Zusammenfassung
Xenon-Adsorption
Xenon adsorbiert auf Ru(10-10) bei 30 K im Monolagenbereich in 3 verschiedenen Ordnungsphasen. Als erste Phase entsteht eine (3x1)-Phase mit ΘXe/Ru=0.33, dann eine (2x5)-Phase mit ΘXe/Ru=0.5 und anschließend bis ΘXe/Ru=0.65 (=1 ML) eine uniaxial kommensurable Phase. Wie auf Ni(110) nehmen die Xe-Atome dabei den geringsten nächsten Nachbar-Abstand von 4.16 Å ein, der bei Oberflächenadsorption von Xenon bisher gefunden wurde. Im Gegensatz zu bisher veröffentlichten Multilagen-Daten anderer Xe-Systeme, die eine fcc(111)-Oberfläche des Xe-Kristalls zeigen, ist die Multilagenadsorption von Xe auf Ru(10-10) mindestens bis zur 5. Lage durch ein fcc(100)-Wachstum gekennzeichnet.
Die Austrittsarbeitsänderung von 1.3 eV für die Monolage, die verglichen mit Xe-Monolagen auf anderen Oberflächen keine besonders hohe Dichte besitzt, ist ausgesprochen hoch. Es konnten allerdings keine direkten Hinweise auf chemische Beiträge zur Wechselwirkung mit dem Substrat gefunden werden. Eine Separation der gesamten Wechselwirkung in einen vertikalen Anteil zwischen Substrat und Adsorbat und in einen lateralen Anteil zwischen den Adteilchen ist nicht möglich.
Die elektronische Bandstruktur der Monolage Xe/Ru(10-10) zeigt zweidimensionalen Charakter. Diese Aussage konnte nicht allein aufgrund der LEED-Phasen und der davon abgeleiteten geometrischen Struktur getroffen werden. Obwohl die einzelnen Xe-Atome innerhalb der Xe-Ketten stark komprimiert sind, sind die Xe-Ketten in der Monolage weiter separiert als bei früher untersuchten, unrekonstruierten Oberflächen mit kleinerer Gitterkonstante. Deshalb ist die Bandbreite der lateral wechselwirkenden Xe5p-Zustände vergleichsweise gering.
Als Ausblick auf weiterführende Untersuchungen zur Dimensionalität der Xe-Adsorption könnte die stark anisotrope (10-10)-Oberfläche des Rheniums dienen, die mit 4.46 Å eine noch größere c-Achse als Ru(10-10) besitzt, so daß die Überlappung der 5p-Level noch geringer ausfällt. Dieses System könnte einen weiteren Zwischenpunkt zwischen der eindimensionalen Bandstruktur von Xe/Pt(110) und der zweidimensionalen Bandstruktur von Xe/Ru(10-10) und anderen Systemen liefern. Andererseits liegt in Form der hier dokumentierten (3x1)-Phase bereits ein ideales 1D-System vor, welches allerdings einen Xe-Xe-Abstand von 4.282 Å in [0001]-Richtung und 8.118 Å in [1-210]-Richtung exakt vorgibt, der nicht durch die Kristalltemperatur oder den Bedeckungsgrad getunt werden kann.
Sauerstoff-Adsorption
Die Sauerstoffadsorption auf Ru(10-10) bei tiefen Temperaturen und anschließendem Tempern auf 600 K brachte eine bisher unbekannte c(2x8)-Phase zutage, die entweder auf den Einfluß von - bei der Adsorption dissoziierten - subsurface-Sauerstoff oder auf beginnende Oxidbildung zurückzuführen ist. Aufgrund der technischen Schwierigkeit, einerseits atomaren Sauerstoff bei hohen Temperaturen mit hohen Raten zu desorbieren und andererseits tiefe Temperaturen bei den gegebenen apparativen Voraussetzungen mit ausreichender Genauigkeit zu messen, konnte hierfür allerdings bisher kein experimenteller Beweis erbracht werden. Noch höhere Sauerstoffkonzentrationen als bei der c(2x8)-Phase führen zu verstreiften (2xn)-Phasen, die von anderen Übergangsmetalloberflächen her als oxidische Phasen bekannt sind.
Sauerstoffangebot bei Temperaturen über 850 K führte zu einer (2x1)pg-Phase, die wie die bei 300 K präparierte (2x1)pg2O-Phase eine Gleitspiegelebene aufweist und im Gegensatz zu dieser bis 1000 K stabil ist. Beim Abkühlen unter 250 K wandelt sich diese Phase reversibel in eine bereits bekannte p(2x1)-Phase um.
Molekularer physisorbierter Sauerstoff konnte auf der Ru(10-10)-Oberfläche wie auf vielen anderen Übergangsmetalloberflächen erst nach Passivierung der Oberfläche mit atomarem Sauerstoff beobachtet werden. Es wurden keine molekular chemisorbierten Sauerstoffspezies gefunden. Während die IPE-Daten an den bekannten, bei 300 K präparierten Sauerstoffphasen keine signifikanten Änderungen zur reinen Oberfläche aufweisen, ändert sich die Situation bei 30 K. Mit IPE wurde das erste, unbesetzte ?-Orbital des molekular physisorbierten Sauerstoffs nachgewiesen. Polarisationsabhängige Messungen am Synchrotron zeigten, daß die Molekülachse in [1-210]-Richtung des Substrats orientiert ist.
Mit LEED wurde eine Ordnungsphase des molekularen Sauerstoff beobachtet, die eine exakt hexagonale Anordnung zeigt und einen O2-O2-Abstand von 2.8 Å aufweist. Diese Phase wird durch elektroneninduzierte Dissoziation und elektronenstimulierte Desorption innerhalb weniger Sekunden zerstört und führt zu einer Unordnung der Sauerstoffmoleküle im Monolagenbereich. Auch minutenlange UV-Bestrahlung führte zur Abnahme der Signalintensitäten in den Photoemissionsspektren.
Da eine zerstörungsfreie Untersuchung der molekular physisorbierten und kondensierten Sauerstoffschichten unter Verwendung von UV-Strahlung oder bei Elektronenbeschuß nicht möglich ist, ist ein nächster Schritt bei der Untersuchung des O2/O/Ru(10-10)-Systems möglicherweise die zeitaufgelöste EELS-Spektrometrie vom Zerfall des O2-Moleküls und der Entwicklung der Zustände des atomaren Sauerstoffs. |