Abstract
The usefulness of heart rate variability (HRV) and heart rate (HR) for documenting short and long term effects of two different changes in the social environment - (I) grouping and (II) grooming simulations - of pigs was examined. Grouping is known as a stressful event for pigs, because a new group hierarchy has to be established. Pigs are grooming each other and the behaviour of the recipient indicates a state of relaxation.
Keywords:
pig, heart rate, heart rate variability, vagal tone, grouping, grooming, stress, environmental enrichment, long term effects, Lorenz plot
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Inhaltsverzeichnis
In der vorliegenden Arbeit wurde die Eignung der Herzschlagvariabilität (HRV) und der Herzschlagfrequenz (HR) zur Dokumentation kurz- und langfristiger Einflüsse von zwei unterschiedlichen Änderungen in der sozialen Umwelt - (I) Gruppierung und (II) Grooming-Simulationen - von Hausschweinen untersucht. Eine Gruppierung von Schweinen wird allgemein als belastend für die Tiere angesehen, da sie eine neue Gruppenstruktur etablieren müssen. Schweine zeigen soziale ‘Fellpflege’ (Grooming), wobei das Verhalten des Akzeptors auf einen entspannten Zustand hindeutet.
Mit einer quantitativen Lorenz-Plot Analyse wurden zwei HRV-Parameter berechnet: die SD1, welche in Ruhe in hohem Maß mit dem Vagustonus korreliert ist und die SD2, welche eher die Gesamtaktivität aller an der Steuerung des Herzschlags beteiligten Komponenten abbildet. Um motorische Einflüsse auf SD1, SD2 und HR zu minimieren, wurden nur jene validen 5-min-Intervalle aus den nicht-invasiven telemetrischen Messungen aufeinanderfolgender Herzschlagintervalle analysiert, in denen die Schweine ruhig auf der Seite lagen.
(I) Im Gruppierungsexperiment wurden 16 zunächst einzeln gehaltene Schweine in der 22. Lebenswoche (LW) in 4 Gruppen je 4 Tiere zusammengestallt, wobei 2 Gruppen zusätzliche Manipulationsobjekte zur Verfügung standen. Weitere 8 Schweine verblieben in Einzelhaltung . Von LW20 bis LW25 wurden die individuellen Mediane von HR, SD1 und SD2 aus den validen 5-min-Intervallen jeder Woche berechnet. Nach der Gruppierung erhöhte sich die HR und verringerte sich die SD1 in LW22 im Vergleich zur Vorwoche (p < 0,05). Von LW22 bis LW24 war bei den Schweinen in Gruppenhaltung die HR höher und die SD1 niedriger als bei den einzeln gehaltenen Schweinen (p < 0,05), wogegen in LW25 keine Unterschiede gefunden wurden. Ein Einfluss der Gruppierung auf die SD2 wurde nicht nachgewiesen. Die Manipulationsobjekte hatten keinen Einfluss auf die bei der HR und der SD1 gefundenen Gruppierungseffekte. Da die SD1 als quantifizierbarer Index des Vagustonus gilt, deuten die Ergebnisse auf eine dreiwöchige Verringerung der basalen parasympathischen Aktivität nach der Gruppierung hin, was für eine lang anhaltende Belastung der Tiere spricht, da ein niedriger Vagustonus bei Säugetieren als Indikator für Stress gilt.
(II) Im Groomingexperiment wurde bei 8 Schweinen in LW26 und LW27 regelmäßig (3 x 5 min pro Tier und Tag an 4 Tagen je Woche) durch einen Experimentator Grooming simuliert (‘Massagen’ im Kopf und Bauchbereich mit den Fingern). Während der Grooming-Simulation erhöhte sich die HR und verringerte sich die SD1 (p < 0,05); ein eindeutiger Effekt auf die SD2 wurde nicht gefunden. Die physiologische Reaktion (verringerte parasympathische Aktivität) beim Grooming-Akzeptor spricht für einen ‘angespannten’ Zustand der Schweine, im Gegensatz zum Verhalten der Tiere, welches eher auf eine ‘Entspannung’ hindeutet (u.a. auf die Seite legen, niedriger Muskeltonus, geschlossene Augen). Daher lässt sich die Reaktion der Schweine auf die Grooming-Simulationen am ehesten mit dem Begriff ‘positive Anspannung’ beschreiben. Zur Untersuchung der langfristigen Effekte der regelmäßigen Grooming-Simulationen wurden die individuellen Wochenmediane der HR, SD1 und SD2 aus jenen validen 5-min- Intervallen berechnet, die nicht unmittelbar vom Experiment beeinflusst waren. In der zweiten Woche des Groomingexperiments (LW27) erhöhten sich im Wochenmedian beide HRV-Parameter, während sich die HR verringerte (p < 0,05). Die Ergebnisse deuten auf eine langfristige Erhöhung der basalen parasympathischen Aktivität aufgrund der regelmäßigen Grooming-Simulationen hin.
Zusammenfassend lassen die Ergebnisse den Schluss zu, dass mit HR und HRV langfristige Einflüsse von Veränderungen der sozialen Umwelt bei Schweinen dokumentiert werden können. Insbesondere HRV-Parameter, die den Vagustonus abbilden (z.B. SD1), können ein geeignetes Hilfsmittel zur Untersuchung verschiedener Aspekte in der angewandten Nutztierforschung sein.
A quantitative Lorenz plot analysis was used to calculate two HRV-parameters: the SD1, which correlates to the vagal tone and the SD2, depending on overall activity of all components which control heartbeat. In order to minimise the influence of motor activity on SD1, SD2 and HR, only those valid 5-minute-periods of non-invasive telemetric measurements of succeeding beat-to-beat intervals were taken into account, in which pigs remained in recumbency.
(I) In a housing experiment, 16 single housed pigs were grouped into 4 groups of 4 pigs at the age of 22 weeks. In pens of 2 groups, objects for manipulation were available. Eight other pigs remained in single housing. From week 20 to 25, individual medians of HR, SD1 and SD2 from all valid 5-minute-periods per week were calculated. After grouping, HR increased and SD1 decreased compared to week 21 (p < 0.05). From week 22 to 24, HR of the group housed pigs was higher and SD1 was lower compared to single housed pigs (p < 0.05), but no differences were found in week 25. SD2 was not affected by grouping and objects for manipulation did not influence grouping effects on HR and SD1. The results indicate a grouping induced long term (3 weeks) decrease in parasympathetic activity (i.e. SD1 is an index for vagal tone), which can be explained as a long lasting stress effect (i.e. a low vagal tone is an indication for stress in mammals).
(II) In a second experiment, grooming was simulated by massaging eight single housed pigs along their head and belly with fingers by the experimental handler during 5-minute-periods of grooming-simulation (3 simulations per pig/day on 4 days per wk during wk 26 and 27). Experimental grooming increased HR while SD1 decreased (p < 0.05), but had no effect on SD2. The physiological results are pointing to a state of tension (i.e. decreased parasympathetic activity), which appear contradictory to the behavioural reaction suggesting relaxation (e.g. moving into a recumbent position, general muscle relaxation, closed eyes). However, this particular reaction to grooming can be interpreted as a response best described as ‘positive strain’. Long-term effects of grooming were investigated by calculating the individual medians of HR, SD1 and SD2 from all valid 5-minute-periods per week. Contrary to the short-term effects of grooming, the periodical grooming-simulations caused an increase of both HRV-parameters (SD1 and SD2) and a decrease of HR in the second week (wk 27) of the experiment (p < 0.05). The results indicate an increase of parasympathetic activity as a long term effect of the grooming-simulations.
It can be concluded that HR and HRV measurements provide valid information about the long term effects of changes in the social environment on pigs. The application of HRV, especially those HRV-parameters which reflect the vagal tone like SD1, can be a sensitive tool to address problems in applied animal research.
Schwein, Herzschlagfrequenz, Herzschlagvariabilität, Vagustonus, Gruppierung, Grooming, Stress, Umweltanreicherung, Langzeiteffekte, Lorenzplot
Inhaltsverzeichnis, Abbildungs- und Tabellenverzeichnis, Abkürzungen und Fachtermini (i-vii)
1 Einleitung (1-2)
2 Literaturübersicht (3-20)
3 Material und Methoden (21-34)
4 Ergebnisse (35-61)
5 Diskussion (62-93)
6 Schlußfolgerungen (94-95)
7 Zusammenfassung (96-98)
8 Summary (99-100)
9 Literatur (101-122)
Anhang (I-XVI)