Zusammenfassung
ClC-7
ist ein Chloridkanalprotein von bisher unbekannter Funktion. Zwei alternative
Gentargeting-Strategien für die Ausschaltung von ClC-7 wurden angewandt,
die zu den Linien C7A und C7B führten. In Knockout-Tieren von Linie
C7A war kein ClC-7-Protein mehr nachweisbar. Durch Targeting-Vektor C7B
hingegen wurde das LacZ-Gen von E.Coli als Reportergen im
Leserahmen in Exon 7 des Gens Clcn7 eingefügt. Auf diese Weise
wurde unter Kontrolle des Promoters von Clcn7 ein Fusionsprotein
gebildet, das aus einem N-terminalen Fragment von ClC-7 und der vom LacZ-Gen
kodierten b-Galaktosidase
bestand. Die enzymatische Aktivität der b-Galaktosidase
konnte für die Untersuchung der Gewebeverteilung von ClC-7 im Embryo
eingesetzt werden. Es ergab sich ein breites Verteilungsmuster mit besonders
hoher Expression in Osteoklasten, Dorsalganglien, Trigeminalganglion, Rückenmark,
Gehirn und Auge. Diese Befunde wurden durch eine in situ Hybridisierung
an Embryonenschnitten bestätigt.
Der Phänotyp der Clcn7-/--Tiere
beider Linien unterschied sich nicht. Die Heterozygotie führte zu
keinerlei pathologischen Veränderungen gegenüber dem Wildtyp.
Der Anteil von Knockout-Tieren aus Verpaarungen zweier heterozygoter Tiere
war auf 15% reduziert, was für eine erhöhten postnatale Sterblichkeit
sprach. Die überlebenden Knockout-Mäuse blieben ab dem Ende der
ersten Lebenswoche im Wachstum zurück, und zeigten verkürzte,
röntgenologisch abnorm dichte Röhrenknochen. Der Zahndurchbruch
blieb aus. In der Histologie des Knochengewebes zeigten sich Charakteristika
einer Marmorknochenkrankheit (Osteopetrose). Eine trotz vorhandener Osteoklasten
entstehende Akkumulation von Knochenmaterial wies darauf hin, dass diese
Zellen Knochen nicht resorbieren konnten. Aufgrund des Verschlusses der
Markhöhle der Knochen entstand eine extramedulläre Blutbildung,
die eine bei Clcn7-/--Mäusen auftretende Anämie
und Milzvergrößerung erlärte. Die Lebenserwartung der Knockout-Tiere
lag bei maximal 45 Tagen. Gleichzeitig trat eine massive Neurodegeneration
auf, die in der Retina zu einem Verlust der Photorezeptoren und im Gehirn
zu einer fortschreitenden Astrogliose führte. Beide degenerativen
Prozesse scheinen nicht sekundäre Folge der Osteopetrose zu sein.
Im Gegensatz zu den von der Degeneration betroffenen retinalen Zellen konnte
in Neuronen des Gehirns die intrazelluläre Ablagerung eines Lipofuszin-artigen
Speichermaterials nachgewiesen werden.
Die Analyse der subzellulären Lokalisation
in den weitgehend normal differenzierten Osteoklasten ergab, dass sich
ClC-7 in der Ruffled Border Membran dieser Zellen befand. Diese stark gefaltete
Membran ist für die Säuresekretion verantwortlich, die für
die resorptive Aktivität der Osteoklasten Voraussetzung ist. Die Analyse
kultivierter Osteoklasten zeigte, dass Clcn7-/-- Zellen
nicht in der Lage waren, die extrazelluläre Resorptionslakune anzusäuern.
Im proximalen Tubulus der Niere wurde darüber hinaus durch Kolokalisation
mit intrazellulären Markern und endozytiertem, fluoreszenzmarkierten
Protein eine subzelluläre Lokalisation von ClC-7 in späten Endosomen
und Lysosomen festgestellt.
Da der Phänotyp der Clcn7-/--Tiere
dem Bild der menschlichen infantilen malignen Osteopetrose sehr ähnelte,
wurde das Gen CLCN7 in 12 Fällen dieser Erkrankung auf Mutationen
durchsucht. Ein Patient war compound-heterozygot für eine Missense-Mutation
und eine Stopmutation. In Proteinlysaten von kultivierten Fibroblasten
des Patienten war ClC-7 nicht detektierbar. Nach den bisherigen Erkenntnissen
handelt es sich bei ClC-7 um ein in späten Endosomen, Lysosomen und
in der Ruffled Border Membran befindliches Chloridkanalprotein. Wahrscheinlich
ist ClC-7 für den Transport von Cl- entlang des durch die
H+-ATPase erzeugten Protonengradienten verantwortlich, was die
elektroneutrale Ansäuerung der betreffenden Kompartimente ermöglicht.
Ohne intakte Ansäuerung verlieren einerseits die Osteoklasten ihre
Resorptionsfähigkeit, andererseits kommt es vermutlich aufgrund eines
defekten lysosomalen Abbaus zu intrazellulären Ablagerungen und zur
Schädigung von neuronalen Zellen in Retina und Gehirn.
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