Forschungsbibliothek mit herausragenden Beständen, die 24 Stunden offen ist und wie eine klassische Freihandbibliothek genutzt werden kann. Natürlich soll der Nutzer die Werke nicht in erster Linie am Bildschirm lesen, aber er soll sie am Bildschirm suchen und auffinden können, sie anlesen und dann herunterladen und an seinem Arbeitsplatz ausdrucken.

Die gute Resonanz auf das Programm ist auch darauf zurückzuführen, daß die DFG bei der Vorbereitung sehr wirkungsvoll unterstützt worden ist durch eine fachliche Initiative der Bibliotheken und Forschungseinrichtungen, die von einem kleinen Arbeitsstab an der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen aus koordiniert wurde.

Diese Arbeitsgruppe hat sich inzwischen zu einem Servicezentrum für Digitalisierung weiterentwickelt. Ein zweites solches Zentrum ist an der Bayerischen Staatsbibliothek München eingerichtet worden. Die Zentren sollen eine beispielhafte technische Infrastruktur für die Bereitstellung digitalisierter Bibliotheksbestände im Netz aufbauen und Beratungs- und Servicefunktionen für Projekte zur retrospektiven Digitalisierung bereitstellen.

Bei unserem Programm steht die Digitalisierung von historischen, d.h. damit auch urheberrechtsfreien Materialien im Vordergrund. Aber das Programm ist hierauf nicht eingeschränkt. Auch Kooperationsprojekte mit Verlagen sind gewollt.

Wir könnten theoretisch, wenn man Durchschnittskosten zugrundelegt, mit unserem Programm etwa 30.000 Bände pro Jahr digitalisieren. Das wäre natürlich auch bei einem langlaufenden Programm nur ein verschwindend kleiner Teil der gesamten aktiv genutzten Bibliotheksbestände. In diesem Bereich kommt es also auf Kooperation - vor allem internationale Kooperation - an. Viele bedeutende Partnerländer haben vergleichbare Programme zur retrospektiven Digitalisierung aufgelegt. Es ist erfreulich, daß die National Digital Library Federation der USA neben Australien, die Bundesrepublik Deutschland als ein Land einschätzt, das gegenwärtig auf diesem Gebiet mit am weitesten ist, und Kooperationen mit uns anstrebt.

2. Elektronische Publikationen im Informationsangebot wissenschaftlicher Bibliotheken

Das zweite Förderprogramm - "Elektronische Publikationen im Informationsangebot wissenschaftlicher Bibliotheken" - im Bereich "Verteilte Digitale Forschungsbibliothek" bezieht sich auf Materialien, die von vornherein in elektronischer Form vorliegen und in das Informationsangebot der wissenschaftlichen Bibliotheken einbezogen werden müssen.

Das Programm "Elektronische Publikationen im Informationsangebot wissenschaftlicher Bibliotheken" geht auf entsprechende Empfehlungen einer Expertengruppe des Bibliotheksausschusses zurück und läuft bereits seit Anfang 1995. Derzeit werden etwa 10 Projekte zu unterschiedlichen Themenstellungen gefördert.

Hervorheben möchte ich die laufenden Projekte zur kooperativen Erschließung von Internet-Ressourcen in ausgewählten DFG-Sondersammelgebieten, z.B. der Mathematik und der Geographie.

Dieser Ansatz soll zukünftig weiter ausgebaut werden, mit dem Konzept der "Virtuellen Fachbibliotheken". Hier sollen unter Federführung von DFG-Sondersammelgebieten die elektronisch verfügbaren Materialien im jeweiligen Fachgebiet umfassend erschlossen und bereitgestellt werden. Es ist vorgesehen exemplarische Projekte zunächst für ausgewählte Fächer in den Natur- und Ingenieurwissenschaften und den Geisteswissenschaften durchzuführen. Diese DFG-Fördermaßnahme ist eng koordiniert mit der Bund-Länder-Initiative SUBITO-2, in deren Konzept die "Virtuellen Fachbibliotheken" einen Hauptbestandteil bilden.

Ein weiteres zentrales, ebenfalls nur kooperativ zu realisierendes Vorhaben ist das Projekt "Dissertationen online", das derzeit im Programm elektronische Publikationen vorbereitet wird. Träger dieses Projekts wird die IuK-Kooperative der Fachgesellschaften sein. Das Vorhaben wird eng mit den Hochschulfachbereichen und den Hochschulbibliotheken, sowie Der Deutschen Bibliothek als vorgesehener zentraler Archivbibliothek für elektronische Dissertationen abgestimmt.

3. Modernisierung & Rationalisierung in wissenschaftlichen Bibliotheken

Schließlich das dritte Standbein des Förderbereichs "Verteilte Digitale Forschungsbibliothek": das Programm "Modernisierung und Rationalisierung in wissenschaftlichen Bibliotheken", das auf die Entwicklung innovativer Anwendungssysteme ausgerichtet ist. Hier werden derzeit 22 Projekte gefördert. Ich will hier nur zwei davon im Hinblick auf Kooperation und Strukturbildung besonders erwähnen.

Das erste ist DBV/OSI, oder mit dem ausführlichen Titel "Verbund der deutschen Bibliotheks- und Fachinformationssysteme". Ein Großprojekt zum Aufbau eines integrierten Verbundes von bibliothekarischen Katalogsystemen, Fachinformationsdatenbanken und Dokumentliefersystemen auf der Basis des internationalen Standards Z39.50. Das Projekt wird gemeinsam gefördert von BMBF und DFG; auch dies eine bemerkenswerte, in diesem Bereich erstmals und - ich glaube man kann sagen - erfolgreich praktizierte Verbundförderung.

Das Projekt wird bis zum Frühjahr nächsten Jahres abgeschlossen sein. Die technischen Projektziele sind weitgehend erreicht.

Auch die Nutzung der Komponenten in verschiedenen Anwendungen und Diensten - auch im europäischen Rahmen - ist gewährleistet. Am wichtigsten vielleicht, und ein Beispiel für eine - zwar nicht immer leichte - aber letztlich doch gelungene Kooperation: Während der Laufzeit wurde DBV/OSI mit der Bund-Länder-Initiative SUBITO zusammengeführt, sodaß die DBV/OSI-Komponenten die technische Grundlage für den Dokumentlieferverbund SUBITO-1 bilden, der im Herbst dieses Jahres an die Öffentlichkeit gehen wird.

Ein Kernthema neuer Infrastrukturen für elektronische Medien, das auch auf die konventionellen Medien zurückwirken wird, sind Metadaten, oder mit dem klassischen bibliothekarischen Terminus: Katalogisierungs-Standards. Die Bedeutung dieses Themas wird in Zukunft noch weiter steigen, wenn sich - wie jüngst geschehen - die großen Internet-Konkurrenten Netscape und Microsoft auf diesem Feld engagieren; Stichwort: XML-Spezifikationen für Meta-Content-Framework.

In diesem Bereich ist es der deutschen Fach-Community sehr gut und sehr schnell gelungen, sich aktiv in die internationale Diskussion einzuklinken. Das ist zunächst einmal - ganz unabhängig von DFG Förderung - ein großes Verdienst der IuK-Kooperative der Fachgesellschaften. Aber auch die Bibliotheken sind hier am Ball. Die DFG fördert seit Mitte dieses Jahres ein kooperatives Metadatenprojekt als gemeinsames Vorhaben des Deutschen Bibliotheksinstituts mit Der Deutschen Bibliothek, der Bayerischen Staatsbibliothek und der Universitäsbibliothek Göttingen.

4. Verteilte Verarbeitung und Vermittlung digitaler Dokumente

Die bisher genannten Förderprogramme sind Infrastrukturprogramme für das wissenschaftliche Bibliothekswesen.

Als eine weitere Maßnahme zur Umsetzung der DFG-Empfehlungen wurden diese Infrastrukturaktivitäten unmitttelbar verzahnt mit einem Schwerpunktprogramm zur anwendungsorientierten Grundlagenforschung in unserem Informatik-Fachreferat. Der Titel lautet: "V3D2 - Verteilte Verarbeitung und Vermittlung digitaler Dokumente". Hier wurden im Sommer dieses Jahres 20 Forschungsprojekte bewilligt, die sich einer breiten Palette von Fragen widmen, darunter z.B.

Verzahnung mit den Bibliotheksprogrammen bedeutet in diesem Fall, daß bibliothekarische Anwender an einer großen Zahl der Forschungsprojekte beteiligt sind. Darüberhinaus wurde das Schwerpunktprogramm aus Mitteln der Bibliotheksförderung aufgestockt, um zusätzliche, eher anwendungs- und infrastrukturbezogene Projekte einzubeziehen.

V. Instrumente der Koordinierung

Sie sehen also, wir haben in Umsetzung der Empfehlungen den Gedanken der Koordinierung und der Kooperation ernst genommen.

Zunächst einmal die Koordinierung innerhalb der DFG. Innerhalb der DFG wirken auf diesem Feld die Infrastrukturabteilungen und der Forschungsförderungbereich eng zusammen. Die Infrastrukturabteilungen, das sind neben der Gruppe Wissenschaftliches Bibliothekswesen vor allem die Apparategruppe, die im Hinblick auf technische Ausstattung und Netzinfrastruktur an der Umsetzung der Empfehlungen mitwirkt.

Wir werden demnächst gemeinsam mit unserem Verlagsreferat ein großes Rundgespräch zum Thema "Multimedia - Neue Publikationstechniken und Publikationskulturen", ausgerichtet auf den geisteswissenschaftlichen Bereich durchführen. Weitere Gespräche für andere Fachgruppen sollen folgen.

Auf die Kooperation mit dem Fachreferat Ingenieurwissenschaften 6 (Informatik) wurde im Zusammenhang mit dem Schwerpunktprogramm bereits hingewiesen.

Die DFG hat in der Umsetzung der Infrastrukturempfehlungen auch die Kooperation mit den anderen Förderen, auf Bundesseite vor allem mit dem BMBF intensiviert. Das DFG-Schwerpunktprogramm ist z.B. als Ergänzung zum BMBF-Projekt "MEDOC" konzipiert worden, weil dort ganz bewuß die Grundlagenforschung ausgespart wurde. Bei der Bund-Länder-Initative SUBITO-1 sind DFG-Fördermaßnahmen wie, z.B. unsere Sondersammelgebietsstrukturen oder DBV/OSI konstruktiv einbezogen worden. Ebenso wird es bei SUBITO-2 sein, indem wir das Konzept der "Virtuellen Fachbibliotheken" mit den DFG-Sondersammelgebieten verbinden.

Die Förderer haben sich auch Gedanken darüber gemacht, wie die Aktivitäten nach außen hin besser dargestellt und vermittelt werden können. Als erster, bescheidener Ansatz hierfür wurde das gemeinsame WWW-Informationssystem "Digitale Bibliotheken" aufgebaut, in dem über die wesentlichen Förderkonzepte und Programme, aber auch die einzelnen Projekte informiert wird. Diese Initiative wird gemeinsam getragen vom BMBF, der DFG, dem Projektträger Fachinformation in Darmstadt und dem DBI.

Wir meinen aber eigentlich, daß ein solcher, letztendlich fachlicher Informationsdienst auf Dauer nicht von den Fördereinrichtungen inhaltlich betreut werden kann, sondern ähnlich wie etwa D-LIB in den USA oder ARIADNE in England, von der Fach-Community selbst unterhalten und inhaltlich ausgefüllt werden muß. Dies ist eine der typischen Querschnittsaufgaben, die wirksam nur von einer kooperativen fachlichen Initiative, projekt- und institutionenübergreifend angegangen werden kann.

Auch andere Querschnittsaufgaben gibt es in großer Zahl: auf eher methodischen Gebieten, wie der Festlegung gemeinsamer Standards, ebenso wie auf dem Gebiet der sich dramatisch verändernden ökonomischen und kommerziellen Beziehungen bei der elektronischen Informationsversorgung im Hochschulbereich. Die DFG hat in ihren Empfehlungen die Bereitschaft erklärt, zur Lösung dieser Querschnittsaufgaben fördernd beizutragen und wo immer notwendig fachliche Rundgespräche und Kolloqiuen zu unterstützen.

VI. Das Netz der US Fachinitiativen

Wir haben in Deutschland bereits erfolgreich arbeitende fachliche Kooperativen. An erster Stelle ist hier sicherlich die IuK-Kooperative der Fachgesellschaften zu nennen.

Aber ich glaube wir brauchen gerade seitens der Hochschulen und ihrer Informations-Einrichtungen mehr kooperative Aktivitäten, wenn wir hier eine Innovations-Initiative umsetzen wollen, die mit den Aktivitäten in unseren Partnerländern Stand hält. Hierzu beizutragen ist ja eine der Zielsetzungen der heutigen Tagung.

Sehen Sie sich die Situation in den USA an, wo eine nun wirklich kaum noch überschaubare Anzahl von Kooperativen agiert.

Das reicht von Zusammenschlüssen einzelner Hochschulen mit übereinstimmenden Lehr- und Forschungsprofilen, wie dem Committee on Institutional Cooperation, das gemeinsame "Electronic Library"-Aktivitäten entwickelt, Verbünden von Hochschulbibliotheken wie der Research Libraries Group, Kooperativen zu inhaltlichen Fragen wie der National Digital Library Federation, der Commision on Preservation and Access bis zu den mehr technischen und netzwerkbezogenen Aktivitäten, wie dem Center of National Research Initiatives, der Internet Engineering Task Force oder dem W3-Consortium. Schließlich die Coalition of Networked Information als Promoter mit einer großen Beteiligung von Einrichtungen nicht nur aus dem Hochschulbereich sondern auch vielen maßgeblichen Industriefirmen.

Bemerkenswert ist die intensive Vernetzung der einzelnen Aktivitäten über personelle Verknüpfungen in Arbeitsgruppen und über die Aufgabenteilung zwischen den jeweiligen Arbeitsprogrammen.

VII. Kooperative Fachinitiativen

Für Fördereinrichtungen wie die DFG sind kooperative Fachinitiativen nicht nur als Initiatoren von Projekten wichtig. Sie werden, gerade wenn die Autonomie der Hochschulen wächst, ein entscheidender Schrittmacher dafür sein müssen, Pojektergebnisse in einen kohärenten Strukturwandel umzusetzen.

Dafür benötigen solche Initiativen eine angemessene professionelle Ausstattung, einen eigenen, kleinen Arbeitsstab und eigene finanzielle Ressourcen.

Ebenso wichtig ist aber, daß die Gründung und Mitwirkung in solchen Initativen eine Managamenet-Entscheidung der beteiligten Einrichtungen ist, die unter Kosten- / Nutzengesichtspunkten getroffen wird.

Nur eine wirkliche - auch finanzielle - Mitträgerschaft durch die Mitglieder schafft die erforderlichen Anreize und Steuerungen für ergebnis- und zielorientiertes Arbeiten und schafft eine auf dem Eigeninteresse der Mitglieder aufgebaute stabile Operationsgrundlage.

Das schließ natürlich nicht aus, daß auch Fördereinrichtungen konstruktiv über Starthilfen und Projektförderungen für solche Initiativen nachdenken.

Ich wünsche der Tagung und den Zielsetzungen ihrer Initiatoren einen guten Erfolg.