Der Schwerpunkt meiner Doktorarbeit lag auf dem Aufbau eines Ultrahochvakuum-, Tieftemperatur-RTM (Rastertunnelmikroskop). Auf der Basis bereits bestehender Instrumente wurde ein hochstabiles RTM entwickelt, mit dem es möglich ist Oberflächen und Adteilchen auf atomarer Skala zwischen 4.9 K und 300 K abzubilden und zu manipulieren. Im Vergleich zu den Vorgängermodellen wurde insbesondere die Stabilität durch eine Optimierung des Scanners verbessert und durch eine Verbesserung der thermischen Widerstände die minimale Temperatur von 15 K auf 4.9 K abgesenkt. Diese Maßnahmen haben zu einer vertikalen Auflösung von weniger als 0.2 pm geführt und erlauben darüber hinaus die kontrollierte Manipulation von einzelnen Atomen. Der simultan mögliche optische Zugang erlaubt die Kombination des Tieftemperatur-RTM mit optischen Methoden.
Die tiefste tatsächlich am Ort der Probe erreichbare Temperatur wurde durch dI/dV-Spektroskopie an supraleitenden Pb-Filmen auf einem Ag(111)-Substrat ermittelt. Dadurch konnte eine Energieauflösung von nur 2 mV demonstriert werden und eine minimale Probentemperatur von 4.9 K gemessen werden.
An dem System LiF/Ag(111) wurde zum ersten Mal das fraktale Wachstum eines ionischen Isolators auf einem Metallsubstrat untersucht. Die Daten zeigen Übereinstimmung mit dem Skalierungsgesetz für Inseldichten mit einer kritischen Clustergröße i=1. Die Auswertung ergab eine Abschätzung für die Diffusionsbarriere der LiF-Monomere auf Ag(111) von 30 - 47 meV und es wurde eine fraktale Dimension von d=1.75±
0.01 bestimmt. Die lokal kubische Symmetrie weist auf eine (100)-Terminierung der LiF-Inseln hin. Schließlich konnte an den Stufenkanten ungewöhnlicherweise ein symmetrisches Wachstum beobachtet werden und mit der Ladungsdichteumverteilung an den Stufenkanten erklärt werden.
Die Cr(110)-Oberfläche wurde bei Temperaturen zwischen 6 K und 145 K mit dem RTM untersucht und es konnte zum ersten Mal gezeigt werden, daß die Ladungsdichtewelle als Begleitung der Spindichtewelle im Cr-Volumen eine Modulation der Ladungsdichte auf der Oberfläche erzeugt. Bei Tunnelspannungen im Bereich ±
150 meV wurde eine Ladungsdichtewelle mit einer Wellenlänge von 42 ? beobachtet. Dieses Wellenmuster kann durch die Projektion der Volumenladungsdichtewelle auf die Oberfläche erklärt werden. Durch die Kopplung der Spindichtewelle an die Ladungsdichtewelle kann auf diese Weise indirekt die antiferromagnetische Domänenstruktur auf nm-Skala abgebildet werden.
Die kontrollierte atomare Manipulation mit dem RTM wurde zur Bestimmung der Lebensdauern der Oberflächenelektronen eingesetzt. In diesem Experiment wurde eine dreieckige Streugeometrie aus 51 Ag-Atomen auf einer Ag(111)-Oberfläche konstruiert. Die Elektronen des Oberflächenzustandes werden an diesen Adatomen gestreut und erzeugen ein Interferenzmuster, das im dI/dV-Modus vermessen wurde. Auf der Basis einer Vielfachtreuungstheorie wurden diese Interferenzmuster berechnet. Die Anpassung der Rechnungen an die Daten ergibt die Absorption und die Streuphasen der Adatome und die Lebensdauern der Elektronen. Mit diesem Experiment konnte so zum ersten Mal die Lebensdauer von Oberflächenelektronen in einer künstlichen atomaren Struktur gemessen werden.