Zusammenfassung
Um die Bedeutung des Dynamin II, eines GTP-Bindungsprotein von 100 kD, für die Bildung von post-Golgi
Transportvesikeln zu untersuchen und den Beitrag einzelner Proteindomänen nachzuweisen, wurden die
Pleckstrin-Homologie Domäne (PHD), die Prolin-reiche Domäne (PRD) und der C-terminale Teil des Dynamin II
(PCP), bestehend aus der PHD, einer coiled-coil Domäne und der PRD, in E. coli exprimiert (Dong et al., 2000b).
Die Analyse von Fluoreszenz- und CD-Spektren der PHD weist auf einen hohen Gehalt an a-Helix (20%) und
b-Faltblatt-Struktur (52%) hin, was in Analogie zur PHD von Dynamin I auf die Ausbildung einer kompakten,
globulären Domäne hindeutet. Die PHD , die mit Membranlipiden interagiert und an Plasmamembran und
Golgizisternen bindet, trägt wesentlich zur Membranbindung des Dynamin II bei. Die entsprechenden Spektren
der PRD weisen nur auf einen geringen Anteil an Sekundärstruktur hin, so daß für die PRD eine ungefaltete
Konformation postuliert wird. Die PRD interagiert nur schwach mit Lipiden und Membranen, wobei die Bindung
aber signifikant durch die Zugabe von cytosolischen Proteinen gesteigert werden kann. Als mögliche
Bindungspartner konnten neben den bekannten SH3-Domänen-Proteinen, Amphiphysin und Syndapin, das Profilin I
identifiziert werden (Dong et al., 2000a). Um die Bedeutung der einzelnen Proteindomänen für die
Vesikelbiogenese zu bestimmen, wurden PHD bzw. PRD einem zellfreien Ansatz zugesetzt, der die Bildung
konstitutiver Vesikel am trans-Golgi-Netzwerk (TGN) gestattet. Während die PHD keinen Effekt zeigte, konnte die
Vesikelbildung durch die Zugabe der PRD um bis zu 45% gehemmt werden. Die Hemmung wird durch Zugabe der
SH3-Domäne von Amphiphysin II, die an die PRD bindet, aufgehoben. Die essentielle Rolle der PRD wird noch
dadurch unterstrichen, das ein gegen diese Domäne gerichteter Antikörper ebenfalls die Vesikelbiogenese hemmt.
Um diese Effekte in einem in vivo-System zu überprüfen, wurde die Kinetik der Sekretion von
Heparansulfat-Proteoglykanen in 293-Zell-Klonen untersucht, die Dynamin II Domänen unter Kontrolle des
tet-Repressor-Operator-Systems exprimieren. Zellen, die die PHD überexprimieren, zeigten besonders in der frühen
Phase der Sekretion eine Verringering um etwa 27%. Die Expression der PRD hemmte um 39% und die von PCP
um 58%. Die unterschiedliche Effiziens der Hemmung deutet darauf hin, daß nicht nur die PRD sondern auch die
PHD und die coiled-coil Domäne für die Funktion des Dynamin II notwendig sind. Um einen Einblick in den
Wirkmechanismus der PRD zu erlangen, wurde Proteine identifiziert, die an rekombinante PRD binden. Während
Amphiphysin II und Syndapin II direkt über ihre SH3-Domäne binden, werden die Adaptorproteinkomplexe AP1
(identifiziert über g-Adaptin), AP2 (identifiziert über a-Adaptin) und AP3 (identifiziert über P47A) wahrscheinlich
indirekt über Amphiphysin II gebunden. Zusätzlich wurde die Bindung des Endosomen-assoziierten Proteins (EEA1)
und des b-Tubulins registriert. Die Bindung der drei Adaptorproteinkomplexe ist ein Hinweis auf die Beteiligung
von Dynamin II an exocytischen und endocytischen Transportprozessen. In Übereinstimmung damit wird Dynamin II
in HeLa-Zellen sowohl am Golgi, wie auch an der Plasmamembran und an cytoplasmatischen Strukturen, vermutlich
an Vesikeln, nachgewiesen. Durch Immunfluoreszenzmikroskopie konnte gezeigt werden, daß Dynamin II mit
g-Adaptin, a-Adaptin bzw. P47A kolokalisiert. PHD und PRD beeinflussen die Spezifität der Bindung offenbar
unterschiedlich: das Fusionsprotein aus EGFP und PHD konnte am Golgi und an der Plasmamembran lokalisiert
werden, während EGFP-PRD vor allem im perinukleären Bereich der HeLa-Zelle, vor allem am Golgiapparat,
nachgewiesen wurde. Die Hemmung der Vesikelbildung durch PRD und PCP könnte auf eine Kompetition
zwischen den Domänen und dem endogenen Dynamin II um Bindungsproteine zurückgeführt werden, was sich durch
eine Ablösung von Membran-gebundenem Dynamin II nachweisen läßt. Darüberhinaus wird die Bildung von
Dynamin-Oligomeren durch die Überexpression von PRD oder PCP gehemmt. Dabei scheint die coiled-coil
Domäne des PCP-Konstrukts von besonderer bedeutung zu sein (Sever et al., 1999), da EGFP-PCP nicht aber
EGFP-PRD an der Membran von Vakuolen in 293-Zellen akkumuliert, was offenbar durch eine verstärkte Bildung
von Oligomeren und eine Erhöhung der Membranaffinität induziert wird. Die mit verschiedenen Methoden
erhaltenen Resultate weisen klar nach, daß Dynamin II nicht nur, wie bekannt, an der Endocytose beteiligt ist,
sondern daß es auch für die Bildung exocytotischer Transportvesikel am TGN benötigt wird. Die Funktionen des
Dynamin II werden dabei spezifisch durch die verschiedenen Proteindomänen gesteuert: die PHD vermittelt die
Membranbindung, während die PRD Wechselwirkungen zu Proteinen mit SH3-Domänen oder zu
Polyprolin-bindenden Proteinen herstellt, während die coiled-coil-Domäne die Oligomerisierung des Dynamin II
unterstützt. |