Zusammenfassung
Unsere Arbeit soll einen Beitrag zur Klärung der Frage leisten, ob der Verlust des Tumorsuppressorgens PTEN beim Prostatakarzinom nachgewiesen werden kann und ob ein Zusammenhang zwischen der Entstehung des Prostatakarzinoms und dem betreffenden Gen besteht.
Zur Klärung der oben genannten Fragestellung wurde aus archiviertem Material von Prostatakarzinom-Patienten durch Mikrodissektion Tumorgewebe von Normalgewebe getrennt und genomische DNA isoliert. Die Bestimmung von LOH in den Tumorgeweben wurde durch Amplifikation von fünf spezifischen Mikrosatelliten-Loci und anschließender GeneScan-Analyse vorgenommen. Der Nachweis von Verlust von Heterozygotie (LOH) dient der Darstellung des zweiten Ereignisses, d.h. den Verlust eines Allels des Tumorsuppressorgens. LOH trat bei 14 von 40 Patienten auf (35%). Bei sechs von 14 Tumorgeweben waren diese Deletionen sogar intragen (Marker D10S2491) nachweisbar.
Hinsichtlich ein von uns vorgenommener Vergleich der histopathologischen Klassifizierung mit dem Auftreten von Verlust der Heterozygotie zeigte sich in unserer Arbeit keine signifikante Erhöhung von LOH bei Tumorgeweben mit Lymphknotenmetastasen. Ein Zusammenhang zwischen dem Vorkommen von LOH und dem Differenzierungsgrad des Tumorgewebes konnte ebenfalls nicht detektiert werden.
In der vorliegenden Arbeit wurden alle 14 Tumorgewebe, bei denen LOH auftrat (unabhängig davon, ob LOH intra- oder extragenisch lag), sequenziert.
Von 14 Patienten, die LOH aufwiesen, konnten bei vier Patienten Punktmutationen detektiert werden.
Bei zwei dieser Patienten (104 und 099) führten die Mutationen zu einem Austausch der Aminosäuresequenz, in den beiden anderen Fällen (068 und 117) resultierten die Mutationen in den Einbau eines Stop-Codons.
In drei weiteren Fällen (167, 068, 104) wurden drei identische exonnahe Mutationen in Introns nachgewiesen, die möglicherweise ein verändertes "Splicing" (Umwandlung eines primären RNA-Transkripts durch Herausschneiden von Introns und Zusammenfügen von Exons) zur Folge haben können.
Bei zwei Tumorproben (007 und 117) fand eine Substitution statt, doch kodierte die mutierte Nucleotid-Sequenz für die gleiche Aminosäure. Die Aminosäuresequenz blieb unverändert.
Angaben im Vergleich mit anderen wissenschaftlichen Studien veranschaulichen, daß das Vorkommen von LOH bei primären Prostatatumoren nur bei 11-55% (intragenisch auftretenden LOH 15%-28%) und das Auftreten von Mutationen bei sequenzierten Tumorgeweben mit LOH bei 0-29% (bei Tumorgeweben mit intragenisch auftretenden LOH 7%-24%) lag.
Diese Ergebnisse legen die Vermutung nahe, daß (mutationsbedingte) Inaktivierungen des PTEN nur ein Teilaspekt im Rahmen eines komplexeren Prozesses darstellen, der für die Entstehung von Prostatakarzinomen verantwortlich ist.
Die Tatsache, daß Mutationen von PTEN auch in einer Vielzahl anderer Tumoren nachgewiesen werden konnten (der andere Name von PTEN = MMAC1/mutated in multiple advanced cancers 1 deutet in die Richtung) läßt jedoch Spekulationen über eine "Mitbeteiligung" des PTEN in der Tumorigenese des Prostatakarzinoms zu.
Für eine objektive Einschätzung der Rolle von PTEN bei der Entstehung von primären Prostatakarzinomen ist eine größere Anzahl von untersuchten Patienten notwendig. |