In der vorliegenden Arbeit wurde die Wechselwirkung von Wasserstoff mit
einer Pd(210)- und Ni(210)-Oberfläche mit Hilfe von Thermodesorptionsspektren
(TDS), Messungen der Austrittsarbeitsänderung (DF), Photoemissionsspektren (UPS), Elektronenenergieverlustspektren
(HREELS) und H2/D2-Isotopenaustausch-Messungen
untersucht.
Das H2-Adsorptionsverhalten stimmt für beide Oberflächen stark
überein:
Bei Temperaturen größer als 100K adsorbiert Wasserstoff spontan dissoziativ
und bildet unter Erhöhung der Austrittsarbeit drei atomare Bindungszustände.
Wird die Adsorptionstemperatur auf 50K reduziert, adsorbiert der Wasserstoff
zusätzlich molekular in zwei Chemisorptionszustände. Dabei wird die
Austrittsarbeit vermindert. Die molekulare Natur dieser Zustände wurde mit
Hilfe von H2/D2-Austauschexperimenten, durch die
Beobachtung einer H-H-Schwingungsbande im HREELS und der Detektion von s-H2/Pd- bzw. s*-H2/Pd-Bindungszuständen im UPS
belegt. Neben den relativ hohen Desorptionstemperaturen weist auch die
energetische Lage der Signale in den HREEL- und UP-Spektren eine chemisorptive
Wechselwirkung nach. Die in den UP-Spektren beobachtete H2-induzierte
Änderung der d-Bandstruktur kann mit einem Bindungsmodell entsprechend dem s-Hin/p-Rückbindungs-Synergismus
nach Dewar-Chatt-Duncanson bzw. Blyholder erklärt werden.
Die Beobachtung von chemisorbierten H2-Molekülen auf einer
Übergangsoberfläche ist ungewöhnlich. Nach dem Harris-Andersson-Modell sollte
auf Übergangsmetallen die Dissoziation spontan erfolgen, auf Edelmetallen
hingegen inhibiert sein. Hier können bei Temperaturen kleiner als 10K molekular
physisorbierter Wasserstoff stabilisiert werden. Das heißt, es besteht nur eine
schwache Van-der-Waals-Wechselwirkung zwischen Molekül und Oberfläche. Das einzige
weitere Beispiel von molekular chemisorbiertem Wasserstoff auf einer
Übergangsmetalloberfläche ist das von A.-S. Mårtensson untersuchte H2/Ni(510)-System.
Ist diese gestuften Ni(110)-Oberfläche mit atomarem Wasserstoff gesättigt,
adsorbiert weiterer Wasserstoff molekular an den Stufen. Aus HREELS-Daten
ergibt sich eine on top Adsorption.
Wir machen ähnliche Beobachtungen: Während die atomare Adsorption auf der
Pd(210)- bzw. Ni(210)-Oberfläche in hochkoordinierte Plätze erfolgt, adsorbiert
das Molekül on top auf Substratatomen der ersten Lage. DF- und TD-Experimente deuten darauf hin, daß zur
Stabilisierung der molekularen Zustände eine partielle atomare Vorbelegung der
Oberfläche notwendig ist. Mit Hilfe des in einer Kooperation mit einer
Theoretischen Gruppe (A. Groß an der TU München) entwickelten
Adsorptionsmodells wird den verschiedenen molekularen Desorptionssignalen
derselbe Adsorptionsplatz bei unterschiedlicher atomarer Vorbedeckung
zugeordnet. Der molekulare Adsorptionsplatz on top an den gering
koordinierten Substratatomen der ersten Lage ist gleichzeitig der
Dissoziationsplatz. Ändert sich aufgrund der benachbarten atomaren Adsorption
von Wasserstoff die d-Bandstruktur und damit die Reaktivität dieser
ausgezeichneten Substratatome, wird der dort gebildete molekulare
Vorläufer-Zustand stabilisiert.
Die in dieser Arbeit vorgestellten Systeme unterscheiden sich im Hinblick
auf die Besetzung des Subsurface-Zustandes. Für die Pd(210)-Oberfläche
wird eine Absorption von Wasserstoff in oberflächennahe Zwischengitterplätze
beobachtet, für die H2/Ni(210)-Oberfläche nicht. Dabei ist mit
Besetzung des Subsurface-Zustandes keine Änderung der Austrittsarbeit
oder die Detektion eines Schwingungsverlustes im HREELS verbunden. In den
TD-Spektren wird der Absorption ein schmales Niedertemperatur-Signal
zugeordnet. Diese Beobachtung wird mit Hilfe des von Okuyama entwickelten
Stamping-Modells diskutiert.
Eine H-Absorption wurde bereits für andere offene Pd-Oberflächen ( (110)
und (310) ) beobachtet und gilt als besondere Elementeigenschaft von Palladium.
Im Unterschied zu den Pd(110)- und Pd(310)-Oberflächen ist zur Absorption in
den Pd(210)-Kristall keine Rekonstruktion nötig. Dies und die Beobachtung der
Abhängigkeit der Absorptionsgeschwindigkeit von der Probenpräparation ist Anlaß
dafür die Existenz eines zur Absorption notwendigen Strukturensembles auf der
nicht-rekonstruierten Pd(210)-Oberfläche zu diskutieren. Als solches wird der
vierfachkoordinierte Muldenplatz und sein benachbarter dreifachkoordinierter
(111)-Mikrofacettenplatz identifiziert.
Daneben wurde auch die H/CO-Koadsorption auf der
Pd(210)-Oberfläche untersucht. Wenn Wasserstoff präadsorbiert und anschließend
CO dosiert wird, beobachten wir eine H/CO-Komplexbildung. Dies wird durch die
Detektion eines sogenannten S-Signals
im H2-TD-Spektrum und eines nH-O-Schwingungsverlustes
im HREELS belegt. Im Gegensatz zu anderen Koadsorptionssystemen desorbiert der S-Wasserstoff nicht bei den niedrigeren
Temperaturen des Desorptionsbereiches, sondern simultan mit dem Stabilsten der
CO-Zustände. Dies deutet auf eine ungewöhnlich stabile Komplex-Bildung hin.