Walther
H. Nernst

Fachliche Leistung
Nernst gilt als einer der Mitbegründer der modernen physikalischen Chemie
und arbeitete bahnbrechend auf dem Gebiet der Thermochemie, Elektrochemie
und Kinetik. Seine Arbeiten auf diesen Gebieten trugen entscheidend zum Verständnis
chemischer Reaktionen bei und finden sich heute als Grundwissen in Lehrbüchern
der physikalischen Chemie.
In Göttingen befasste sich Nernst mit dem Ausbau der neuen elektrochemischen
Theorien, z.B. Restströmen, Überspannungen, Polarisation, Elektrokapillarität
und Dielektrizitätskonstanten. Dazu kamen genaue Molmassebestimmungen
mit Hilfe der Nernstschen Mikrowaage und die Untersuchung von Gasgleichgewichten
bei hohen Temperaturen. Hier stellte er auch den Nernstschen Verteilungssatz
auf:
"Löst sich eine Substanz in zwei verschiedenen nicht mischbaren
Flüssigkeiten, so verteilt sie sich derart, dass das Verhältnis
der Konzentrationen konstant ist." Er konstruierte 1897 die Nernst-Lampe
(eine Vorläuferin unserer heutigen Glühbirne), die aus einem elektrischen,
zum Glühen gebrachten Stäbchen aus Seltenerdmetalloxiden bestand
und ein sehr weißes, sonnenähnliches Licht aussandte, das leistungsfähiger
als die alten Kohle-Lichtbogenlampen war. Der durchschlagende Erfolg seiner
Erfindung blieb ihm jedoch verwehrt, weil die kurze Zeit später entwickelten
Metallfadenlampen noch bessere Werte zeigten.
1899 entdeckte er das nach ihm benannte Nernstsche Reizschwellengesetz, das
für kurze Reizzeiten den Schwellenwert der für eine Nervenreizung
nötigen Stromstärke in Beziehung setzt zur Frequenz des Wechselstroms.
1906 gelang ihm seine wohl größte und bedeutendste Entdeckung:
das nach ihm benannte Nernstsche Wärmetheorem, besser bekannt als der
3. Hauptsatz der Thermodynamik, das er auf die Berechnung chemischer Gleichgewichte
anwendete.
Es ging um das Problem, chemische Gleichgewichte aus thermischen Daten zu
berechnen, was aus den zwei bisher bekannten Hauptsätzen der Thermodynamik
nicht ohne eine zusätzliche Aussage möglich war. Durch die Erweiterung
der in den beiden ersten Hauptsätzen der Thermodynamik verankerten Prinzipien
entwickelte Nernst zum Teil schon in Göttingen den 3. Hauptsatz der Thermodynamik,
der besagt, dass der absolute Nullpunkt der Temperatur (-273,15 Grad Celsius)
prinzipiell nicht erreichbar ist. Entscheidend für diese Entdeckung waren
Erkenntnisse über das von der Quantentheorie geprägte Verhalten
der Wärmekapazitäten fester Körper bei tiefen Temperaturen.
Sein Postulat war für die Entwicklung der Quantentheorie, die sich mit
der Struktur und der Energie des Atoms befasst, von Bedeutung. Mit dieser
Annahme war es tatsächlich möglich, chemische Gleichgewichtszustände
aus thermodynamischen Daten vorauszuberechnen. Als Anerkennung für seine
thermochemischen Arbeiten erhielt Nernst für das Jahr 1920 den Nobelpreis
für Chemie. Sein Theorem wurde bald an industriellen Problemen wie der
Berechnung der Ammoniaksynthese überprüft, und es wurden zahlreiche
Bestimmungen der spezifischen Wärme von Festkörpern bei tiefen Temperaturen
und von Dampfdichten bei hohen Temperaturen durchgeführt.