Peter J. W. Debye  


Fachliche Leistung

Wissenschaftliche Grundlage aller Erfolge Debyes ist die Quantentheorie, zu deren frühen Pionieren er gehörte. 1912 modifizierte Debye Albert Einsteins Theorie der spezifischen Wärme. Er nahm die Molekülschwingung eines Kristalls als kontinuierliches Spektrum bis zu einer stoffspezifischen, maximalen Frequenz an. In diesem Zusammenhang wurde durch Debye auch eine für den Festkörper charakteristische Größe, die so genannte Debye-Temperatur eingeführt. Sie ist ein Maß für die Temperatur, von der an die Schwingungsmoden bzw. Freiheitsgrade eines Festkörpers "einzufrieren" beginnen. Die Theorie der spezifischen Wärme war einer der ersten theoretischen Erfolge der Quantentheorie.
Debyes Theorie über das Dipolmoment der Moleküle aus dem selben Jahr trug zur Aufklärung der Molekülstruktur in der Chemie wesentlich bei.

Debye wandte die Quantentheorie auch an, um die Wärmeleitfähigkeit von Kristallen bei niedrigen Temperaturen, die Veränderung der Sättigungsintensität der Magnetisierung mit der Temperatur, die Theorie der Raumquantelung (gemeinsam mit dem deutschen Physiker A. Sommerfeld) und Streuphänomene von Röntgenstrahlen (unabhängig von dem amerikanischen Physiker A. H. Compton) zu erklären. Für seine Pionierleistungen auf dem Gebiet der Röntgenbeugung war Debye bereits 1916 und 1917 für den Physiknobelpreis nominiert.

Ab 1915 entwickelte er in Zusammenarbeit mit P. Scherrer eine Methode zur Bestimmung molekularer Strukturen von nicht einkristallinen Festkörpern mittels Röntgenstrahlen. Diese "Pulvermethode" trug wesentlich zur breiten Anwendung der Röntgenstrukturanalyse bei und gehört heute zu den wichtigsten Untersuchungsmethoden der Strukturbestimmung kristalliner Materialien.

1923 stellte Debye zusammen mit Erich Hückel, einem seiner Assistenten, eine Theorie der Dissoziation von Elektrolyten auf (heutzutage als Debye-Hückel-Theorie bezeichnet), die für die Chemie und für Fortschritte auf dem Gebiet der Elektrolyse von großer Bedeutung ist. Die Theorie interionischer Wechselwirkungen in Elektrolytlösungen ermöglichte erstmals eine exakte Berechnung der Konzentrationsabhängigkeit der elektrischen Leitfähigkeit und der Gefrierpunkterniedrigung auch für starke Elektrolyte.
Das Nobelkomitee würdigte 1936 mit seiner Entscheidung für die Vergabe des Preises keine Einzelleistung Debyes, sondern eine Vielzahl von Verdiensten um die Entwicklung von theoretischen Vorstellungen und experimentellen Messverfahren zur Strukturaufklärung der Materie.