Zusammenfassung
Bei der Behandlung von Oberschenkelfrakturen durch Marknagelung ist ein postoperativer Drehfehler eine häufige Komplikation, da die intraoperative Einstellung der Fragmente in der Transversalebene schwierig ist und in der Regel auf schätzenden Verfahren beruht.
Mit der Trochanter-Minor-Methode steht ein empirisch entwickeltes Verfahren zur Verfügung, das intraoperativ ohne zusätzlichen apparativen Aufwand das Auftreten dieser Komplikation verringern soll.
In einer experimentellen Studie sollte folgendes untersucht werden:
1) Kann durch eine seitenvergleichende Konturanalyse des Trochanter minor femoris im p.a.-Strahlengang eines Röntgenbildverstärkers (RBV) eine klinisch signifikante Antetorsionsseitendifferenz von über 15° sicher erkannt werden ?
2) Wie groß sind Intra- und Interobservervariabilität ?
Zur Überprüfung der TMM wurde eine experimentelle Studie an 27 humanen Leichenfemurpaaren mit einem durchschnittlichen Spenderalter von 75,5 Jahren (51 bis 99 Jahre) durchgeführt. Femora mit Veränderungen in Form von verheilten Frakturen oder Implantaten wurden von der Studie ausgeschlossen.
Die ATW der Oberschenkelknochen wurden mit zwei anerkannten CT-Methoden (Jend 1986 [12] und Waidelich 1992 [31] ) gemessen. Aus diesen Daten erfolgte die Berechnung der intraindividuellen Antetorsionsdifferenz jeden Femurpaares.
Die Vermessung der Antetorsionsdifferenzen der Femurpaare mit der TMM wurde mittels eines speziell konstruierten Meßaufbaus durchgeführt. Mit Hilfe dessen war es möglich, die Femora auf Ebene der Kondylenhinterkantentangente auszurichten. Von dieser Stellung ausgehend wurden die proximalen Enden der Femora im p.a.-Strahlengang eines RBV betrachtet und ein Femur gegen den anderen soweit verdreht, bis sich die Konturen des Trochanter minor glichen. Der Winkel der Drehung wurde als TMM-Antetorsionsdifferenz definiert und konnte an einer Skala in Winkelgraden abgelesen werden.
Alle drei Methoden wurden von drei Untersuchern je zweimal im Abstand von 2 Wochen angewendet. Dabei war der Untersucher C in der Methode TMM ungeübt.
In der Varianzanalyse zeigte sowohl der Faktor Methode als auch der Faktor Untersucher keine signifikanten systematischen Abweichungen der Antetorsionsdifferenzen (Signifikanz > 0,05). Der Faktor Knochenpaar zeigte allerdings eine signifikante zufällige Wechselwirkung mit dem Faktor Methode (Signifikanz < 0,05). Es ist demnach ein Unterschied zwischen den Methoden zu sehen, wobei die Richtung der Abweichung der Werte der TMM von Knochenpaar zu Knochenpaar aber unterschiedlich ist.
Aus diesem Ergebnis läßt sich die These ableiten, daß möglicherweise die anatomisch- physiologische Beschaffenheit der Oberschenkel einen entscheidenden Einfluß auf die gemessenen Werte hatte.
Der Vergleich der Varianz- Komponenten- Schätzungen zeigt, daß die Interobservervariabilität bei den CT- Methoden geringer ist als bei der TMM. Auch die Intraobservariabilität der etablierten Methoden ist kleiner.
Mit der TMM war es trotzdem möglich, für jedes Knochenpaar Antetorsionsdifferenzen zu ermitteln, die -innerhalb des klinisch relevanten Grenzwertes von 15°- den mit den CT- Methoden ermittelten Werten entsprachen.
Auch bei einem mit der Methode nicht vertrauten Untersucher ließen sich Ergebnisse innerhalb dieses Grenzwertes ermitteln.
Die Ergebnisse dieser experimentellen Studie zeigen, daß die TMM sich zur intraoperativen Minimierung der ATD eignet. Ihre Anwendbarkeit sollte in einer klinischen Studie überprüft werden. Des weiteren wäre eine Evaluation der Einflußnahme der anatomisch- physiologischen Beschaffenheit der Oberschenkel auf die Messungen empfehlenswert.
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