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Einleitung

Konferenzen

Vortragsreihen

Stipendienprogramme

Veröffentlichungsreihen und weitere Aktivitäten




Das Deutsche Historische Institut (DHI) in Washington, D.C. wurde im Jahre 1987 gegründet. Seither ist das Institut durch seine zahlreichen Veranstaltungen und Publikationen ein einflußreiches Mitglied der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft geworden. Es hat besonders in der Förderung der wissenschaftlichen Beziehungen zwischen deutschen und amerikanischen Historikern eine führende Rolle übernommen. Seit seiner Gründung hat das DHI mit über 1,500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Europa und Nordamerika zusammengearbeitet, mit vielen von ihnen sogar mehrfach.

Aus Anlaß seines zehnjährigen Jubiläums im Jahre 1997 erscheint es angemessen, auf die Aktivitäten und Leistungen des Instituts zurückzublicken und sie im einzelnen zu dokumentieren. Wir haben diesen Bericht für die interessierte Öffentlichkeit erstellt, für unsere zahlreichen Freunde und Förderer innerhalb und außerhalb der akademischen Welt, besonders für alle Wissenschaftler auf beiden Seiten des Atlantiks, mit denen wir zusammengearbeitet haben. Im folgenden möchte ich eine allgemeine Einführung in die Tätigkeit des DHI geben, die geistigen Grundlagen und Schwerpunkte seiner bisherigen Arbeit darstellen und seine wichtigsten Programme vorstellen.

Das DHI ist Teil einer Tradition deutscher geisteswissenschaftlicher Forschungseinrichtungen im Ausland. Dazu gehören das 1829 gegründete Deutsche Archäologische Institut mit seinen Zweigstellen in Athen, Rom und anderen Städten, das Kunstgeschichtliche Institut in Florenz (1897), die Bibliotheca Hertziana in Rom (1913), das Orient-Institut in Beirut (1961), das Deutsche Institut für Japan-Studien in Tokio (1988) und die Deutschen Historischen Institute in Rom (1888), Paris (1958), London (1976) und Warschau (1992).

Mehrere Motive haben zur Gründung des DHI in Washington, D.C. beigetragen: der positive Einfluß der Historischen Institute in Europa auf die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit, die Internationalisierung der Geschichtswissenschaft in Deutschland, die seit dem Zweiten Weltkrieg stark gewachsene Bedeutung der Geschichtswissenschaft in den Vereinigten Staaten und schließlich die besondere Rolle Washingtons, einer Stadt, die dank der Library of Congress, der National Archives sowie zahlreicher anderer Bibliotheken, Archive, "Denkfabriken" und Universitäten stets ein Anziehungspunkt für Wissenschaftler gewesen ist. Darüber hinaus brachte die Gründung des DHI die Überzeugung aller deutschen Regierungen seit 1949 zum Ausdruck, daß die wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika im nationalen Interesse Deutschlands liegt.

Das Institut wird von der Bundesregierung, letztlich vom deutschen Steuerzahler, finanziert, ist jedoch in seinen wissenschaftlichen Aktivitäten vollkommen unabhängig. Es ist verantwortlich gegenüber einem aus Deutschen und Amerikanern zusammengesetzten wissenschaftlichen Beirat und einem deutschen Stiftungsrat. Im Jahre 1993 hat das Bundesministerium für Forschung und Technologie die Stiftung Deutsche Historische Institute im Ausland ins Leben gerufen, die die Institute in London, Warschau und Washington unter einem rechtlich-organisatorischen Dach zusammenfaßte.

Die vornehmste Aufgabe des DHI besteht in der Förderung der Forschung in den historischen Wissenschaften. Gemäß seiner Satzung sind seine Angehörigen dazu verpflichtet, sowohl eigene Forschung zu betreiben als auch die Zusammenarbeit zwischen Historikern zu fördern, die in Deutschland oder den Vereinigten Staaten leben und arbeiten. Es möchte auf diese Weise auch zu einem besseren gegenseitigen Verständnis beider Länder beitragen. Während des vergangenen Jahrzehnts hat das Institut seine Energien vor allem auf drei zentrale Gebiete gerichtet:

  1. Forschungen zu den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Interaktionen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland seit dem achtzehnten Jahrhundert.
  2. Vergleichende Forschungen zu den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklungen in den Vereinigten Staaten und Deutschland in der Moderne.
  3. Forschungen zu Einzelthemen der deutschen und amerikanischen Geschichte.

Die Arbeit des Instituts auf diesen drei Gebieten vollzieht sich in vielfältigen Formen: Unterstützung für die Forschungsprojekte (Dissertationen, Habilitationen) der wissenschaftlichen Mitarbeiter, die jeweils für eine Zeit von drei bis fünf Jahren am Institut bleiben; die Förderung von Forschungsprojekten in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen; die Publikation wissenschaftlicher Monographien und Konferenzbände; die Ausrichtung von Veranstaltungen wie Konferenzen, Workshops und Vorlesungsreihen; und die Vergabe verschiedener Kurzzeitstipendien.

Von Anfang an hat das DHI seine Aufgabe darin gesehen, mit Historikern möglichst vieler Fachrichtungen Kontakte zu knüpfen und gleichzeitig seine begrenzten Ressourcen auf ausgewählte Forschungsbereiche zu konzentrieren. Die Herausforderung hat stets darin bestanden, ein Programm zur Förderung der historischen Forschung zu unterschiedlichen Zeitaltern und mit unterschiedlichen systematischen Zugangsweisen zu entwerfen, ohne die Mittel nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen. Wir sind überzeugt, daß das DHI bislang erfolgreich einen pragmatischen Ausgleich zwischen den Zielen der Vielfalt und der gezielten Vergabe seiner beschränkten Ressourcen gefunden hat.

Wissenschaftliche Vielfalt ist für das DHI von besonderer Bedeutung. Die Vereinigten Staaten sind ein Land von kontinentalen Ausmaßen, und das vom DHI Washington abzudeckende geographische Gebiet ist größer als das aller anderen Deutschen Historischen Institute zusammen. In den Vereinigten Staaten arbeiten und lehren mehr Historiker als in jedem anderen Land, die zu allen historischen Epochen, zu jedem erdenklichen Thema und zu jeder Weltregion forschen. Außer in der Bundesrepublik selbst beschäftigen sich in den Vereinigten Staaten mehr Historiker mit deutscher Geschichte als irgendwo sonst. Darüber hinaus wird in den USA die Forschung zu den vielen historischen Spezialgebieten von lebhaften, teilweise leidenschaftlichen, theoretischen und methodologischen Debatten begleitet.

Die Aktivitäten des DHI in seinen ersten zehn Jahren waren zahlreich und vielfältig. Während dieser Dekade haben die Direktoren und wissenschaftlichen Mitarbeiter ihre Anstrengungen auf eine Reihe größerer historischer Bereiche konzentriert, darunter die trans-atlantische Auswanderung, den Aufstieg und Fall des Nationalsozialismus, die europäische und amerikanische politische Geschichte im zwanzigsten Jahrhundert, die Geschichte der beiden deutschen Staaten in der Nachkriegszeit und die Geschichte des Kalten Krieges. In den folgenden Abschnitten sollen einige der Themen und Programme vorgestellt werden, die die Schwerpunkte der Arbeit des Instituts gebildet haben. Besonderes Gewicht liegt dabei auf den Konferenzen, die das DHI veranstaltet oder an denen es sich beteiligt hat.




Konferenzen


Eine der wichtigsten Tätigkeiten des DHI ist die Planung, Finanzierung und Organisation internationaler Konferenzen. Zwischen 1987 und 1997 haben unter seiner Schirmherrschaft über vierzig Konferenzen stattgefunden. Ein wichtiger Anteil der finanziellen Mittel des DHI und der Arbeitskraft seiner wissenschaftlichen Mitarbeiter ist diesen Veranstaltungen - und der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse - gewidmet. Üblicherweise werden Konferenzen von den wissenschaftlichen Mitarbeitern in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern anderer Institutionen koordiniert und organisiert. Sie finden am Institut selbst, an amerikanischen oder deutschen Universitäten und an anderen Orten statt. Das DHI trägt den Hauptteil der Kosten dieser Konferenzen und Workshops, doch leisten andere Institutionen häufig finanzielle und administrative Unterstützung.

Das DHI hat Konferenzen zu zahlreichen Themen veranstaltet, von denen viele die Grenzen zwischen den Disziplinen und Methoden überschritten haben. Dies macht es schwierig, jede Konferenz genau einzuordnen, doch kann man sie in vier Hauptgebiete einteilen: die deutsche Auswanderung in die Vereinigten Staaten, einschließlich der transatlantischen intellektuellen Beziehungen; die Geschichte des Konzeptes und der Realität des "Totalen Krieges"; die internationalen Beziehungen und der Kalte Krieg; und schließlich in viele unterschiedliche Themen, zum Beispiel der mittelalterlichen Geschichte, der Politik- und Sozialgeschichte, der Historiographie sowie Theorien der Gesellschaft und historischen Entwicklung.

Die besondere Rolle des DHI als Mittler zwischen deutschen und amerikanischen Historikern hat zu einer starken Betonung des komparativen Elementes in seinen Konferenzen beigetragen. Den Vergleich halten wir ohnehin für den Lebensatem der Geschichtsschreibung. Die Mehrheit der Konferenzen zeichnete sich durch vergleichende und interdisziplinäre Fragestellungen aus, die sich primär auf Deutschland und die Vereinigten Staaten bezogen, gelegentlich aber auch andere europäische Länder einschlossen.

Zwei Forschungsgebiete, die deutsche Auswanderung nach Amerika und die internationalen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg, haben in diesem Forschungsprogramm eine zentrale Stellung eingenommen. Unter der Leitung des erfolgreichen Gründungsdirektors des Instituts, Hartmut Lehmann, standen die Auswanderung und die Flucht vor politischer Verfolgung im Mittelpunkt. Unter meinem Direktorat hat sich der Schwerpunkt auf die Geschichte des Kalten Krieges und die internationalen Beziehungen seit 1945 verlagert. Insgesamt jedoch zeichnet sich die Arbeit des DHI durch eine bemerkenswerte Breite der Themen aus, die die Vitalität der historischen Forschung auf beiden Seiten des Atlantiks und die Interessenvielfalt der Historiker widerspiegelt, die am Institut arbeiten oder mit ihm kooperieren. Das Institut kann auf ein Jahrzehnt bedeutender Leistungen und intellektuellen Wachstums zurückblicken, weil es stets einen Ausgleich zwischen der Konzentration auf einige ausgewählte Schwerpunktthemen und der Zusammenarbeit mit Historikern unterschiedlicher Epochen und Zugänge wie Politik-, Sozial- und Kulturgeschichte gesucht hat.


Die deutsche Auswanderung in die Vereinigten Staaten

Die deutsche Auswanderung in die USA war der wichtigste Einzelfaktor in den deutsch-amerikanischen Beziehungen seit dem späten siebzehnten Jahrhundert. Es lag deshalb in der Logik der Sache, daß die Geschichte dieser Aus- und Einwanderung zu einem Schwerpunkt der Forschungstätigkeit und der Konferenzen des DHI wurde. Bereits im neunzehnten Jahrhundert bildeten die Deutschen die größte Einwanderergruppe in den Vereinigten Staaten, die sich im ganzen Land ansiedelte, eine Vielzahl von Berufen ausübte, politisch aktiv wurde und eine kraftvolle deutsch-amerikanische Kultur entfaltete. Mehr als jede andere ethnische Gruppe waren die Deutschen jedoch in profunder Weise von der Weltpolitik betroffen. Vor allem der Erste Weltkrieg markiert eine scharfe Zäsur im Leben der Deutsch-Amerikaner, einen Rückschlag, von dem sich diese Einwanderergruppe nie mehr erholte. Der Nationalsozialismus, der Zweite Weltkrieg und der Holocaust komplizierten die Existenz der Deutsch-Amerikaner weiter, brachten aber auch eine neue Welle von Einwanderern und Flüchtlingen, viele davon deutsch-jüdischer Abstammung.

Die Geschichte der Einwanderung und der ethnischen Gruppen hat sich zu einem der dynamischsten Felder der amerikanischen historischen Forschung entwickelt. Die ursprüngliche Vorstellung von rechtlosen Immigranten, die vor Armut und politischer Unterdrückung in Europa flohen und bereitwillig ihre heimische Kultur und Gewohnheiten ablegten, um sich der amerikanischen Kultur anzupassen, ist einer sehr viel komplexeren und nuancierteren Betrachtung der Einwanderungserfahrung gewichen. Die Historiker betonen heute die Heterogenität der Einwanderergruppen aus den jeweiligen Herkunftsländern, besonders solchen Ländern wie Deutschland und Italien. Und in der Tat waren die europäischen Gesellschaften ja weder homogen noch statisch. Die transatlantischen Wanderungsströme waren zudem nur ein Element in gesamt-europäischen, ja globalen Wanderungsprozessen. Während der vergangenen drei Jahrzehnte haben Studien über Einwanderer in Amerika immer wieder die traditionellen Annahmen über den "Schmelztiegel" in Frage gestellt. Statt von einem einseitigen und eindimensionalen Anpassungsprozeß auszugehen, haben Historiker die verschiedenen Berührungspunkte, Mechanismen und Schauplätze erforscht, die die Interaktion zwischen den Einwanderern und der amerikanischen Gesellschaft bestimmten. Die alten Vorstellungen von Entwurzelung sind durch Modelle des kulturellen Transfers ersetzt worden.

Die Konferenzen des DHI zur Emigration haben die Erfahrung der Deutschen aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Die Titel der Konferenzen zu diesem Thema lauten: "Emigration and Settlement Patterns of German American Communities in North America" (1989); "Continental European Migration and Transcontinental Migration to North America" (1991); "Peopling the New World: The Transfer of Ideas, Customs, and Social Institutions from Central Europe to the Middle Colonies in the Seventeenth and Eighteenth Centuries" (1992); und "New Approaches to Migration Research: German-Americans in Comparative Perspective" (1997). Die Zusammenarbeit zwischen amerikanischen und deutschen Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Geschichte ethnischer Gruppen hat sich als besonders fruchtbar erwiesen. Generell läßt sich feststellen, daß die Aus- und Einwanderungsgeschichte für das neunzehnte Jahrhundert vollständiger untersucht worden ist als für das zwanzigste, für das noch weiterer Forschungsbedarf besteht.

Es erscheint angemessen, daß eine Institution, die gegründet wurde, um die Kooperation zwischen den Historikern in Deutschland und den Vereinigten Staaten zu stärken, 1988 ihre erste Konferenz den deutschen Historikern widmete, die in die USA geflüchtet waren. Von Hartmut Lehmann und James J. Sheehan in Washington ausgerichtet, folgte die Konferenz "German-Speaking Refugee Historians in the United States, 1933-1970" (1991 veröffentlicht unter dem Titel: An Interrupted Past: German-Speaking Refugee Historians in the United States After 1933) ihren Spuren und besonderen Erfahrungen. Dazu gehörte, daß die Flüchtlinge während der großen Depression nach Amerika kamen, als akademische Stellen knapp waren, daß sie sich, vor allem im Fall der jüdischen Wissenschaftler, häufig Diskrim-inierung ausgesetzt sahen und an eine neue Sprache und Kultur anpassen mußten. Die Methoden der historischen Forschung und ihre Argumentationsformen ließen sich nicht so einfach übertragen wie Labortechniken und naturwissenschaftliche Verfahren. Dem-entprechend entwickelten sich die amerikanischen Karrieren dieser Gelehrten sehr unterschiedlich. Einige kehrten der Zunft völlig den Rücken, andere kamen nur an weniger bekannten Colleges unter; andere wiederum erhielten Professuren an führenden akademischen Einrichtungen, wo sie erheblichen Einfluß darauf gewannen, wie die deutsche Geschichte in den Vereinigten Staaten wahrgenommen und gelehrt wurde. Nach dem Krieg spielten sie eine bedeutende Rolle, um die Historiker in Deutschland wieder mit der internationalen akademischen Welt zu verbinden. Ein von Catherine Epstein unter dem Titel A Past Renewed (1993) herausgegebener Katalog deutschsprachiger Historiker, die als Flüchtlinge in die USA gekommen waren, vervollständigte diese erste Konferenz des DHI. Der Katalog enthält detaillierte biographische Informationen zu acht-undachtzig Historikern, einschließlich ihrer Bildungs- und Berufswege, sowie Bibliographien ihrer wissenschaftlichen Veröffentlichungen.

Die Aufarbeitung des Schicksals der deutschen Historikerzunft in der Mitte des Jahrhunderts wurde mit einer von Hartmut Lehmann und James Van Horn Melton organisierten und in Atlanta, Georgia, abgehaltenen Konferenz im Jahre 1990 fortgesetzt. Betitelt "Paths of Continuity: Central European Historiography from the 1930s Through the 1950s" (1994 veröffentlicht unter dem Titel: Paths of Continuity: Central European Historiography from the 1930s Through the 1950s), beschäftigte sich die Konferenz mit dem Leben und Werk von zehn prominenten deutschen und österreichischen Historikern während dieses Zeitraums. Darunter waren Otto Brunner, Werner Conze, Friedrich Meineke und Gerhard Ritter. Diese Männer beeinflußten ihre Zunft in den fünfziger Jahren und darüber hinaus erheblich, verfaßten bedeutende Studien und betreuten zahlreiche Doktoranden. Als Bürger und als Wissenschaftler repräsentieren sie fast die ganze Breite der Verhaltens- und Publikationsformen von deutschen Historikern im Dritten Reich: von der freudigen Übernahme nationalsozialistischer Kategorien wie Raum und Rasse über die Tradierung national-völkischer Denkweisen bis hin zur teilweisen Anpassung und resignativem Schweigen. Die nationalsozialistische Ära schloß freilich methodische Innovationen nicht aus. Das von einer Gruppe jüngerer Historiker entwickelte Konzept der "Volksgeschichte" teilte mit der französischen Annales-Schule das Interesse an Demographie, den Mustern der Verwandtschaftsbeziehungen, der volkstümlichen Kultur und der Geschichte des ländlichen Raums. Trotz der intellektuellen Herkunft einiger Historiker aus der Volksgeschichte des Dritten Reichs leisteten sie einen maßgeblichen Beitrag für die Entwicklung der Sozialgeschichte in Deutschland in den sechziger Jahren.

Die Auswanderung von Intellektuellen aus Deutschland und Österreich in die Vereinigten Staaten nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ist der bekannteste Fall einer erzwungenen Migration von Intellektuellen und Wissenschaftlern in diesem Jahrhundert. Der Prozeß setzte im Jahre 1933 ein, als alle Personen jüdischer Abstammung oder solche mit Sympathien für die Linksparteien aus dem deutschen öffentlichen Dienst, einschließlich der Universitäten, entlassen wurden. Die meisten Historiker nehmen an, daß ungefähr 2000 Wissenschaftler und Gelehrte als Folge der nationalsozialistischen Politik Deutschland und Österreich verlassen mußten. Das Ausmaß dieses "Brain Drain" war ohne Beispiel und wird von vielen Experten als bedeutende Bereicherung des akademischen und wissenschaftlichen Lebens in Amerika angesehen.

Zu den bekanntesten deutsch-jüdischen Emigranten gehört eine Gruppe von Politikwissenschaftlern und Philosophen, deren Werk einen dauerhaften Einfluß auf das intellektuelle Leben in beiden Ländern gehabt hat. Zu ihr zählen so bedeutende Namen wie Hannah Arendt, Herbert Marcuse, Hans Morgenthau und Leo Strauss. Im Jahre 1991 veranstalteten Peter Graf Kielmannsegg und Horst Mewes eine Tagung zum Thema: "The Influence of German Immigrants on American Political Thought After World War II: Hannah Arendt and Leo Strauss" in Boulder, Colorado (1997 veröffentlicht unter dem Titel: Hannah Arendt und Leo Strauss: German Emigrés and American Political Thought After World War II). Diese Konferenz untersuchte sowohl den Bildungsweg und die akademische Karriere von Arendt und Strauss in Deutschland als auch ihre späteren Leistungen in den Vereinigten Staaten.

Viele der DHI-Konferenzen zur deutschen Auswanderung hatten die bekannteren Emigranten zum Gegenstand, doch bestand die große Mehrheit der Flüchtlinge aus Mitteleuropa in dieser Zeit, ob Juden oder Nichtjuden, aus unbekannten Familien und Einzelpersonen. Diese Einwanderer wurden in den USA oft weit weniger herzlich willkommen geheißen als die Akademiker, die sich auf bestehende transatlantische Verbindungen und Netzwerke stützen konnten. Aus diesem Grund richtete das DHI eine Konferenz aus, bei der Konzepte der Geschlechtergeschichte und Methoden der "Oral History" vorgestellt wurden, um die besonderen Herausforderungen zu erforschen, denen sich gerade Frauen bei der Aus- und Einwanderung gegenübersahen. "Women in the Emigration After 1933" wurde 1991 von Sibylle Quack, Renate Bridenthal und Marion Kaplan in Washington, D.C. organisiert und untersuchte die besonderen Erfahrungen dieser Frauen (1995 veröffentlicht unter dem Titel: Between Sorrow and Strength: Women Refugees of the Nazi Period). Die Referentinnen behandelten nicht nur die in die Vereinigten Staaten geflohenen Frauen, sondern thematisierten darüber hinaus auch die Erfahrungen von Frauen an so unterschiedlichen Orten wie Brasilien, China, England, Frankreich und Palästina. Diese Einzelschicksale erinnern uns daran, daß die Flucht vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten eine wahrhaft globale Dimension hatte. Je nach ihrem Lebensalter, ihrem Beruf, ihren politischen und religiösen Überzeugungen und dem Zeitpunkt ihrer Flucht aus Deutschland unterschieden sich die Erfahrungen dieser Frauen beträchtlich. Ihre Augenzeugenberichte vermitteln einen sehr persönlichen Einblick in die Vielfalt und Einzigartigkeit ihrer Schicksale.

Gleichzeitig mit den Menschen kamen Ideen und kulturelle Einflüsse über den Atlantik. Mit der Anwesenheit einer großen Zahl deutscher Einwanderer in Amerika breitete sich notwendig auch deutsche Kultur aus. Daneben reisten besonders im neunzehnten Jahrhundert viele Amerikaner nach Deutschland und kehrten, beeindruckt von deutscher Kultur, Bildung und Wissenschaft, nach Hause zurück. Die wichtige Rolle der deutschen Universitäten als Vorbild für die Gründung der amerikanischen Forschungsuniversitäten nach 1870 hat zu Recht große Beachtung gefunden. Eine von Jürgen Heideking, Jurgen Herbst, Rudolf Vierhaus und Charlotte L. Brancaforte organisierte Konferenz: "German Influences on Education in the United States to 1917" fand 1990 in Madison, Wisconsin, statt (1995 veröffentlicht unter dem Titel: German Influences on Education in the United States to 1917). Die Teilnehmer analysierten die gegenseitige Wahrnehmung der Bildungssysteme in beiden Ländern, die unterschiedlichen Stile in der Lehre und die unterschiedlichen pädagogischen Methoden, die Präsenz und den Modellcharakter der deutschen Schulen in Amerika sowie den deutschen Einfluß auf die höhere Bildung. Diese Konferenz machte in besonderer Weise die Komplexität des interkulturellen Austauschs und der transatlantischen intellektuellen Beziehungen deutlich. Gegenseitiger Austausch, Anpassung und direkte Übernahme charakterisierten diese Beziehungen auf dem Feld der Pädagogik. Deutsche Ideen und Institutionen beeinflußten die Ausformung des amerikanischen Bildungswesens und wurden gelegentlich sogar zu wichtigen Katalysatoren des Wandels. Aber die Ideen und das Verhalten der deutschen Einwanderer in Amerika wurden ebenso durch die Erfahrungen in ihrer neuen Heimat beeinflußt, die zu wesentlichen Veränderungen der Bildungseinrichtungen führten, die sie dort ins Leben riefen. Es setzte ein Fusionsprozeß ein, der das kulturelle Erbe der Einwanderer mit amerikanischen Standards und Formen des Unterrichts verschmolz.


Totaler Krieg

Aufgrund ihrer beispiellosen Zerstörungen und der Zahl ihrer Opfer sind die beiden Weltkriege dieses Jahrhunderts oft als "totale Kriege" bezeichnet worden - im Unterschied zu den sogenannten begrenzten Kriegen früherer Epochen. Das Konzept des totalen Krieges ist allerdings ebenso populär wie unbestimmt. Die Historiker haben sich bislang nicht auf eine allgemein akzeptierte Definition einigen können. Vergleiche mit anderen Kriegen, wie dem amerikanischen Bürgerkrieg und den Napoleonischen Kriegen, die erstmals mit modernen, auf der allgemeinen Wehrpflicht beruhenden Armeen ausgetragen wurden, haben gezeigt, daß die späteren Konflikte des zwanzigsten Jahrhunderts die Kriegsführung nicht völlig veränderten. Um die Ursprünge und Entwicklungen der modernen Kriegsführung systematisch zu erforschen, eröffnete das DHI 1992 eine Konferenzserie, die sich mit der Geschichte des totalen Krieges von der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges beschäftigt. Das Projekt ist als eine Serie von fünf Konferenzen geplant, denen jeweils die Publikation eines Sammelbandes folgen soll. Es vergleicht die Veränderungen der Kriegsführung in diesem Zeitraum, insbesondere im Hinblick auf Deutschland und die Vereinigten Staaten.

Die erste Konferenz: "On the Road to Total War: The American Civil War and the German Wars of Unification, 1861-1871" wurde 1992 in Washington, D.C. von Stig Förster und Jörg Nagler organisiert (1997 veröffentlicht unter dem Titel: On the Road to Total War: The American Civil War and the German Wars of Unification, 1861-1871). Die Konferenzteilnehmer verglichen den amerikanischen Bürgerkrieg mit den sogenannten Reichseinigungskriegen und spürten den komplexen historischen Vorstufen des totalen Krieges nach. Definiert man den Begriff als die totale Mobilisierung aller nationalen Ressourcen durch eine hochorganisierte und zentralisierte Staatsmacht für einen militärischen Konflikt mit praktisch unbegrenzter Zielsetzung, so lassen sich einige der Instrumente des totalen Krieges zweifellos für den Zeitraum zwischen 1861 und 1871 nachweisen. Veränderungen der Waffentechnik (Repetiergewehre, Maschinengewehre, Hinterlader und Kanonenboote) und der Taktik (Schützengräben und der Einsatz von Eisenbahnen), die Reorganisation der Volkswirtschaft für den Krieg unter der Leitung der Zentralregierungen, die wachsende Bedeutung der Propaganda und die allgemeine Wehrpflicht kennzeichnen diese Kriege als modern. Die Industrialisierung der Kriegsführung und die Fähigkeit der Volkswirtschaften, die Armeen mit Kriegsmaterial zu versorgen, waren ebenso wichtig geworden wie die strategische Planung oder der Ausgang einzelner Schlachten.

Die beiden anderen bislang abgehaltenen Konferenzen behandelten die Themen: "Anticipating Total War?" The United States and Germany, 1871-1914", 1994 in Augsburg veranstaltet und von Manfred F. Boemeke, Roger Chickering und Stig Förster organisiert, und "How Total Was the Great War? Germany, France, Great Britain, and the United States, 1914-1918", 1996 in Münchenwiler in der Schweiz abgehalten und von Roger Chickering und Stig Förster organisiert. Die Planungen für die nächste Konferenz, die 1999 stattfinden soll, laufen bereits. Diese Tagung soll die Zwischenkriegszeit behandeln. Den Abschluß der Serie wird eine große Konferenz über den Zweiten Weltkrieg bilden. Das Ziel aller dieser Treffen ist nicht die traditionelle militärgeschichtliche Betrachtung, statt dessen verbinden die Konferenzen (und die nachfolgenden Publikationen) eine Vielzahl methodischer Ansätze und Perspektiven, um die gesellschaftlichen Konsequenzen moderner Kriegsführung zu erforschen. Obwohl es wohl nicht zu einem abschließenden Konsens über die Definition des totalen Krieges kommen wird, verspricht diese Konferenzserie neue Erkenntnisse über die Geschichte moderner Gesellschaften im Krieg.


Die internationalen Beziehungen im Zwanzigsten Jahrhundert und die Geschichte des Kalten Krieges

Deutschlands Rolle in der Weltpolitik ist ein Kernproblem der internationalen Beziehungen im zwanzigsten Jahrhundert. Vor 1945 standen der deutsche Nationalstaat und seine Politik häufig im Widerspruch zu einer dauerhaften europäischen Friedensordnung. Im Zeitalter des Kalten Krieges war die Teilung des Landes der Preis für die zeitweilige Lösung der "deutschen Frage". Im Jahre 1990 kam es zur friedlichen, mit Zustimmung seiner Verbündeten und Nachbarn vollzogenen Vereinigung Deutschlands. Die Furcht vor einer potentiellen deutschen Hegemonie bleibt jedoch tief im kollektiven Gedächtnis vieler Europäer verwurzelt. Die Tagung "National Interest and European Order: Germany's Role in Europe Since the Interwar Period" wurde 1995 in Mannheim von Gottfried Niedhart, Detlef Junker und Michael W. Richter veranstaltet (1997 veröffentlicht unter dem Titel: Deutschland und Europa: Nationale Interessen und internationale Ordnung im 20. Jahrhundert) und stellte die Frage: "Wieviel und welches Deutschland verträgt Europa?" Die Teilnehmer verglichen die Konstellationen der Zwischenkriegszeit mit der Ära der Entspannungs- und Ostpolitik in den späten sechziger und der ersten Hälfte der siebziger Jahre sowie mit der Zeit nach dem Kalten Krieg. Was nach dem Ersten Weltkrieg scheiterte, gelang während der siebziger Jahre und gibt heute Anlaß zum vorsichtigen Optimismus für die Zukunft: Die friedliche und freiwillige Integration Deutschlands in eine westlich geprägte europäische Ordnung ist von der großen Mehrheit der Deutschen und praktisch der gesamten politischen Elite akzeptiert worden.

Verschiedene Konferenzen des Instituts haben sich mit der Geschichte der internationalen Politik und den großen Friedenskonferenzen beschäftigt. 1997 organisierten Peter Krüger und Paul W. Schroeder eine Tagung zum Thema "The Transformation of European Politics, 1763-1848: Episode or Model?", die an der University of Illinois at Urbana-Champaign stattfand. Ausgehend von den bahnbrechenden Arbeiten Schroeders zu den internationalen Beziehungen des 18. und 19. Jahrhunderts, untersuchten die Teilnehmer die Frage, ob zwischen Westfälischem Frieden und Wiener

Kongreß ein grundlegender und dauernder Wandel der europäischen Politik von einem kompetitiven System zu einem Konzert der Mächte stattgefunden habe und ob Schroeders These zum Verständnis der internationalen Politik im 19. und 20. Jahrhundert beitragen könne.

Die Bemühungen der Diplomaten und Staatsmänner, nach 1918 den Frieden wiederherzustellen, standen im Mittelpunkt der Tagung: "Germany and Versailles: Seventy-Five Years After" (1998 veröffentlicht unter dem Titel: The Treaty of Versailles: A Reassessment After 75 Years). Sie wurde 1994 in Berkeley, Kalifornien, abgehalten und von Manfred F. Boemeke, Gerald D. Feldman und Elisabeth Glaser(-Schmidt) organisiert. Dieses Symposium lieferte eine neue Synthese der Forschungen zur Pariser Friedenskonferenz, die neues Licht auf die divergierenden Kriegsziele im amerikanischen und alliierten Lager sowie auf Deutschlands Rolle in der unmittelbaren Nachkriegszeit warf. Indem sie den Friedensvertrag in den größeren Zusammenhang der Verhältnisse im Nachkriegseuropa stellten, konnten die Referenten zeigen, in welch starkem Maße die Verhandlungsführer selbst den Versailler Vertrag als ein Provisorium betrachteten. Gestützt auf jahrzehntelange Forschungen und auf neu zugängliche Quellen, bemühte sich die Mehrheit der Referenten darum, die gängige negative Einschätzung des Vertrages zu revidieren und als den besten Kompromiß zu interpretieren, den die Zeitgenossen unter den gegebenen Umständen erzielen konnten.

Die von Carole Fink, Axel Frohn und Jürgen Heideking 1989 in Washington, D.C. ausgerichtete Tagung: "Genoa/Rapallo and the Reconstruction of Europe" (1991 veröffentlicht unter dem Titel: Genoa, Rapallo, and European Reconstruction in 1922) untersuchte die politischen und wirtschaftlichen Hauptfragen der Konferenz von Genua im Jahre 1922. Genua war eines der größten Gipfeltreffen des zwanzigsten Jahrhunderts und wurde zu einem der bemerkenswertesten Fehlschläge in der Geschichte der internationalen Beziehungen. Die Tagung eröffnete eine einzigartige internationale Perspektive auf die großen ökonomischen, ideologischen, persönlichen und politschen Rivalitäten in der Weltpolitik nach 1918. Sie bot außerdem neue Erkenntnisse zum Rapallo-Vertrag zwischen Deutschland und Rußland, den Strategien der Kleinen Entente und der kleineren neutralen Länder sowie zur amerikanischen Politik gegenüber der europäischen Verschuldung.

In den 1990er Jahren ist das Bewußtsein der Europäer und der Amerikaner für die Bedeutung transnationaler Entwicklungen gewachsen. Dementsprechend haben Wissenschaftler dem Studium der Globalisierung größeres Augenmerk geschenkt. Obwohl der Nationalstaat weiterhin der Hauptakteur der Weltpolitik bleibt, entziehen sich viele Bereiche, wie etwa Handel und Wirtschaft, Kommunikation und Medien, Verkehr und natürliche Ressourcen sowie Gesundheit und Umwelt immer mehr der Kontrolle einzelner Länder. Diese Entwicklungen haben auch das Interesse an den transnationalen Phänomenen früherer Epochen angeregt. 1996 organisierten Martin H. Geyer und Johannes Paulmann in London eine Konferenz über "The Mechanics of Internationalization: Culture, Society, and Politics from the 1840s to World War I". Es untersuchte diese scheinbar widersprüchlichen Entwicklungen in einem Zeitalter, das sowohl den Aufstieg des Nationalismus als auch eine zunehmende globale Zusammenarbeit erlebte. 1996 organisierten Carole Fink, Philipp Gassert und Detlef Junker eine internationale Konferenz zum Thema: "1968: A World Transformed" (1998 veröffentlicht unter dem Titel: 1968: A World Transformed), um eine globale Perspektive auf die stürmischen Ereignisse dieses Wendejahres im Kalten Krieg zu eröffnen. Ausgehend von 1968 als einem transnationalen Phänomen, diskutierten die Teilnehmer, warum die Krisen dieses Jahres nahezu gleichzeitig in der gesamten Welt ausbrachen, nicht nur in den westlichen Ländern, sondern auch in den sozialistischen Nationen Osteuropas und in vielen Gesellschaften der Dritten Welt. Darüber hinaus bemühte sich die Konferenz, die internationalen Beziehungen, die Rolle der Medien, die Kommunikationsnetzwerke der Aktivisten und die gemeinsame Opposition gegen den innenpolitischen und internationalen Status quo in eine Gesamtinterpretation zu integrieren.

Die Geschichte der deutsch-amerikanischen Beziehungen ist für die Angehörigen des DHI selbstverständlich von besonderem Interesse. Mehrere Konferenzen waren dem Verhältnis zwischen beiden Ländern gewidmet. Die von David E. Barclay und Elisabeth Glaser(-Schmidt) organisierte Tagung "Mutual Images and Multiple Implications: American Views of Germany and German Views of America from the Eighteenth to the Twentieth Centuries" (1997 veröffentlicht unter dem Titel: Transatlantic Images and Perceptions: Germany and America Since 1776), die in Kalamazoo, Michigan, 1993 stattfand, lieferte neue Einsichten darüber, wie die Bereitschaft zur Übernahme ausländischer Vorbilder von der gegenseitigen Wahrnehmung in beiden Länder beeinflußt wurde. Die problematische Beziehung zwischen der Selbst- und der Fremdwahrnehmung, das Zusammenspiel zwischen den (Fehl)perzeptionen breiter Schichten und der Eliten sowie die dynamische Interaktion zwischen Stereotypen und sich verändernden historischen Umständen zwangen die Teilnehmer, sich auf eine subtile und methodisch anspruchsvolle Analyse einzulassen.

Die meisten Konferenzen des DHI zu internationalen Phänomenen haben sich darum bemüht, die diplomatischen, wirtschaftlichen, militärischen, kulturellen und sozialen Aspekte der internationalen Beziehungen miteinander zu verbinden. Das deutsch-amerikanische Verhältnis seit dem Zweiten Weltkrieg reflektiert diesen multidimensionalen Charakter der internationalen Beziehungen in besonderem Maße. Nach der Niederlage des Nationalsozialismus intensivierten sich die deutsch-amerikanischen Beziehungen in beispielloser Weise. Erst als Feind, dann als Besatzungsmacht, später als Verbündeter und schließlich als der große Mentor der deutschen Wiedervereinigung haben die Vereinigten Staaten die Nachkriegsgeschichte Mittel- und Westeuropas tiefgreifend beeinflußt. Die Teilung Deutschlands in zwei feindliche Staaten, die Ost-West-Konfrontation während des Kalten Krieges und die Integration Deutschlands in die NATO vollzogen sich im Kontext sich allmählich verbessernder Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland.

Der fünfzigste Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges ist sowohl von Historikern als auch von einer breiteren Öffentlichkeit ausführlich gewürdigt worden. Die 1995 von Josef Kreiner und Gerhard Krebs in Berlin veranstaltete Konferenz: "1945 in Europe and Asia: Reconsidering the End of World War II and the Change of the World Order" (1997 veröffentlicht unter dem Titel: 1945 in Europe and Asia) wurde gemeinsam vom Deutschen Institut für Japan-Studien in Tokio und mehreren Deutschen Historischen Instituten unterstützt. Sie stellte sich die Aufgabe, die frühe Nachkriegszeit in einer weltweit vergleichenden Perspektive zu analysieren. Auf der Tagung: "The Spirit of Heidelberg and the Future of Germany" (1996 veröffentlicht unter dem Titel: Heidelberg 1945), die 1993 von Jürgen C. Heß, Detlef Junker, Hartmut Lehmann, Volker Sellin und Eike Wolgast in Heidelberg organisiert wurde, konzentrierten sich die Teilnehmer auf eine einzige Stadt, um die Herausforderungen zu analysieren, denen sich die amerikanische Militärregierung gegenübersah. Lokale Traditionen, die Sicherung des Lebensnotwendigen, die unterschiedlichen Ziele von Besatzern und Besetzten, ihr gegenseitiges Mißtrauen, aber auch ihre häufig positiven Begegnungen prägten die Ergebnisse der Besatzungspolitik vor dem Hintergrund des beginnenden Kalten Krieges.

Die Bedeutung des wachsenden Gegensatzes zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion war eines der Leitmotive der Tagung: "American Policy Toward Germany, 1949-1955", die von Jeffry M. Dierendorf, Axel Frohn und Hermann-Josef Rupieper 1989 in Marburg ausgerichtet wurde (1993 veröffentlicht unter dem Titel: American Policy and the Reconstruction of West Germany, 1945-1955). Die Teilnehmer diskutierten eine große Bandbreite von Themen der US-Politik gegenüber Deutschland nach 1945, darunter Verfassungsfragen, die Demokratisierung von Politik und Wirtschaft, das Bildungswesen, den Wiederaufbau der Städte, Probleme der Industrie, der Entmilitarisierung und Wiederbewaffnung, die Behandlung der Kriegsverbrecher, deutsche und europäische Sicherheitsfragen sowie die Integration der Bundesrepublik in das westliche Bündnis. Gestützt auf bis dahin unerschlossenes Quellenmaterial, untersuchten die Referenten vor allem die Kontinuitäten zwischen der Besatzungszeit und dem halbsouveränen Westdeutschland nach der Gründung der Bundesrepublik im Jahre 1949. Das Grundgesetz der Bundesrepublik ist dafür ein gutes Beispiel. Es wurde vor allem durch die enge Zusammenarbeit zwischen einer neuen Gruppe westdeutscher Politiker und der amerikanischen Militärregierung geprägt. Ungeachtet anfänglicher Widerstände ist der Erfolg der deutschen Verfassung ein Beweis für die Verwestlichung der Bundesrepublik. Auf der Konferenz: "A Framework for Democracy: Forty Years of Experience with the Grundgesetz of the Federal Republic of Germany", die von Thomas Childers und Peter Krüger organisiert wurde und 1989 in Philadelphia stattfand, wurden die Ursprünge, die Zielsetzungen und die Bedeutung des Grundgesetzes einer ausführlichen Analyse unterzogen (1995 veröffentlicht als Occassional Paper No. 13 unter dem Titel: Cornerstone of Democracy: The West German Grundgesetz, 1949-1989).


Weitere Forschungen zu Themen der deutschen und amerikanischen Geschichte

Zusätzlich zu den bereits aufgezählten Konferenzen hat das DHI weitere Tagungen zu wichtigen Aspekten seiner Forschungsgebiete veranstaltet. Diese Konferenzen waren entweder mit den besonderen Forschungsinteressen der am DHI arbeitenden Historiker verknüpft oder sie resultierten aus Vorschlägen von Wissenschaftlern außerhalb des Instituts. Sie befaßten sich mit Problemen der mittelalterlichen Geschichte, der Reformationsgeschichte, der Sozialgeschichte, der Geschichte politischer Bewegungen, der Politik- und Verfassungsgeschichte sowie mit Fragen der Historiographie und Theorien der Gesellschaft.

Der Niedergang der mittelalterlichen Geschichte Deutschlands als Gegenstand der amerikanischen historischen Forschung, wie ihn Patrick J. Geary 1995 in der Annual Lecture des DHI beschrieben hat, führte zu dem Entschluß, die Zusammenarbeit zwischen amerikanischen und deutschen Mediävisten zu vertiefen. Aus diesem Grund haben sich mehrere Konferenzen speziell mit Fragen zum Mittelalter befaßt. Das erste Treffen dieser Art fand 1991 in Los Angeles statt und hatte zum Thema: "In and Out of the Ghetto: Jewish-Gentile Relations in Late Medieval and Early Modern Germany" (1995 veröffentlicht unter dem Titel: In and Out of the Ghetto: Jewish-Gentile Relations in Late Medieval and Early Modern Germany). Es wurde von John Brewer, R. Pochia Hsia und Hartmut Lehmann organisiert und beschäftigte sich mit der Rolle von Wirtschaft, Sprache, Politik, Religion und sozialen Organisationsformen in den Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden vor 1800. Eine weitere Konferenz, die von John Van Engen, Johannes Fried und Robert Benson organisiert und 1993 an der University of Notre Dame abgehalten wurde, war dem Komplex "German Medieval History in Comparative Perspective" gewidmet. Die Themen umfaßten die Historiographie zum Mittelalter im zwanzigsten Jahrhundert, Reichsgedanke und Königtum, die sozialen Beziehungen sowie Kultur, Geist und Religion in den deutschen Territorien. Zwei weitere Tagungen haben diese Bemühungen vorangetrieben: "Imagination, Ritual, Memory, Historiography: Conceptions of the Past in the Middle Ages", 1996 in Heidelberg von Gerd Althoff, Johannes Fried, und Patrick J. Geary veranstaltet, und "Universities in Medieval Societies", 1997 in Washington, D.C. von William J. Courtenay und Jürgen Miethke organisiert.

Die Reformationsgeschichte war Gegenstand der Konferenz "The Reformation in Germany and Europe: Interpretations and Issues" die ein besonderes Interesse des Gründungsdirektors Hartmut Lehmann reflektierte, der diese Veranstaltung gemeinsam mit Scott Hendrix und Heinz Schilling 1990 in Washington, D.C. veranstaltete. Die Ergebnisse dieser Konferenz wurden 1993 als ein Sonderheft der Zeitschrift Archiv für Reformationsgeschichte publiziert.

Die Sozialgeschichte hat im Blickpunkt mehrerer DHI-Konferenzen gestanden. Norbert Finzsch und Robert Jütte organisierten 1992 in Washington, D.C. die Tagung "The Prerogative of Confinement: Social, Cultural, Political, and Administrative Aspects of the History of Hospitals and Carceral and Penal Institutions in Western Europe and North America, 1500-1900" (1996 veröffentlicht unter dem Titel: Institutions of Confinement: Hospitals, Asylums, and Prisons in Western Europe and North America, 1500-1950). Diese Konferenz versuchte, die Wirkung der von Foucault und Elias entwickelten theoretischen Annahmen auf die historische Erforschung von Verbrechen, abweichendem Verhalten, Hospitälern und Armenpflege abzuschätzen. Im darauffolgenden Jahr veranstalteten Michael H. Kater und Manfred Berg in Washington, D.C. die Tagung "Medicine in Nineteenth and Twentieth-Century Germany: Ethics, Politics, and Law" (1997 veröffentlicht unter dem Titel: Medicine and Modernity: Public Health and Medical Care in Nineteenth and Twentieth-Century Germany). Ihr zentrales Thema war die Professionalisierung der modernen Medizin und die Medikalisierung der deutschen Gesellschaft vom frühen neunzehnten Jahrhundert bis zur nationalsozialistischen Ära und darüber hinaus. Robert Jütte und Guenter B. Risse organisierten 1994 in San Francisco die Konferenz "Culture, Knowledge, and Healing: Historical Perspectives on Homeopathic Medicine in Europe and North America" (1998 veröffentlicht unter dem Titel: Culture, Knowledge, and Healing: Historical Perspectives on Homeopathic Medicine in Europe and North America). Ebenfalls 1994 veranstalteten Ira Berlin, Spencer R. Crew, James O. Horton, Hartmut Keil und Elisabeth A. White in Washington, D.C. die Tagung "Race and Ethnicity: Relations Between African Americans and Ethnic Groups in American Society". Die von Matthias Judt, Charles McGovern und Susan Strasser 1995 in Washington, D.C. ausgerichtete Konferenz "The Development of Twentieth-Century Consumer Society" (1998 veröffentlicht unter dem Titel: Getting and Spending: European and American Consumer Societies in the Twentieth Century) beschäftigte sich mit Konsum und Demokratie, der Herausbildung der Weltwirtschaft, der Rolle des Staates, der zentralen Bedeutung von Konsum für die Politik des Kalten Krieges, der Sprache des Konsums und den Folgen der Konsumgesellschaft für die Umwelt.

Die Geschichte politischer Bewegungen war Gegenstand anderer DHI-Konferenzen, darunter "Chosen People: Themes in Western Nationalist Movements, 1880-1920", die 1991 von William R. Hutchinson und Hartmut Lehmann in Washington, D.C. veranstaltet wurde. Die 1994 von Norbert Finzsch und Dietmar Schirmer in Washington, D.C. organisierte Tagung "Xenophobia, Racism, Nativism, and National Identity in Germany and the United States: A Comparative Perspective on the Conditions of Intolerance" (1998 veröffentlicht unter dem Titel: Identity and Intolerance: Nationalism, Racism, and Xenophobia in Germany and the United States) untersuchte vergleichend, wie die deutsche und amerikanische Gesellschaft historisch und gegenwärtig mit Fragen der nationalen, rassischen und ethnischen Inklusion und Exklusion umgingen bzw. umgehen. Peter Becker, Jürgen Heideking, James A. Henretta und John Kaminski veranstalteten 1996 in Madison, Wisconsin, die Konferenz "Republicanism and Liberalism in America and the German States, 1750-1850", die sich mit der Anwendbarkeit des Konzeptes "Republikanismus" auf den deutschen und amerikanischen Kontext und mit der Frage beschäftigte, wie wir zu einem klareren Verständnis der Bedeutung des Liberalismus in beiden politischen Traditionen gelangen können.

Mehrere DHI-Konferenzen behandelten die Politikgeschichte, zum Beispiel "Elections, Mass Politics, and Social Change in Germany, 1880-1933" (1992 veröffentlicht unter dem Titel: Elections, Mass Politics, and Social Change in Modern Germany), die von Larry E. Jones und James Retallack geplant und 1990 in Toronto ausgerichtet wurde. Die Teilnehmer lösten sich vom engen Konzept der Wahlgeschichte zugunsten einer breiteren Untersuchung der Wurzeln politischer Loyalitäten in Deutschland und ihrer Beziehung zu den historischen Trennungslinien von Klasse, Geschlecht, Generation, Sprache, Region und Religion.

Fragen der Historiographie und der Theorie der Gesellschaft wurden in einer Reihe weiterer DHI-Konferenzen (und Workshops) diskutiert. Die von Hartmut Lehmann und Guenther Roth konzipierte und in Washington, D.C. durchgeführte Tagung "Max Weber's 'The Protestant Ethic and the Spirit of Capitalism' Reconsidered" (1993 veröffentlicht unter dem Titel: Weber's Protestant Ethic: Origins, Evidence, Contexts) beleuchtete theologische, philosophische, politische und biographische Aspekte des Weberschen Denkens, die zuvor wenig verstanden wurden oder sogar unbekannt geblieben waren. Die Konferenz faßte zudem den gegenwärtigen Wissensstand über die unklare historische Beweislage und die methodische Komplexität zusammen, derer es bedarf, um die Haltbarkeit einer so umfassenden Theorie zu überprüfen. Die von Eckhardt Fuchs und Detlef Junker 1997 in Washington, D.C. organisierte Konferenz "Remapping the German Past: Grand Narratives, Causality, and Postmodernism" analysierte traditionelle und postmoderne Ansätze in der gegenwärtigen Historiographie zum Kaiserreich, zur Weimarer Republik und zur Bundesrepublik.




Vortragsreihen


Neben den zahlreichen Referaten, die auf den Workshops und Konferenzen des DHI gehalten wurden, hat das Institut in den ersten zehn Jahren seines Bestehens zu ungefähr 150 öffentlichen Vorträgen eingeladen. Die Redner kamen von über 100 verschiedenen Universitäten und akademischen Einrichtungen, die Themen reichten von "Ritual Gesture in Early Modern Bureaucratic Prose" bis "The Future of American History", von "Religious and Ethnic Minorities in Sixteenth- and Seventeenth-Century German Society" bis "Sex Reform and Social Medicine", von "What Can Chancellor Kohl Learn from Bismarck?" bis "The Legacy of German Colonialism in Namibia" - der letztgenannte Vortrag wurde von einem Vertreter der Gefangenenhilfsorganisation Amnesty International gehalten.

Die verschiedenen Vortragsreihen sind in drei Hauptkategorien eingeteilt: die Annual Lecture, die Alois-Mertes-Gedächtnisvorlesung und die Vortragsreihen, die in jedem Frühjahr und Herbst veranstaltet werden. Die Annual Lecture wurde bereits 1987 initiiert. Zwei Historiker, Bernard Bailyn von der Harvard University und Heinrich August Winkler von der Universität Freiburg, hielten programmatische Vorträge auf zwei Gebieten, die für die künftige Arbeit des DHI zentrale Bedeutung erlangen sollten: der Prozeß der "Bevölkerung" Amerikas sowie die Ursachen und historischen Folgen des Nationalsozialismus. Seither hat das Institut vornehmlich Redner aus Deutschland und den Vereinigten Staaten eingeladen, die eine große Bandbreite unterschiedlicher Themen und historischer Epochen vorgestellt haben (z.B. "The German Middle Ages in America" und "Constitutional Democracy in Central Europe Today").

Im Jahre 1991 kam es zur Begründung einer zweiten jährlichen Vortragsreihe, der Alois-Mertes-Gedächtnisvorlesung, die durch eine großzügige Zuwendung des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft ermöglicht wurde. Die Serie ist dem Andenken an das Leben und Werk des deutschen Diplomaten, Politikers und Staatsmannes Alois Mertes (1921-85) gewidmet. Zwischen den sechziger und achtziger Jahren war Mertes einer der einflußreichsten außenpolitischen Experten in den Reihen der CDU, der das Interesse an Außenpolitik und Sicherheitsfragen mit festen ethischen Überzeugungen verband. Der Zweck dieser Vortragsreihe besteht darin, Wissenschaftler auszuzeichnen, die auf einem der Gebiete forschen, denen Alois Mertes sein Leben im Dienst der Öffentlichkeit verschrieben hatte.

In jedem Frühjahr und Herbst organisiert das DHI eine Vortragsreihe, die am Institut stattfindet. Diese Vorträge, jeweils sechs an der Zahl, bieten eine reiche Vielfalt an Themen und regen zu intensiven Diskussionen zwischen den Rednern und dem Publikum an. Die Reihen werden entweder thematisch offen gestaltet oder folgen einem inhaltlichen Leitfaden. Zum letzteren Typ gehörten zum Beispiel die Reihen: "Two Different Paths to Modernity: Comparative Aspects of German and American History, 1865-1914", "The German Welfare State in International Perspective" und "Military and Militarism in German Society".




Stipendienprogramme


Die Förderung von Doktoranden und jüngeren Wissenschaftlern ist eine der wichtigsten Aufgaben des DHI. Im Laufe der Jahre hat das Institut, oft in Zusammenarbeit mit anderen akademischen Einrichtungen und Stiftungen, eine Vielzahl von Programmen entwickelt. Als Ergebnis dieser Bemühungen haben mehr als 200 Studenten von den sechs Programmen des DHI profitiert.


Das Postdoctoral Stipendienprogramm der Stiftung Volkswagenwerk

Zwischen 1991 und 1997 war es dem DHI möglich, achtzehn postdoctoral Stipendien auf dem Gebiet der deutschen Nachkriegsgeschichte zu vergeben. Das Programm wurde durch Mittel der Stiftung Volkswagenwerk in Verbindung mit dem American Institute for Contemporary German Studies in Washington, D.C. finanziert. Die Stipendien wurden an vielversprechende junge Historiker und Politikwissenschaftler für Forschungen zur deutschen Geschichte und zu den deutsch-amerikanischen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg vergeben. Die ursprüngliche Finanzierungszusage ist 1997 ausgelaufen. Das Programm wird jedoch 1998 als ein vierjähriges gemeinsames Projekt des DHI, des Deutsch-Amerikanischen Akademischen Konzil (DAAK) und der National Endowment for the Humanities (NEH) neu aufgelegt. Die Arbeit der Wissenschaftler, die für das Programm ausgewählt werden, muß sich auf die deutsche und amerikanische Geschichte seit 1945 richten und einen besonderen Bezug zur Globalisierung aufweisen. Die Hälfte der Wissenschaftler wird aus Deutschland, die andere Hälfte aus den Vereinigten Staaten kommen.


Dissertationsstipendien

Das DHI vergibt in jedem Jahr zwischen zehn und fünfzehn Dissertationsstipendien an deutsche und amerikanische Doktoranden. Während der ersten zehn Jahre haben insgesamt 110 Doktoranden solche Zuschüsse des Instituts erhalten. Die Stipendien, die für einen Zeitraum von zwei bis sechs Monaten vergeben werden, sollen diese Studenten in die Lage versetzen, in amerikanischen Archiven zu forschen. Die einzelnen Dissertationsthemen variieren beträchtlich, wie die Liste der Mitarbeiter und Forschungsprojekte auf Seite 125 dieses Berichts dokumentiert, doch behandeln sie alle Aspekte der deutschen Geschichte, der deutsch-amerikanischen Beziehungen oder der amerikanischen Geschichte. Aufgrund des besonderen Charakters der deutsch-amerikanischen Beziehungen nach 1945 und des im Großraum Washington vorhandenen umfangreichen Quellenmaterials hat sich ein großer Teil dieser Projekte mit den internationalen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigt. Zum Abschluß ihrer Forschungen ist es üblich, daß die Stipendiaten ihre Projekte mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern des Instituts diskutieren.


Das transatlantische Doktorandenseminar

Seit 1995 organisiert das DHI in Zusammenarbeit mit dem Center for German and European Studies an der Georgetown University jedes Jahr ein gemeinsames Seminar für deutsche und amerikanische Doktoranden. Das Seminar wird finanziert vom DAAK, dem DHI, der Georgetown University und der Conference Group for Central European History. Die auf diesen Seminaren vorgestellten Projekte beziehen sich jeweils auf ein besonderes Zeitalter, zum Beispiel das neunzehnte Jahrhundert oder die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Zielsetzung des Seminars geht über die Förderung vielversprechender Studenten hinaus. Es soll den transatlantischen Austausch von Ideen, Forschungsansätzen, Fragestellungen und Argumentationsstilen bereits in einem frühen Stadium der akademischen Karriere von Historikern ermöglichen. Indem es Kontakte herstellt und ein Forum für den Dialog bereitstellt, will das Seminar die Bildung einer wissenschaftlichen Gemeinschaft fördern, die auch in Zukunft zusammenarbeiten wird.


Das deutsch-amerikanische Forschungsnetz (GARN)

Dieses Programm, das ebenfalls vom Deutsch-Amerikanischen Akademischen Konzil finanziert wird, zielt auf die ehemaligen Teilnehmer des transatlantischen Doktorandenseminars und soll die dort geknüpften Kontakte vertiefen und stärken. Mit Mitteln dieses Programms sind Vorträge auf den Jahrestreffen der American Historical Association und der German Studies Association unterstützt worden.


Die Sommerkurse

Von 1990 bis 1995 hat das DHI eine Reihe von Sommerkursen für amerikanische und deutsche Doktoranden ausgerichtet, die aus Mitteln der Stiftung Volkswagenwerk finanziert worden sind. Die Kurse dienten einem doppelten Zweck: Erstens sollten die Doktoranden eine Einführung in die Lektüre deutscher Handschriften von der frühen Neuzeit bis zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts erhalten und zweitens mit den verschiedenen Typen deutscher Archive und ihrer Arbeitsweisen bekannt gemacht werden. Außerdem sollten die Teilnehmer neue Trends der deutschen Geschichtsschreibung kennenlernen und zum deutsch-amerikanischen Ideenaustausch angeregt werden. Die verschiedenen Rundreisen führten die Doktoranden an Forschungszentren in Deutschland und Österreich. Das Programm wird 1999 in Zusammenarbeit mit dem German Department der University of Wisconsin at Madison neu aufgelegt.




Veröffentlichungsreihen und weitere Aktivitäten


Das DHI bemüht sich, die Ergebnisse seiner Arbeit durch folgende Publikationen zu verbreiten: eine englischsprachige Buchreihe unter dem Titel "Publications of the German Historical Institute" (in Zusammenarbeit mit Cambridge University Press), eine deutsch-sprachige Buchreihe unter dem Titel "Transatlantische Historische Studien" (in Zusammenarbeit mit dem Franz Steiner Verlag), eine vom Institut selbst herausgegebene Serie von Reference Guides mit praktischen Informationen für die historische Forschung, die Reihe Occasional Papers sowie das halbjährlich erscheinende Bulletin of the German Historical Institute. Durch diese Publikationen wendet sich das DHI an ein breites Publikum, es nimmt damit eine wichtige Funktion als Mittler zwischen den Historikern in Deustchland und Amerika wahr.

Darüber hinaus widmet sich das DHI der Aufgabe, die deutsch-amerikanischen Beziehungen zwischen 1945 und 1990 in einer zweibändigen und zweisprachigen Publikation zu dokumentieren. Das 1995 begonnene und von Detlef Junker initiierte Projekt ist betitelt "The United States and Germany in the Era of the Cold War, 1945-1990" und wird aus Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums finanziert. Der Zusammenbruch der Sowjetunion und das Ende des Kalten Krieges eröffneten die Gelegenheit, eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme der deutsch-amerikanischen Beziehungen während einer außergewöhnlichen Phase ihres gegenseitigen Verhältnisses in Angriff zu nehmen. Das Generalthema ist in fünf analytische Dimensionen unterteilt: Politik, Sicherheit, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft. Einhundertfünfzig Wissenschaftler aus Europa und Nordamerika tragen zu dieser Synthese bei, die durch andere Aktivnräten des DHI ergänzt wird. Bei seiner Fertigstellung wird das Handbuch zum Kalten Krieg den bislang vollständigsten Überblick zu diesem einzigartigen Kapitel in der Geschichte der internationalen Beziehungen bieten.

Zusätzlich zu den in diesem Bericht vorgestellten Forschungsprojekten erbringt das DHI eine wachsende Zahl von Dienstleistungen. Seine Bibliothek, die derzeit mehr als 22.000 Bände und über 200 Zeitschriften umfaßt, wird von immer mehr Lesern benutzt und ist ständig mit Anfragen und Bitten um Informationen konfrontiert. Derartige Anfragen beziehen sich zum Beispiel auf Probleme bei der Archivforschung, auf die Forschungsprojekte anderer Institutionen und Wissenschaftler oder auf Hilfestellung bei der Ahnenforschung in Deutschland. Die Rolle des Instituts als Informationsstelle für Historiker nimmt einen wesentlichen Anteil der Arbeitskraft der Bibliothekare, der wissenschaftlichen Mitarbeiter und der Verwaltung in Anspruch.

Vor kurzem ist das Bemühen des Instituts um die transatlantische Wissenschaftskooperation weiter gestärkt worden durch die Einrichtung des German-American Center for Visiting Scholars, das sich im vierten Stock des DHI-Gebäudes in Washington befindet. Das Center ist eine gemeinsame Gründung des American Institute for Contemporary German Studies, des DAAK und des DHI. Es bietet Geistes- und Sozialwissenschaftlern Arbeitsräume und technische Unterstützung. In jedem Jahr lädt ein Auswahlgremium, das aus Repräsentanten der genannten Organisationen besteht, zehn bis fünfzehn Gastwissenschaftler ein, am Center zu forschen. Die Vorbereitungen für die Einrichtung des Center waren 1997 abgeschlossen, die Einweihung erfolgte im Februar 1998.

Das DHI hat von der Hilfe und Kooperationsbereitschaft zahlreicher Institutionen außerordentlich profitiert. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (das ehemalige Bundesministerium für Forschung und Technologie) stellt die Mittel für die Arbeit des Instituts bereit. Das Institut dankt insbesondere Herrn Ministerialdirektor a.D. Dr. Josef Rembser, Herrn Ministerialdirigent a.D. Volker Knoerich, Herrn Ministerialrat Dr. Bernhard Döll, Herrn Regierungsdirektor Dr. Manfred Pusch, Herrn Oberamtsrat Karl-Friedrich Wiesmath und Frau Oberamtsrätin Martina Hermanns, die unsere Arbeit kontinuierlich und kenntnisreich unterstützten. Unser besonderer Dank gilt Herrn Ministerialdirektor Michael Mertes im Bundeskanzleramt sowie dem Koordinator für die deutsch-amerikanische zwischengesellschaftliche, kultur- und informationspolitische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt, Herrn Prof. Dr. Werner Weidenfeld. Andere deutsche Organisationen haben das DHI ebenfalls großzügig gefördert. Dazu gehören das Bundesministerium für Wirtschaft, die Stiftung Deutsch-Amerikanisches Akademisches Konzil, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft, die Stiftung Volkswagenwerk, die Robert Bosch Stiftung, die Gerda Henkel Stiftung, die Fritz Thyssen Stiftung, das Goethe-Haus in New York, das Goethe-Institut in Washington, D.C., die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Friedrich-Naumann-Stiftung. Der Austausch von Informationen und Anregungen mit den Mitarbeitern der Deutschen Botschaft in Washington, D.C. war immer sehr fruchtbar.

Darüber hinaus möchte das Institut seine Dankbarkeit für die Unterstützung und Ermutigung durch die Friends of the German Historical Institute, eine 1991 gegründete Gruppe, zum Ausdruck bringen. Die Friends haben eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Expansion des DHI gespielt, vor allem bei der Förderung der Kontakte zwischen dem DHI und den amerikanischen Deutschlandhistorikern. Die Gruppe repräsentiert vier für das DHI besonders wichtige Organisationen: die American Historical Association, die Conference Group for Central European History, die German Studies Association und die Society for German-American Studies.

Das DHI möchte sich daneben auch bei den amerikanischen Institutionen bedanken, mit denen es während des vergangenen Jahrzehnts zusammengearbeitet hat. Dazu gehören die National Archives, die European Division of the Library of Congress, das National Endowment for the Humanities, die Smithsonian Institution, der German Marshall Fund, das American Institute for Contemporary German Studies, die Georgetown University Center for German and European Studies und die vielen Universitäten und anderen akademischen Einrichtungen, die an der Planung und Organisation unserer internationalen Konferenzen mitgewirkt haben.

Das Institut steht in der Schuld der Mitglieder des Stiftungsrates und des wissenschaftlichen Beirates, die im Laufe der Jahre eine maßgebliche Rolle bei den strukturellen und personellen Entscheidungen gespielt haben, die das DHI geprägt haben. Durch die Hilfe der genannten Institutionen ist das DHI in der Lage gewesen, seine ehrgeizigen Ziele zu verwirklichen. Wir sind zuversichtlich, daß das Institut seine erfolgreiche transatlantische Arbeit fortsetzen und seiner Aufgabe auch in den kommenden zehn Jahren - und darüber hinaus gerecht werden wird.

Detlef Junker Direktor
November 1998, Washington, D.C.