Zusammenfassung
Mutationen in den Genen für die Kaliumkanäle KCNQ2 und KCNQ3 führen zu einem vererbbaren epileptischen Syndrom mit der englischen Bezeichnung
benign familial neonatal convulsions (BFNC). Diese beiden spannungsabhängigen Kaliumkanäle kommen fast ausschließlich im ZNS vor und ihre
Expressionsmuster stimmen im Gehirn sehr stark überein. KCNQ2 und KCNQ3 bilden Heteromere mit neuen biophysikalischen Eigenschaften und vermitteln
wahrscheinlich den physiologisch sehr wichtigen M-Strom, der die neuronale Erregbarkeit moduliert.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Ursachen für den Anstieg des Stroms untersucht, den man bei Koexpression von KCNQ2 und KCNQ3 in Xenopus
Oozyten im Verglich zu den jeweiligen homomeren Kanälen beobachten kann. Dazu wurden die Einzelkanalleitfähigkeiten und Offenwahrscheinlichkeiten
(popen) von homomeren KCNQ2 und KCNQ3 und heteromeren KCNQ2/KCNQ3 Kanälen bestimmt. Die Einzelkanalleitfähigkeiten und popen von
homomeren KCNQ2 (i» 18pS, popen» 0,61) und heteromeren KCNQ2/KCNQ3 (i» 16pS, popen» 0,72) sind annähernd gleich. Die Einzelkanalleitfähigkeit
von KCNQ3 (i» 7,3) ist im Vergleich ungefähr nur halb so groß und die Offenwahrscheinlichkeit (popen» 0,42) etwas kleiner. Die Zunahme des Stroms bei
Koexpression der beiden KCNQ-Kanäle konnte somit nicht mit diesen Parametern erklärt werden.
Koexpression von KCNQ3 mit KCNQ2 erhöhte die Oberflächenexpression von KCNQ2 um einen Faktor von ungefähr fünf. Umgekehrt wurde die
Oberflächenexpression von KCNQ3 durch KCNQ2 um einen Faktor von ungefähr zehn stimuliert. Eine KCNQ2 Mutante, die den C-Terminus des Kanals
verkürzt, erreichte nicht die Zelloberfläche und konnte auch nicht die Oberflächenexpression von KCNQ3 erhöhen. Hingegen verhielten sich
Missense-Mutationen in der Porenregion und in der Transmembrandomäne S6 von KCNQ2 und KCNQ3 in ihrer Oberflächenexpression annähernd wie die
jeweiligen Wildtyp Kanäle.
Zusammenfassend kann also festgehalten werden, daß der Anstieg des Stroms bei Koexpression von KCNQ2 und KCNQ3 vorwiegend durch eine erhöhte
Anzahl aktiver Kanäle in der Plasmamembran verursacht wird. Die Interaktion und damit die Zielsteuerung der homo- und heteromeren Kanäle ist abhängig
von einem intakten C-Terminus.
ClC-5 kommt hauptsächlich in den endozytotischen Vesikeln des proximalen Tubulus der Niere vor, für deren effiziente Ansäuerung er maßgeblich
verantwortlich ist. ClC-5 defiziente Mäuse weisen eine stark verminderte Endozytose (sowohl rezeptorvermittelt als auch aus der Flüssigphase) in der apikalen
Region des proximalen Tubulus auf. Mutationen innerhalb des CLCN5 Gens sind die Ursache der Dent`schen Erkrankung, deren Hauptsymptome das
Ausscheiden von Proteinen niederen Molekulargewichtes mit dem Urin und die Bildung von Nierensteinen sind.
In der vorliegenden Arbeit wurde nach Endozytosemotiven innerhalb der Aminosäuresequenz von ClC-5 gesucht, um deren Einfluß auf die Zielsteuerung des
Proteins zu bestimmen. Dabei wurden zwei Internalisierungsmotive identifiziert, ein PY Motiv und ein YF Motiv. Das PY Motiv konnte mit verschiedenen
Methoden charakterisiert werden, für das YF Motiv steht eine derartige Analyse noch aus.
Mutationen innerhalb des PY Motivs erhöhten den ClC-5 vermittelten Strom und die Oberflächenexpression um einen Faktor von ungefähr zwei. Die Analyse
der Halbwertszeit des Wildtyps und des Kanals ohne funktionelles PY Motiv in der Plasmamembran zeigte, daß die Halbwertszeit der Mutante gegenüber dem
Wildtyp verlängert ist. Dieses Ergebnis deutete darauf hin, daß es sich bei dem PY Motiv um ein Signal handelt, daß die Degradation des Kanalproteins
vermittelt. Unterstützung findet diese Schlußfolgerung durch Koexpressionsexperimente mit WWP2 und nicht-funktionellen Konstrukten dieses Proteins.
Dominant-negative Mutanten des WWP2 Proteins erhöhen den ClC-5 vermittelten Strom zweifach, allerdings nur, solange das PY Motiv intakt ist. Da es sich
bei dem WWP2 Protein um eine Ubiquitin-Protein Ligase handelt, ist es wahrscheinlich, daß entweder ClC-5 oder ein drittes, noch unbekanntes Protein
ubiquitiniert wird. Zusätzlich konnte im Rahmen dieser Arbeit gezeigt werden, daß ClC-5 vermittelte Ströme abnehmen, wenn die Endozytose durch rab5 oder
rab5 Q79L in Xenopus Oozyten stimuliert wird. Umgekehrt nahmen diese Ströme bei Inhibition der Endozytose durch rab5 S34N zu. Die Zerstörung des PY
Motivs hatte zur Folge, daß die Ströme nicht mehr von der Endozytoserate beeinflußt werden konnten.
Zusammenfassend kann also festgehalten werden, daß sich ein Endozytosemotiv im C-Terminus von ClC-5 befindet, das die Degradation des Proteins
vermittelt bzw. beeinflußt.
Die vorliegenden Studien führen also zu einer Erweiterung unserer Kenntnisse über Zielsteuerung und Protein-Protein-Interaktionen von physiologisch sehr
wichtigen Mitgliedern der CLC- und der KCNQ-Ionenkanalfamilie. |