Zusammenfassung
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte mittels Kristallstrukturanalyse
der Regulationsmechanismus für den Tet-Repressor der Klasse D (TetRD)
aufgeklärt werden. TetRD ist der mit dem Antibiotikum Tetrazyklin (Tc)
aktivierbare Schalter einer Tetrazyklinresistenzform, die
auf dem aktiven Efflux des Antibiotikums aus der Zelle basiert. Das
Ausschleusen des Antibiotikums wird durch membrangebundene Resistenzprotein
TetA gewährleistet.
Im normalen Zustand bindet TetRD an
ein sequenzspezifisches DNA-Fragment, den tet-Operator, welcher sich in
der Promotor/Operator-Region der Gene tetA und tetR befindet. Die
Produktion der beiden Proteine TetA und TetR wird verhindert, da die
RNA-Polymerase die entsprechenden Gene nicht transkribieren kann.
In Gegenwart von Tc binden zwei
Komplexe [Mg Tc]+ an TetRD und induzieren diesen, das heißt TetRD
verändert seine Struktur und ist nicht mehr in der Lage an die DNA zu binden.
Als Folge dessen wird das Gene tetA exprimiert, das Protein TetA in die
Zellmembran eingebettet, so daß die Resistenz gegenüber Tc gewährleistet
ist.
Für die Bestimmung des Regulationsmechanismus von TetR wurden die folgenden
Proteine und Proteinkomplexe
kristallisiert und ihre Strukturen analysiert:
1. das freie TetRD-Protein und ein chimeres Protein aus TetRD und TetRB,
2. fünf TetRD/DNA-Komplexe,
3. die Komplexe von TetRD mit sieben verschiedenen Tetrazyklin/Kation-Liganden und
4. zwei nicht induzierbare TetRD-Varianten.
Entsprechend diesen Strukturen wurde ein Induktionsmechanismus ermittelt, der
von den bisher bekannten Regulationsmechanismen abweicht. TetRD, ein
Homodimer, besitzt zwei
DNA-bindende Domänen mit je einem Helix-Turn-Helix-Motiv, die voneinander
unabhängig die DNA-gebundene bzw. die ´´induzierte´´ Position einnehmen können.
Die Bewegung jeweils einer Domäne wird über eine
Pendelbewegung der vier N-terminalen Helizes gegenüber dem übrigen Protein
gewährleistet.
Der C-Terminus von Helix 4 ist mit dem Proteinkern verbunden, der Mittelteil
dieser Helix wird von der Helix 6 in verschiedene Positionen gebracht und der
N-Terminus bewirkt die Bewegungen der DNA-bindenden Domäne. Während des
Induktionsprozesses wird die Helix 6 um 1.5 {AA} verschoben und verursacht eine
Rotation der Helix 4 um ihren C-Terminus um 5 Grad. Dabei wird das
DNA-bindende Motiv parallel zur großen Furche der DNA verschoben, so daß
sich der Abstand zwischen beiden Erkennungshelizes
um 3 {AA} vergrößert, wodurch die Affinität zur Operator-DNA sinkt.
Mit der Analyse der Strukturen der Mg2+-freien und Mg2+-halbbesetzen
TetRD/Tc-Komplexe gelang die Klärung des Bindungsmechanismus von [MgTc]+. Für die
tunnelähnliche Bindungstasche des Induktors konnten die öffnung zum
Einschleusen des Induktors sowie der ´´Ausgang´´ für das verdrängte Wasser
eindeutig identifiziert werden. Tc bildet in seiner
Bindungstasche zuerst
Wasserstoffbrücken zu vier Aminosäuren. Daraufhin gehen sieben
Aminosäuren mit dem Tc hydrophobe Kontakte ein und bewirken das Schließen
der Bindungstasche.
Der letzte Schritt der Induktorkoordinierung ist die Translation der Helix 6
und die Entwindung der C-Terminalen Schleife dieser Helix. In diesem, den
Repressor induzierenden, Schritt wird das zweiwertige Kation (Mg2+) des
Induktorkomplexes
oktaedrisch koordiniert. Nicht das Tc, sondern das Tc-gebundene Kation
überträgt das
Induktionssignal.
Die verwendeten, unterschiedlich derivatisierten Tc unterscheiden sich in
ihrer relativen Lage innerhalb der
Bindungstasche. Die größten übereinstimmungen liegen im Bereich der
Tc-Protein-Wasserstoffbrü"cken am Tc-Ring A. Die größten Unterschiede
findet man am Tc-Ring D, der hauptsächlich hydrophobe Kontakte zum Protein
ausbildet.
Anhand der Strukturen von Komplexen zwischen dem Protein und verschieden langen
Operator-DNA-Fragmenten (13 bis 17 bp) konnte gezeigt
werden, daß die DNA
in einer überwundenen B-DNA-Form vorliegt, wenn TetRD in zwei
aufeinanderfolgende große Furchen der Doppelhelix bindet. An den
Basenpaaren 2 der palindromischen Operatorsequenz knickt die DNA vom Protein
weg. Zwischen den Basenpaaren 3 bis 8 wird die DNA hingegen zum
TetRD hin gebogen. Im Kristallgitter von vier der
fünf analysierten Protein/DNA-Komplexe bilden die DNA-Doppelstränge eine unendliche
Helix, deren Anordnung in einer (der hexagonalen) Kristallform superhelikal ist. Der
Komplex mit der 13mer-DNA erlaubte die Diskussion der von Packungseffekten
unbeeinflußten
DNA-Deformationen. Bei dieser Form findet man die
DNA-Doppelstränge im Kristall
getrennt voneinander. Abgesehen von einem TetRD/DNA-Komplex, bei dem die DNA an den
Enden keine Basenpaarung eingeht, werden in den untersuchten Komplexen
innerhalb der Fehlergrenzen identische Wechselwirkungen zwischen Protein und
DNA gefunden.
In dem hier vorgestellten Modell der Promotor/Operator-Region der
Resistenzdeterminante der Klasse D binden die beiden
TetRD-Dimere unabhängig voneinander und befinden sich auf entgegengesetzten
Seiten der fast linearen DNA. Eine Kooperativität hinsichtlich der DNA-Bindung
kann damit ausgeschlossen werden.
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