Zusammenfassung
Auf der Grundlage von Fachzeitschriften untersucht die Dissertation die "frühe akademische" Soziologie in Deutschland und den USA im Zeitraum von 1900-1933. Primär orientiert sich die Arbeit an der Erfassung der Bedingungen und Strukturen, die eine internationale Wissenschaftsrezeption innerhalb der Herausbildung der Soziologie als Wissenschaft fördern bzw. hemmen und dadurch Elemente der Konstruktion des wissenschaftlichen Objekts bilden. Durch eine Verknüpfung historischer Fakten, struktureller Konstellationen und ideengeschichtlicher Aspekte sowohl der deutschen wie auch der amerikanischen Universität und Soziologie mit Tendenzen des ausgewerteten Zeitschriftenmaterials werden Phasen von intensiver und schwacher internationaler Rezeption erklärt. Des weiteren wird ausgeführt, wie die Interessen der Soziologie soziohistorisch in die konkreten gesellschaftlichen Probleme und Kontexte eingebunden sind und damit die Soziologie zwischen den Polen theoretische Konstitution/ soziale Konstellationen flottiert, die mit den konkreten sozialen Problemkontexten der jeweiligen gesellschaftlichen Zusammenhänge verbunden sind. Dabei werden detailliert die unterschiedlichen gesellschaftlichen Ausgangsbedingungen als integrales Moment der Entwicklungsmodi der Soziologie als Wissenschaft herausgearbeitet.
Die Beachtung, Diskussion und Reproduktion von soziologischen Autoren und Gegenständen aus fremden nationalen Räumen als quasi andere"Soziologien" - so die zentrale These - unterliegt der Logik spezifischer "Konditionen und Strukturen" der jeweiligen national begrenzten sozialen Räume (Modi der Besetzung gesellschaftlicher Problemzusammenhänge durch die Soziologie, Universität, soziologische Disziplin), die das Fach Soziologie in Hinblick auf ihre Eigen- und Fremddefinition konstituieren und nicht einer "Tendenz der Internationalisierung von Wissenschaft" vorrangig verpflichtet sind. Die Position der Soziologie zwischen sozialen Fragestellungen und internationalem wissenschaftlichen Austausch wird für eine Konstitution der Wissenschaft als schwieriger und konfliktbeladener Problemhorizont thematisiert, der noch heute die vielleicht notwendigen Diskurse behindert oder in Extremfällen verhindert.
Um die Entwicklung der Soziologie zu entfalten, wird nicht der Weg über Positionen wichtiger Theoretiker diesen Konstitutionsprozeß der Soziologie herauszustellen verfolgt, sondern über Fachzeitschriften eine sich als "legitim" entfaltende Diskursivität, die in ihren Spezialisierungen und Fragmentarisierungen die Objekte des soziologischen Gegenstandes definierten. Dabei werden die symbolischen Machtverhältnisse, innerhalb derer sich die Definitionsmacht der Zeitschriften als Multiplikator soziologischen Gedankenguts und soziologischer Fragestellungen fundamentiert, berücksichtigt. |