Maßeinheiten,
Verfahren, Formeln – in der Wissenschaft wird vieles mit dem Namen
des Urhebers versehen. Es gibt wohl kaum einen wissenschaftlichen Namensgeber,
der sich häufiger findet als Carl Friedrich Gauß. Die Beispiele
reichen von der „Gauß'schen Normalverteilung“ bis
zur „Gauß'schen Krümmung“. Gauß gehört
zu den weltweit wichtigsten Mathematikern, hat aber wie Archimedes,
Newton und Galilei auch in anderen Disziplinen Bahnbrechendes geleistet.
Seinen ersten mathematischen Beweis lieferte er als 19-jähriger:
Die Konstruierbarkeit des regulären 17-Ecks. Diese erste neue geometrische
Konstruktion seit dem Altertum findet sich mit der Zahlentheorie in
seinem Frühwerk. In dieser Zeit entwickelte Carl Friedrich Gauß
auch die „Methode der kleinsten Quadrate“. Damit besaß
er u.a. die Basis, sich mit Erfolg an einem weltweiten wissenschaftlichen
Wettbewerb zu beteiligen. Überall bemühten sich die Astronomen
1801, durch Berechnung der Umlaufbahn den verlorengegangenen Kleinplaneten
Ceres zu orten. Gauß war es, dem es gelang, die Umlaufbahn korrekt
zu berechnen. Tatsächlich konnte der Asteroid am Himmel wieder
ausgemacht werden. Damit erlangte Gauß im Alter von 24 Jahren
schlagartig internationale
Berühmtheit.
Schon früh erkannte er: „Man darf nicht das, was uns unwahrscheinlich
und unnatürlich erscheint, mit dem verwechseln, was absolut unmöglich
ist.“ Seine Erkenntnisse in der reinen und praxisorientierten
Mathematik haben zahlreiche Errungenschaften in Technik und Naturwissenschaft
erst möglich gemacht. Moderne Computerprogramme wären ohne
seine Arbeiten nicht denkbar, ebenso die Berechnung der Umlaufbahnen
von Himmelskörpern – heute für Satelliten- und Weltraumtechnik
unverzichtbar. Gauß’ Optimierung optischer Systeme, wie
die Fernrohre für seine astronomischen Beobachtungen, legte die
Grundlage für die Entwicklung der Fotoobjektive, und nicht zuletzt
fußt Einsteins Relativitätstheorie auf Gauß'schen Erkenntnissen
in der Geometrie. Auch in der Geodäsie, der Wissenschaft von der
Bestimmung der Form und Größe der Erde, leitete Gauß
eine neue Epoche ein. Bisher beruhten Karten auf Entfernungsschätzungen.
1820 wurde Gauß von Georg IV. mit der Gradmessung für Hannover
beauftragt. Fünf Jahre war er zumeist auf Reisen, um das ganze
Land mit einem grobmaschigen Dreiecksnetz von Göttingen (Nullpunkt
in der Sternwarte) ausgehend zu überziehen. Mit seinen Arbeiten
begann das Zeitalter der klassischen Kartographie.
Es schloss sich
eine Periode physikalischer Arbeiten an. Zusammen mit Wilhelm Weber
erfand Gauß 1833 den elektromagnetischen Telegraphen und begann
seine bedeutenden Forschungen zum Erdmagnetismus. Im Garten der Sternwarte
wurde ein erdmagnetisches Observatorium – ein eisenfreies Gebäude
– errichtet. Gauß erfand ein Meßgerät für
kleine Magnetfelder und stellte das nach ihm benannte System elektrischer
und magnetischer Einheiten auf.
Die Sternwarte wurde nun
Zentrum internationaler Forschung. Mit weltweit 53 erdmagnetischen Observatorien
wurden an festen Terminen 24 Stunden lang alle 5 Minuten nach Göttinger
Zeit Messungen vorgenommen, um zeitliche Schwankungen des Magnetfeldes
genau zu verfolgen.
1851, vier Jahre
vor seinem Tode, legte Gauß ein letztes Mal Grundlagen, diesmal
in der Versicherungsmathematik. Mit seinem Gutachten für die Witwenkasse
der Universität führte er erstmalig eine Berechnung von Rentenversicherungsbeiträgen
auf der Grundlage von Mortalitätsraten und Wahrscheinlichkeitsrechnung
ein.