Der Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften  

 

Der Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften
der Schwedischen Reichsbank (Sveriges Riksbank)


Der Preis für Wirtschaftswissenschaften gehört nicht zu den von Alfred Nobel testamentarisch gestifteten Preisen. Er ist ein Preis zum Gedächtnis an Alfred Nobel und wurde 1968 von der Schwedischen Nationalbank aus Anlass ihres 300- jährigen Bestehens gestiftet. Die Schwedische Königliche Akademie der Wissenschaften vergibt den Preis nach denselben Regeln wie bei den Nobelpreisen.


Dominanz der USA

Von den 43 zwischen 1969 und 2000 vergebenen Preisen gingen 30 an Bürger der USA. Darin spiegelt sich die beherrschende Rolle der Vereinigten Staaten in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung in diesem Zeitraum wider. Die einzigen anderen Länder, in die der Preis sonst ging, waren Großbritannien (6 Preise), Schweden und Norwegen (je 2 Preise), Frankreich, Kanada, Indien, Deutschland, die Niederlande und die Sowjetunion (je ein Preis). Bislang ist Reinhard Selten (*1930, Universität Bonn) der einzige deutsche Preisträger in dieser Kategorie. Er wurde 1994 gemeinsam mit John Charles Harsanyi und John Forbes Nash für die bahnbrechende Analyse von Gleichgewichten in der Theorie nichtkooperativer Spiele mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet.


Trends

Die Wirtschaftswissenschaften decken ein sehr breites Spektrum ab, das von "weichen" gesellschaftswissenschaftlichen bis zu "harten" mathematischen Fragestellungen reicht. Arbeiten aus allen diesen Bereichen wurden mit dem Preis ausgezeichnet. Der erste Preis ging 1969 an die Mathematiker Jan Tinbergen (1903- 1994) und Ragnar Frisch (1895-1973) für ihre Forschungen über ökonomische Modellbildung. Sie wandten statistische und mathematische Methoden auf ökonomische Theorien an. Ihre mathematischen Modelle wurden später zur Erklärung des Verhaltens von Volkswirtschaften und Weltwirtschaft auf der einen Seite und des einzelnen Konsumenten auf der anderen Seite verwendet.
Häufig wurde der Preis auch an Wirtschaftswissenschaftler vergeben, die der ökonomischen Analyse neue Felder erschlossen haben. So erhielt beispielsweise 1992 Gary S. Becker (*1930) den Preis für seine Arbeiten im Grenzbereich zwischen Soziologie und Wirtschaftswissenschaften. Simon Kuznets (1901-1985) bekam 1971 den Preis für seine zwischen Wirtschafts- und Geschichtswissenschaft angesiedelten Forschungen.
Die Unterschiedlichkeit der Empfänger des Preises für Wirtschaftswissenschaften spiegelt den breiten und interdisziplinären Ansatz des Auswahlkomitees wider, der den multidimensionalen Charakter ökonomischer Forschung betont. Unter allen Nobelpreisen unterliegt der Preis für Wirtschaftswissenschaften den wenigsten Beschränkungen hinsichtlich des Gegenstandes oder der Politik.

 

Jan Kornelis Oosthoek