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Projekt SSG-Fachinformation (SSG-FI)



SSG-Programm, Virtuelle Fachbibliotheken und
das Förderkonzept der DFG

Von Reinhard Rutz



    In den letzten Jahren haben sich in politischer, wissenschaftlicher und bibliothekarischer Hinsicht sowie in den Informations- und Kommunikationsmethoden und -techniken der Forschung grundlegende Veränderungen und Entwicklungen ergeben, die auf das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geforderte und aufgebaute System der überregionalen Literaturversorgung (d.h. die SSG- und Zentralen Fachbibliotheken) gewichtigen Einfluß haben. Sehr schnell bestand deshalb in der DFG und ihren Gremien Konsens, die Veränderungen und ihre Wirkungen zusammen in einer Untersuchung aufzugreifen, um so aktiv und umfassend die Basis zur aktuellen Fortentwicklung und Adaptierung des Systems an die neuen Bedingungen zu schaffen.

    Zu nennen sind drei große Veränderungsbereiche, und zwar

      1. die durch die Wiedervereinigung Deutschlands vergrößerte Wissenschafts- und Bibliothekslandschaft, die es in die Struktur und die Ressourcenaufteilung sowie in der Finanzierung des Literaturversorgungssystems umzusetzen gilt.

      2. die vor allem mit der Zunahme digitaler Medien und deren Nutzungsmöglichkeiten, veränderten Arbeitsmethoden und erweiterten Informations- und Kommunikationsanforderungen der Wissenschaft, die stark geänderten Servicebedarf und Nutzungserwartungen der Forscher zur Folge haben

      und schließlich, eng mit Punkt 2 verknüpft,

      3. die technischen Veränderungen und Entwicklungen im I u K-Bereich mit neuen Informationsmöglichkeiten, -angeboten und -verfahren, die Erweiterungen und Modernisierungen von Serviceangeboten und Nachweisinstrumenten erfordern.



    Die skizzierten Veränderungen hat der Bibliotheksausschuß 1995 zum Anlaß genommen, ein "Memorandum zur weiteren Entwicklung der überregionalen Literaturversorgung" vorzubereiten. Ziel war es einerseits, die nach der Wiedervereinigung notwendigen förderpolitischen Strukturveränderungen für das SSG-System, d.h. insbesondere seine Ausdehnung auf das Gebiet der neuen Bundesländer einzuleiten und andererseits diesen Schritt mit der Integration der neuen Medien und Informationstechniken sowie den geänderten Benutzererwartungen zur Aktualisierung des überregionalen Literaturversorgungssystems zu verbinden.

    Das von einer Arbeitsgruppe erarbeitete "Memorandum" wurde in seinem Teil 1, der die förder- und bibliothekspolitischen Strukturveränderungen des Systems behandelt, im Frühjahr 1997 verabschiedet. Die Verabschiedung von Teil 2, der sich mit den erweiterten Anforderungen durch die Fortschritte moderner Informations- und Medientechnik an das SSG-System und mit den Fragen verstärkter Benutzer- und Serviceorientierung befaßt, erfolgte vor wenigen Wochen in der Herbstsitzung 1997 des Bibliotheksausschusses. Beiden Teilen hat schließlich vor etwa einer Woche (4.12.1997) das Präsidium der Deutschen Forschungsgemeinschaft zugestimmt und sie verabschiedet. Das Memorandum wird deshalb nun in Kürze

    1. publiziert.

    2. Zugleich werden derzeit von der DFG die notwendigen Schritte eingeleitet, um über die bereits in Angriff genommenen strukturellen Änderungen des SSG-Systems hinaus auch die im Memorandum enthaltenen bibliothekarischen Fortentwicklungsvorschläge, die sowohl die SSG- als auch die Zentralen Fachbibliotheken betreffen, möglichst bald in die Praxis umzusetzen.

    Mein Referat befaßt sich mit einem wesentlichen Teil der letztgenannten Aufgabe und zwar mit den Überlegungen zum Aufbau der im Memorandum vorgeschlagenen "Virtuellen Fachbibliotheken". Im weiteren werde ich mich auf dieses in Teil 2 des Memorandums formulierte Ziel konzentrieren.

    Wegen der sehr kurzen Frist seit der Verabschiedung des Memorandums sind die Umsetzungsplanungen noch sehr im Fluß. Ich kann daher nur erste Überlegungen zu den Virtuellen Fachbibliotheken und den künftigen Fördermaßnahmen der DFG vorstellen. Sie werden in den kommenden Beratungen und Planungen unserer Gremien weiter zu entwickeln und insgesamt abzusichern sein.

    Die in Teil 1 des Memorandums empfohlenen förderpolitisch begründeten SSG-Strukturveränderungen sind nicht Thema meiner Darstellung. Ihre Umsetzung ist bereits in die Wege geleitet und beginnt durch vorbereitete SSG-Verlagerungen und Neugründungen im Januar 1998.



Organisatorisches Förderkonzept - Organisatorisches Förderkonzept -
"Virtuelle Fachbibliothek"

    Volumen und Vielfalt elektronischer Publikationen, die zugleich steigenden Zahlen gedruckter Veröffentlichungen sowie die zunehmenden Leistungserwartungen an wissenschaftliche Bibliotheken durch die erweiterten Möglichkeiten der wissenschaftlichen Informationsversorgung und des Informationsnachweises über Netze erfordern eine Konzentration der Kräfte.

    Das Memorandum empfiehlt deshalb, die schon heute vielfältig praktizierten kooperativen Verfahren des Informationsnachweises, der Informationsbereithaltung und der Informationsversorgung auf Initiative der Schwerpunktbibliotheken - also der SSG- und Zentralen Fachbibliotheken - national und soweit möglich international fachbezogen zu erweitern, zu intensivieren und gezielt fachspezifisch zu nutzen.

    Vorgeschlagen wird dazu, die Zusammenarbeit mit anderen fachlich einschlägigen Einrichtungen, Fachgesellschaften, Verlagen etc. unter Leitung der SSG- und Zentralen Fachbibliotheken zu spezialisierten Kooperationen auszubauen und auf diesem Netz fachlicher Zusammenarbeit schrittweise strukturschaffend die Bildung kooperativ organisierter Virtueller Fachbibliotheken aufzusetzen.

    Ziel des Organisationsmodells, das bewußt auf den bereits bestehenden Informationsstrukturen aufbaut, ist es, innerhalb des überregionalen Literaturversorgungssystems sowohl für konventionelle als auch für digitale Publikationen definierte fachliche Nachweis- und Informationsnetze mit eindeutigen Funktions und Verantwortungszuordnungen zu schaffen.

    Aufgabe der so zu bildenden Virtuellen Fachbibliotheken wird es sein, unter Federführung der Schwerpunktbibliotheken für den wissenschaftlichen Benutzer eine gebündelte Informationsversorgung "aus einer Hand" (one-hand-shop-Konzept), möglichst ohne Medienbruch zu realisieren. Der Benutzer soll zukünftig in der Lage sein, sich mit seinem Informationswunsch an eine fachliche Organisationseinheit - die Virtuelle Fachbibliothek - wenden zu können, in der die Nachweisfunktion, die Zuordnung und die Vermittlung fachlicher Informationen in gedruckter oder elektronischer Form organisatorisch vorbereitet und in der Durchführung kooperativ sichergestellt sind.

    Innerhalb dieser fachlich organisierten Netze fallen den federführenden Schverpunktbibliotheken herausgehobene Aufgaben zu. Denn sie verfügen durch ihre anerkannten überregionalen Funktionen, die ihnen übertragenen Aufgaben und aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in der überregionalen fachlichen Literaturversorgung sowohl über die zur Umsetzung des Modells erforderliche hohe Fach- und Sachkompetenz als auch über den entsprechenden überregionalen Literaturversorgungsauftrag. Ihre Aufgabe wird es deshalb sein, als eine Art "Spinne im Netz" der Virtuellen Fachbibliothek ihren Aufbau zu initiieren und ihre Organisation und Koordination dauerhaft zu übernehmen.

    Ein Schwerpunkt der erwarteten Leistungen wird dabei in der Organisation des virtuellen Fachverbundes liegen. Dies verlangt die Entwicklung von Organisationsmodellen und -verfahren für die kooperative Bereithaltung, Erschließung, den Nachweis und die Archivierung von Dokumenten, gleichfalls die Entwicklung und Vorhaltung von für das Fachgebiet spezialisierten Suchmaschinen, Profildiensten sowie Liefer- bzw. Bereithaltungsdienste.

    Auf die Schwerpunktbibliotheken werden insgesamt also die Aufgaben zukommen, die zur dauerhaften Sicherung und Optimierung der fachlichen Informationsversorgung der Forschung sowohl aus dem eigenen als auch aus dem "übergeordneten" virtuellen Bestand der Fachbibliothek notwendig sind. Dazu gehört auch, federführend die Zusammenarbeit ihrer Partner zu organisieren, soweit erforderlich und möglich, neue Partner, Datenbanken und Informationsmaterialien in die Virtuelle Fachbibliothek einzubeziehen und technische Kooperationen mit den Partnern und mit anderen Virtuellen Fachbibliotheken zu ermöglichen; kurz also die Voraussetzungen für die von Sammelschwerpunktbibliotheken erwartete kooperative Erfüllung bibliotheksspezifischer Aufgaben überregionaler Informationsversorgung unter Einbeziehung der vom Benutzer benötigten digitalen Publikationen zu schaffen und zu sichern.



Memorandum und SUBIT02-Papier

    Die Empfehlungen des DFG-Memorandums entsprechen im wesentlichen den in gleiche Richtung weisenden Vorstellungen des im Auftrag der Bund-Länder-Initiative SUBITO erarbeiteten SUBIT02-Papiers, das - konzentriert auf die Versorgung mit elektronischen Dokumenten - ebenfalls den Aufbau Virtueller Fachbibliotheken unter der Federführung der Sondersammelgebiets- und Zentralen Fachbibliotheken empfiehlt. Auch dieses Papier wird in Kürze publiziert werden. Beide Papiere sind koordiniert und beziehen sich in ihren Vorstellungen zur Virtuellen Fachbibliothek bewußt aufeinander. Sie sprechen sich gemeinsam für den hier skizzierten Aufbau und die Funktionen Virtueller Fachbibliotheken als künftigem Instrument der überregionalen Literaturversorgung aus. Diese weitgehende Identität der Planungen lassen für die Virtuelle Fachbibliothek, wie ich meine, konzertierte Entwicklungen, Förderungen und Synergieeffekte erwarten.



Die Schwerpunktbibliotheken als Kern der Virtuellen Fachbibliothek.
Erwartete Leistungen und Funktionen (inhaltliches Förderkonzept)

    Unabhängig von besonderen fachlichen Informationsversorgungsanforderungen und -erwartungen in den verschiedenen Wissenschaftsgebieten und den bereits genannten Organisationsaufgaben werden von den Schwerpunktbibliotheken gemeinsam mit ihren Partnern nach den Vorstellungen des Memorandums weitergehende Leistungen und Aufgaben zu übernehmen sein. Im bibliothekarischen Bereich werden diese vor allem folgende Aspekte umfassen und sicherstellen müssen:

1. Erweiterter Sammel- und Beschaffungsauftrag
    Auszugehen ist von einer Neuorientierung des überregionalen Sammel- und Beschaffungsauftrags. Dieser wird zusätzlich zur klassischen Erwerbung auch die Bereithaltung digitaler Veröffentlichungen auf eigenen Servern bzw. die Vermittlung und Zugangsbeschaffung zu Dokumenten umfassen, soweit diese nur auf externen Datenbanken vorgehalten werden und den entsprechenden auch qualitativen Anforderungen entsprechen. Bei hoher Nutzungsintensität, starker Inanspruchnahme oder geringerer Sicherheit von auswärtigen Servern bzw. dem Zugangsnetz werden bei extern verfügbaren elektronischen Dokumenten besondere Maßnahmen zur Betriebs- und Zugriffssicherheit - etwa durch die Spiegelung von Informationen - zu treffen sein.



2. Erweiterte Erschließungs-, Bereitstellungs- und Nachweisaufgaben
    Für elektronische Medien werden sich neue Erschließungs- und Nachweisanforderungen sowohl formal und inhaltlich als auch in den künftig weitgehend zu automatisierenden und international zu normierenden Erfassungsverfahren ergeben. Zusätzlich zu den üblichen bibliographischen Angaben werden in die beschreibenden Metadaten für digitale Publikationen vor allem medienspezifische Ergänzungen in den Dokumentennachweis einbezogen werden müssen. Diese sollten für das Einzeldokument auch Informationen unter Benutzungsaspekten, d.h. (lizenz-)rechtlicher, technischer und kostenspezifischer Art umfassen. In die Metadaten (vgl. Dublin Core Set; Göttinger Metadaten-Projekt) einzubeziehen sein werden ebenfalls Informationen über die vom Benutzer eines (elektronischen) Dokumentes nach allgemeiner Einschätzung - in Zukunft weitaus häufiger als heute zu zahlenden Nutzungs- bzw. Verwertungskosten sowie die hierfür bestehenden oder vereinbarten Abrechnungsverfahren.

    Aus dem hohen Spezialisierungsgrad des Informationsbestandes der Virtuellen Fachbibliothek insgesamt und dem der Schwerpunktbibliothek insbesondere werden darüber hinaus spezifische inhaltliche Bestandsinformationen sowie die Entwicklung von Navigationshilfen für die Benutzung und die Zugriffsvermittlung notwendig sein. Sie werden über den Umfang normaler sachlicher Erschließung hinausgehen müssen bzw. diese inhaltlich ergänzen - etwa durch Beiziehung von Abstracts, Indizes etc.. Ziel sollte es sein, dem Benutzer die qualitative Bewertung und damit die inhaltliche Auswahl der Dokumente frühzeitig zu ermöglichen.

    Aufgrund ihrer herausgehobenen Versorgungsaufträge werden von den Schwerpunktbibliotheken beim Nachweis und Bereithaltung elektronischer Dokumente zudem Fragen der überregionalen Zugänglichkeit und der Festlegung entsprechender Zugriffsmöglichkeiten zu den Materialien zu berücksichtigen und zu lösen sein.

    Als wesentliche Grundlage der Virtuellen Fachbibliothek wird schließlich der Zusammenführung der Nachweise zu einem virtuellen Bestand höchste Priorität zukommen.



3. Verbesserung von Bestell- und Lieferdiensten
    In den Ausbau und die Weiterentwicklung direkter Bestell- und Lieferdienste der Sammelschwerpunktbibliotheken wird neben den bereits existierenden und auszubauenden Diensten für konventionelle Medien (insbesondere SSG-S-Projekte) die Bereitstellung und Vermittlung elektronisch verfügbarer Dokumente verstärkt einbezogen werden müssen. Solche Aktivitäten müssen sowohl die Publikationen umfassen, die auf bibliothekseigenen Servern bzw. im Bestand der Virtuellen Bibliothek vorgehalten werden, als auch solche, die auf externen (nationalen und internationalen) Fachservern verfügbar sind. Wie bereits erwähnt, wird es hierbei eine wesentliche Rolle spielen, durch entsprechende Lizenzvereinbarungen mit den Dokumentanbietern überregionale Nutzungsmöglichkeiten für elektronische Dokumente als Ziel des überregionalen Versorgungsauftrags zu eröffnen. Die sukzessive Integration der Dienste in übergreifende Bestell- und Liefersysteme wie die Bund-Länder-Initiative SUBITO soll angestrebt werden.



4. Digitalisierung gedruckter Medien
    Zur Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten, zur komfortableren Aufbereitung von Publikationen und zur Verbreiterung des Informationszugangs wird die Digitalisierung von gedruckt vorliegenden Schwerpunktbeständen zum Ausbau des in der Virtuellen Fachbibliothek direkt und ohne Medienbruch nutzbaren Bestandes voranzutreiben sein. Entsprechende Konzeptionen zur Selektion der zu digitalisierenden Bestände sollten dazu von den Schwerpunktbibliotheken in nationaler und internationaler Abstimmung vorbereitet werden. Ziel sollte es sein, dabei durch rechtzeitige Beteiligung der Rechteinhaber (Autoren, Verleger) auch urheberrechtlich/verwertungsrechtlich noch geschützte Materialien einbeziehen zu können. Wünschenswert wäre es zudem, Digitalisierungsmaßnahmen in Zukunft auch unmittelbar mit Forschungsvorhaben sowohl für das benötigte Informationsmaterial wie für die Bereithaltung der in den Projekten erarbeiteten Forschungsergebnisse und wissenschaftlichen Datenbanken zu verbinden. Zu denken ist insbesondere an langfristig angelegte Großforschungsunternehmen, z.B. Sonderforschungsbereiche, die - wie andere Forschungsvorhaben mit hoher Publikationsquote - zumindest für ihre Laufzeit möglicherweise auch als Partner in die Virtuelle Fachbibliothek einbezogen werden könnten.



5. Sicherung langfristiger Verfügbarkeit
    Die Archivierung und Sicherung der langfristigen Verfügbarkeit von Publikationen gehört zu den klassischen Aufgaben der Bibliotheken. Die Schwerpunktbibliotheken tragen hier sowohl für die gedruckten Medien als auch für die digitalen Publikationen ihres fachlichen Versorgungsbereichs ein hohes Maß an Verantwortung, die für Teilbereiche der Schwerpunktmaterialien, wie ich meine, mit dem der gesetzlich bestimmten Archivbibliotheken vergleichbar ist. Dies gilt insbesondere für die in Deutschland sonst keiner Archivierungspflicht unterliegenden ausländischen Dokumente und Medien. Als wesentliche Aufgabe und langfristige Basis einer Virtuellen Fachbibliothek sollten deshalb rechtzeitig abgestimmte, kooperative Konzepte zur langfristigen Sicherung und dauerhaften Bereitstellung elektronisch verfügbarer Schwerpunktdokumente von den Schwerpunktbibliotheken entwickelt und erprobt werden. Angesichts der hohen Kosten, besonderer nationaler Zuständigkeiten und Aufgabenverteilungen im Bereich der Archivierung sowie der hohen technischen Anforderungen digitaler Langfristsicherung sollten diese Überlegungen unbedingt kooperativ angelegt werden - mit dem Ziel, feste, auch fächerübergreifende technische und organisatorische Zusammenarbeit zu ermöglichen.

    In die Planungen sollte in jedem Fall Die Deutsche Bibliothek als nationale Archivbibliothek einbezogen werden, denn in ihre Zuständigkeit fällt funktional die überregionale Langfristarchivierung deutscher elektronischer Publikationen. Dementsprechend wird die gesetzliche Fixierung dieser Aufgabe derzeit durch Untersuchungen in der Deutschen Bibliothek vorbereitet. Bei den konzeptionellen Überlegungen digitaler Langfristarchivierung der Schwerpunktbestände sollten zudem die Archivierungszuständigkeiten der Nationalbibliotheken anderer hochindustrialisierter Länder einbezogen werden. Diese könnten Alternativen zur erneuten inländischen Abspeicherung zumindest bei im Ausland publizierten Dokumenten ohne Schlüsselfunktionen für die deutschen Schwerpunktbestände bieten.



Umsetzung der Planungen

    Die bisher skizzierte Organisation, der Aufbau und die Entwicklung Virtueller Fachbibliotheken erfordern für ihre Umsetzung und Förderung aus sachlichen und Kostengründen:

      - ein hohes Maß inhaltlicher Abstimmung und Koordination,

      - einen geplanten, phasenweisen Aufbau und die Erprobung durch Modell- und Pilotprojekte sowie

      - rechtzeitige Maßnahmen zur Sicherung und Finanzierung des dauerhaften Betriebs der Virtuellen Fachbibliotheken (möglichst schon bei Eintritt in entsprechende Pilotvorhaben).

    Bei den genannten Punkten handelt es sich um gemeinsame Aufgaben, die sowohl aus bibliothekspolitischen als auch finanziellen Gründen nicht allein von den Sammelschwerpunktbibliotheken, sondern nur in gemeinsamen länder- und fachübergreifenden Anstrengungen und mit Unterstützung der DFG geleistet werden können.

    Dementsprechend beabsichtigt die DFG über das im "Memorandum zur Weiterentwicklung der überregionalen Literaturversorgung" empfohlene inhaltliche Förderkonzept hinaus selbstverständlich den Aufbau Virtueller Fachbibliotheken sowohl strukturell als auch durch konkrete Unterstützungen für Modellversuche und Pilotvorhaben im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu fordern. Ziel ist es, ein gemeinsames Förderkonzept auszuarbeiten, durch das die Empfehlungen des Memorandums aktiv umgesetzt werden können und mit dem Hilfen zur Überführung in die von der Forschungsgemeinschaft selbst nicht zu leistende Dauerfinanzierung Virtueller Fachbibliotheken gegeben werden.

    Einen wichtigen Teil dieses Förderkonzepts bilden zunächst:

    eine Reihe schon eingeleiteter Fördermaßnamen der DFG, die bereits heute wichtige Vorleistungen bis hin zur Entwicklung wesentlicher Grundstrukturen für die Bildung Virtueller Fachbibliotheken beinhalten. Sie sind in die zu entwickelnde Förderkonzeption Virtueller Fachbibliotheken einzubinden und sollten unmittelbar ihrem Aufbau zugute kommen.

    Da es sich um eine Vielzahl einschlägiger DFG-Projekte und Fördermaßnahmen handelt, will ich hier zu den Projekten - auch aus Zeitgründen - nichts sagen, sondern Sie auf den gemeinsam durch DFG, BMBF und DBI aufgebauten Server ( http://www.dbi-berlin.de/bib_wes/d_lib_00.htm) mit der dort verfügbaren Projektliste mit Beschreibungen (Rubrik "Forschungs- und Entwicklungsprojekte") verweisen.
    Diese Liste enthält sämtliche in den drei einschlägigen Förderprogrammen

      - Elektronische Publikationen im Literatur- und Informationsangebot wissenschaftlicher Bibliotheken

      - Rationalisierung und Modernisierung in wissenschaftlichen Bibliotheken und

      - Retrospektive Digitalisierung von Bibliotheksmaterialien

    unterstützten Projekte, denen wesentliche Bedeutung beim Aufbau Virtueller Fachbibliotheken zukommen wird.

    Ergänzt wird diese Förderung durch zahlreiche DFG-Unterstützungen zum Ausbau des virtuell verfügbaren Literatur- bzw. Dokumentenbestandes. Durch beabsichtigte Verstärkung der Maßnahmen zur Digitalisierung einschlägiger Schwerpunktbestände im Rahmen des Förderprogramms zur retrospektiven Digitalisierung von Bibliotheksmaterialien sollen diese Aktivitäten im Hinblick auf den Aufbau Virtueller Fachbibliotheken gezielt erweitert werden.

    Hinzu kommen schließlich Unterstützungsmaßnahmen in anderen Förderprogrammen, die ebenfalls Teilaspekte der erwarteten Leistungen virtueller Fachbibliotheken abdecken. So die seit 1996 erfolgte Einbeziehung von digitalen Publikationen auf CD-ROM in die Sondersammelgebietsförderung. Sie beinhaltet eine wichtige laufende Unterstützung im Rahmen des erweiterten Sammel- und Beschaffungsauftrags für die Schwerpunktbibliotheken. Ebenfalls zu nennen ist das Projekt WEBIS als bereits existierendes Einstiegsinstrument des Benutzers zu den Angeboten der überregionalen Sammelschwerpunktbibliotheken, das sich zum künftigen Einstiegsinstrument in dievon den Sammelschwerpunktbibliotheken koordinierten Virtuellen Fachbibliotheken entwickeln könnte.



Überlequngen zur zukünftigen Förderung und weiteren Umsetzungsschritten

    Die genannten Vorhaben und Förderprogramme bieten Bausteine für die Realisierung Virtueller Fachbibliotheken. Ihr tatsächlicher Aufbau verlangt aber mehr, und zwar gemeinsame, auch bibliothekspolitische Schritte aller beteiligten Partner, d.h. sowohl der DFG, der Schwerpunktbibliotheken und ihrer Träger und auch der wissenschaftlichen Fachgesellschaften.
    Nur so können

      1. die notwendigen Impulse für die Strukturfortentwicklung gegeben werden und die erforderlichen Ressourcen zur Durchführung von Modellprojekten und Pilotvorhaben verfügbar gemacht werden.

      2. die spätere dauerhafte Finanzierung der in Projekten modellhaft eingerichteten Virtuellen Fachbibliotheken durch die Träger vorbereitet und gesichert werden und schließlich

      3. die Akzeptanz dieser neuen Versorgungsstrukturen für das Literaturversorgungssystem auf breiter Basis erreicht und ihre flächendeckende Übernahme eingeleitet werden.

    Das Memorandum ist sich dieser Gesamtproblematik bewußt. In einem ersten Schritt empfiehlt es deshalb, (Zitat) "die für die Umsetzung der vorgeschlagenen Erweiterungen des überregionalen Servicespektrums erforderlichen Modellvorhaben und Startfinanzierung erforderlichen Mittel in den entsprechenden Programmen der DFG - Bibliotheksförderung vorzusehen und im Hinblick auf den Routinebetrieb der zusätzlichen Dienste zugleich in den Sammelschwerpunktbibliotheken bzw. von ihren Unterhaltsträgern die dafür erforderlichen Eigenleistungen einzuplanen".

    Im Memorandum sodann klargestellt wird allerdings auch, daß die beiden im zitierten Text enthaltenen Empfehlungen, die sich im Innenverhältnis auf die DFG und im Außenverhältnis auf die Schwerpunktbibliotheken und ihre Träger beziehen, nur den Rahmen für die Ressourcenfindung darstellen können und es für die umfassende praktische Umsetzung eines ausfüllenden Förderkonzeptes bedarf. Festgestellt wird dazu, daß (Zitat) "angesichts des zu erwartenden Umfangs der auf Dauer erforderlichen Investitionen darüber hinaus zu klären ist, in welcher Weise die im Rahmen des überregionalen Erwerbungs- und Servicebereichs zusätzlich empfohlenen Aufgaben zu finanzieren sind."



Gegenwärtiger Stand der Umsetzungsplanung

    1. Dieser weitreichenden Aufgabe haben sich die DFG und ihre bibliothekarischen Gremien inzwischen angenommen. Erste von der Forschungsgemeinschaft selbständig leistbare Schritte wurden eingeleitet:
    So wurden in den drei genannten Förderprogrammen, insbesondere im Programm "Elektronische Publikationen im Literatur- und Informationsangebot wissenschaftlicher Bibliotheken" die notwendigen finanziellen Rahmenbedingungen für die Förderung Virtueller Fachbibliotheken geschaffen.

    * Festgelegt wurde, daß sowohl Projekte zur modellhaften Entwicklung und zum Aufbau Virtueller Fachbibliotheken als auch zur Klärung damit zusammenhängender aufwendigerer bzw. einheitlich zu klärender Spezialfragen in diesem Programm durchgeführt und gefördert werden sollen. Als Beispiele solcher Fragenkomplexe zu nennen sind hier bereits drei geplante Projekte zur Erprobung und Entwicklung von Verfahren zur Nutzung von elektronischen Zeitschriften in der überregionalen Literaturversorgung, einem vor allem unter lizenzrechtlichen und kostenspezifischen Aspekten höchst virulenten Problem.

    * In weitgehender Übereinstimmung auch mit den Planungsvorschlägen von SUBITO 2 ist darüber hinaus beabsichtigt, gezielt übergreifende Modellprojekte (gedacht wird an etwa 4 - 5) zum Aufbau Virtueller Fachbibliotheken unter der Federführung von Schwerpunktbibliotheken im Rahmen des Förderprogramms Elektronische Publikationen möglichst noch in der ersten Hälfte des kommenden Jahres auf den Weg zu bringen. Eine Reihe von Projektskizzen an solchen Vorhaben interessierter Schwerpunktbibliotheken - häufig gemeinsam mit fachwissenschaftlichen Einrichtungen - liegen der DFG bereits vor oder sind angekündigt. Weitere Projektskizzen werden bis spätestens 5. Januar 1998 entgegengenommen. Auf der Basis aller rechtzeitig vorliegenden Projektskizzen wird nach bisheriger Planung beginnend noch im Januar 1998 in den einschlägigen Gutachtergremien der DFG eine Auswahl - vor dem Hintergrund der eingeplanten Fördermittel - getroffen werden. Die dabei benannten Bibliotheken werden entsprechend unterrichtet und zur Vorbereitung begutachtungsfähiger Anträge aufgefordert werden.

    2. Parallel zu diesen Schritten werden weitergehende Überlegungen zum Aufbau der mit dem Memorandum empfohlenen überregionalen Informationsinfrastruktur in den hiervon betroffenen Gremien der Forschungsgemeinschaft eingeführt und intensiviert werden. Dies bezieht sich zum einen auf Umsetzungsfragen sowohl in technischer als auch in organisatorischer Hinsicht, zum anderen auf den Bereich der Gesamtkoordination der Entwicklungen und der technischen Zusammenarbeit (z.B. bei Speicher- u. Zugriffsfragen) über die Fächergrenzen der Schwerpunktbibliotheken hinweg einschließlich der dafür notwendigen Schritte und finanziellen Maßnahmen. Einen Schwerpunkt der Überlegungen wird sich zudem auf die nicht durch die DFG zu leistende spätere Dauerfinanzierung der Grundaufgaben der empfohlenen Virtuellen Fachbibliotheken beziehen müssen.







[Letztmalige Aktualisierung: 22.01.1998 / cl]