Herausforderungen für die Hochschulen und ihre Informations- und Kommunikationseinrichtungen
15/16 September 1997;
Universität Göttingen
Ins Netz gegangen
Elektronische Kommunikationsmittel und Öffentlichkeitsarbeit
Susann Morgner, Pressesprecherin der Humboldt-Universität zu Berlin
Nachdem viele Pressestellen in den ersten Jahren ihres Bestehens
lediglich als Einzelkämpfer diese Aufgaben zu erledigen suchten,
kommen ihnen mehr und mehr koordinierende Aufgaben zu.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist zu begreifen als das Management
der Kommunikation zwischen der Hochschule einerseits und ihren
internen und externen Umwelten andererseits.
Was aber hat sich durch den Einsatz elektronischer
Kommunikationsmittel verändert?
Ganz kurz läßt sich antworten: es gibt neue Chancen und
Herausforderungen, aus denen ebenso neue Aufgaben, neue
Verantwortlichkeiten und auch neue Probleme erwachsen.
Keine Angst, ich werde nicht jammern, sondern diese Probleme als
lösbar beschreiben.
Dabei werde ich mich - auch aufgrund der eingeschränkten Zeit - hier
auf die Darstellung der Hochschule im WWW begrenzen.
Welche Chancen / Herausforderungen bieten sich also der PR mit der Darstellung im WWW?
Schnelligkeit der Informationsweitergabe / Aktualität
In einem schnellen Medium wie dem Internet werden langsfristige
Redaktionsschlüsse nicht akzeptiert, d.h. veraltete Meldungen müssen
umgehend beseitigt oder als solche (Archiv) gekennzeichnet werden.
Noch ein Problem - die aktuellen Meldungen müssen ohne Verzug in
die elektronischen Medien eingespeist werden (Termine, Presse-Infos,
Veröffentlichungen). Sonst wird dieses Medium langfristig nicht als
ernsthafte Informationsquelle akzeptiert.
Dieses ist auch bei uns in der HU immer wieder ein Thema. In unserer
WWW-Arbeitsgruppe, die für das zentrale Angebot der Universität
zuständig ist und mit Vertretern aus RZ und Pressestelle sowie aus
Forschungs- und Studienabteilung besetzt ist, wird die Aktualität und
damit auch Gültigkeit der angebotenen Informationen bei jedem
Zusammentreffen ausgewertet. Angebote, die - aus welchen Gründen
auch immer - diesem Kriterium nicht entsprechen, werden entfernt.
Informationsfülle / Auswahl
Viel hilft nicht immer viel. Eine gewaltige Mischung aus wichtigen und
weniger wichtigen Informationen kann den Nutzer verstimmen (z.B.
lange Zeiten durch zu viele Bildern, Unübersichtlichkeit der
Darstellung) und kann das Gesamtbild der Hochschuldarstellung
verzerren.
Es ist unabdingbar, für die eigene Homepage eine Auswahl der
Informationen zu treffen, die das Selbstbild der Hochschule
repräsentiert und sich gleichermaßen am potentiellen Nutzer orientiert.
Gerade dieser letztgenannte Aspekt - Orientierung am potentiellen Nutzer - ist natürlich äußerst schwierig, aber zumindest in einigen Punkten nicht unmöglich. Das aktuelle Studienangebot einer Hochschule soll z.B. vorrangig Studieninteressierten dienen. Hierfür sollte man unbedingt die Erfahrung der Studienberater nutzen, die genau wissen, welche Informationen dieses Publikum wirklich abfragt.
Die Auswahl der Angebote sollte nicht zuletzt davon abhängig gemacht werden, was durch die jeweils Verantwortlichen auch leistbar ist. Zu viele Hinweise, wie "Noch im Aufbau" oder "Zur Zeit nicht verfügbar" sollten unbedingt vermieden werden. Wir in der HU haben hierfür eine goldene Regel: Wir gehen erst dann mit einem Angebot ins Netz, wenn mindestens 80 % der Informationen ständig aktuell verfügbar sind. Unsere Wunschvorstellungen werden den Nutzer wohl nicht so sehr interessieren.
Zusammenführung von Informationsangeboten / Koordinierung
Alle diese neuen Möglichkeiten nutzen aber nicht nur - und das ist gut
so - die PR-Stellen, sondern jede einzelne Einrichtung der Hochschule.
Dadurch allerdings gewinnt die o.g. Managementfunktion der PR-
Stellen eine besondere Bedeutung. Uns kommt die Aufgabe zu,
verschiedene Angebote zu koordinieren. Damit ist selbstverständlich
nicht die Einmischung in fachspezifische Kommunikationsinhalte
gemeint.
Wichtig und nicht selten problematisch kann es aber z.B. bei der
Selbstdarstellung der Institute im WWW werden. Hier ist die Qualität
der Angebote häufig davon abhängig, ob ein Student oder Assistent
gerade ein Computerfreak ist oder nicht. Generell ist es den Instituten
zu wünschen, solche Personen zu haben, dennoch bergen sie hin und
wieder die Gefahr, daß die Angebote - wie bereits angedeutet -
überfrachtet werden. Viele Text sehr unterschiedlichen Anspruchs,
viele große Fotos, häufig links mit dead ends und massenweise Layout-
Spielerei, die oft einen Wiedererkennungseffekt gegenüber dem
allgemeinen Hochschul-Design unmöglich machen.
Während die "Überwachung" der Angebote aus den zentralen
Bereichen noch relativ einfach erscheint, besteht für uns
Öffentlichkeitsarbeiter, die wir für die Gesamtdarstellung der
Hochschule zuständig sind, in Bezug auf die Fakultäten u.a.
Einrichtungen ein besonderes Koordinierungsproblem.
Doch je mehr Regelungen man diesbezüglich erläßt,
Die Humboldt-Universität hat sehr sparsame Regelungen für den Umgang mit WWW erarbeitet. Ein wichtiger Punkt darin ist aus meiner Sicht das Angebot der zentralen Betreuer (vor allem RZ und Pressestelle), die Institute bei der Entwicklung und Einführung ihrer WWW-Angebote zu unterstützen. Ich verspreche mir langristig davon mehr Erfolg und Akzeptanz als mit strengen Layout- u.a. Vorschriften, deren Einhaltung schon aus Kapazitätsgründen gar nicht zu überprüfen ist.
In Vorbereitung dieser Veranstaltung fiel mir nun allerdings vor zwei Tagen eine Presse-Information des DFN-Vereins in die Hände, nach der die Universität als solche auch für die Richtigkeit der Angebote der einzelnen Institute voll und ganz haftet. Ich vermute, daß die HU dazu dann doch noch etwas strengere Verantwortungsstrukturen wird festlegen müssen.
Neue Kommunikationsformen / Motivation
Damit sind wir schon bei einem sehr wichtigen Punkt: Motivation.
Das ganze funktioniert nur, wenn viele mitmachen. Mir geht es hierbei
vor allem um die Seite der Nutzer.
Wichtige Nutzer sind für mich z.B. Journalisten. Für sie ist das
Medium WWW eigentlich wie geschaffen, möchte man meinen. Sie
wollen alle Informationen auf einmal und zwar sofort. Doch
Untersuchungen zeigen, daß die Akzeptanz und Nutzung von Online-
Angeboten bei Journalisten erschreckend gering ist.
Die Mehrzahl der deutschen Hochschulen bieten seit drei Jahren einen
gemeinsamen elektronischen Service-Dienst für Journalisten an - den
Info-Dienst Wissenschaft mit seinem Kernstück, dem Expertenmakler -
der uns in dieser Hinsicht sehr weitergebracht hat. Denn ebenso, wie
wir unsere eigenen PR-Kollegen motivieren und an diese neue
Möglichkeit heranführen müssen, müssen wir es mit den Journalisten
tun. Gemeinsame Tagungen und Workshops sowie Umfragen zu
unserem Dienst haben dazu geführt, daß wir unser Angebot nutzer-,
also journalistenfreundlicher gestalten können und daß es sich mehr
und mehr herumspricht.
Ich selbst überlege, zusammen mit einigen Rundfunkjournalisten, ob
und wie es Sinn machen könnte, an eine schriftliche Presse-Information
im WWW einfach einen sogenannten O-Ton anzuhängen. Denn Zitate
in Anführungszeichen sind eher für Printjournalisten von Interesse.
Ähnliche Formen des Heranführens an Online-Angebote sind aber auch
in der hochschulinternen Kommunikation von enormer Bedeutung.
Eine funktionierende interne Kommunikation ist wesentliche Grundlage
für eine erfolgreiche Kommunikation der einzelnen
Hochschuleinrichtungen und
-angehörigen nach außen. Doch zu viele Hochschulangehörige fühlen
sich zu schlecht über ihre eigene Hochschule informiert.
Auch wenn im August von 50.000 Zugriffen auf die HU-Homepage
immerhin 15.000 aus dem eigenen Hause kamen, stoße ich intern sehr
häufig auf große Zurückhaltung bei der Nutzung des eigenen WWW-
Angebotes. Da vieles allerdings auch mit der Gewohnheit, Papier zu
stapeln zusammenhängt, können wir aus meiner Sicht einen
Durchbruch bei den internen Nutzern nur durch Komforterhöhung im
Angebot erreichen.
Das z.B. sein: schnelle und einfache Suchmöglichkeiten, ständig
aktualisierte Angebote (z.B. gegenüber einem monatlich gedruckten
Veranstaltungskalender), Service-Angebote (z.B. elektronische
Formulare und Layout-Vorlagen).
Wir haben an der HU vieles in dieser Richtung bereits begonnen. Wir
wissen auch, daß unsere Bemühungen längst nicht ausreichen. Diese
verlangen von allen Beteiligten enormen Aufwand, der angesichts
massiver Stellen- und Mittelkürzungen zusätzlich kaum zu leisten ist.
Umso mehr möchte ich Sie anregen, ebenfalls als Koordinator und
Motor in Ihre Einrichtungen zu wirken, um alle Potentiale
wirkungsvoll bündeln zu können. Denn nur dann können die Chancen,
die uns die neuen Möglichkeiten bieten, auch entsprechend zur
Wirkung kommen.
Susann Morgner
Pressesprecherin der Humboldt-Universität zu Berlin
September 1997