Zusammenfassung
Das Schwerefeld der Ostalpen wird in dieser Arbeit mittels verschiedenster
Methoden analysiert, um Erkenntnisse über Struktur und Aufbau der
Lithosphäre zu gewinnen. Insbesondere sollen die durch den Kollisionsprozess
zwischen europäischer und adriatischer Platte verursachten Charakteristika
der Struktur der Lithosphären bestimmt werden.
Mit den verwendeten direkten Interpretationsverfahren ist eine erste
Bestimmung der Hauptquellen des Schwerefeldes möglich. Für die
Ostalpen zeigt sich, dass die Dichteverteilung an der Krusten-Mantel-Grenze
und in der Oberkruste die Hauptquellen des Schwerefeldes bilden.
Eine direkte Berücksichtigung der Ergebnisse aus anderen
Disziplinen bietet die 3D-Vorwärtsmodellierung. Für die Ostalpen
ergeben sich, unter Verwendung der Ergebnisse verschiedener Randbedingungen
zwei alternative Modelle für die 3D-Dichtestruktur der Lithosphäre.
Gemeinsam ist den beiden Modellen die Struktur in den oberen 10 Kilometer
der Kruste. Es zeigt sich, dass die Dichteinhomogenitäten in der Oberkruste
bis zu einem Drittel der gesamten Bougueranomalie verursachen.
Das Modell Eschen-38 basiert auf dem Geschwindigkeitsmodell Eschen-38
und zeigt hauptsächlich Dichteunterschiede in vertikaler Richtung.
Das zweite Modell dagegen berücksichtigt stärker die Ergebnisse
der Reflektionsseismik und der Receiver-Function-Analysis, die im Rahmen
des TRANSALP-Experiments gewonnen wurden.
Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse ergibt sich eine veränderte
Geometrie der Krusten-Mantel-Grenze innerhalb der adriatischen Platte und
eine damit verbundenen andere Dichte- und Lastenverteilung. Die 3D-Dichtemodelle
liefern die interne Lastenverteilungen der ostalpinen Lithosphäre,
die für die Betrachtung des isostatischen Ausgleichs und die
Bestimmung der flexurellen Rigidität der Lithosphärenplatte benötigt
werden.
Eine Untersuchung des lokalen isostatischen Verhaltens im Sinne des
Modells von Airy zeigt den starken Einfluss innerkrustaler Lasten
auf die isostatischen Verhältnisse. So korreliert das isostatische
Residualfeld starkmit den an der Oberfläche beobachtbaren tektonischen
Einheiten bzw. der Schwerewirkung der oberen 10 km der Kruste.
Berücksichtigt man die gesamten innerkrustalen Masseninhomogenitäten
gegenüber einer homogenen Kruste konstanter Dichte, erhält man,
abhängig vom verwendeten Dichtemodell, starke Auflasten der Unterkruste,
welche auf die Ausgleichsfläche wirken.
Für die Analyse der regionalen Isostasie nach Vening-Meinesz werden
Flexurmodelle verwendet und die flexurelle Rigidität mittels der Konvolutions-Methode
berechnet. Die Lithosphäre der Ostalpen ist in weiten Teilen
durch niedrige Werte der flexurellen Rigidität (D < 10E21 Nm) ausgezeichnet.
Im Modell TRANSALP werden jedoch im Bereich der Südalpen für
die flexurelle Rigidität hohe Werte (D > 100E21 Nm) bestimmt, welche
in Zusammenhang mit den sehr großen innerkrustalen Auflasten stehen,
die durch die mächtige adriatische Unterkruste verursacht werden.
Insgesamt deuten die Ergebnisse der unterschiedlichen Analyseverfahren
darauf hin, dass das Modell Eschen-38 das realistischere ist. Die sehr
hohen Dichten in der adriatischen Unterkruste im Modell TRANSALP,
und die damit verbundenen großen innerkrustalen Auflasten und resultierenden
Werte der flexurellen Rigidität, deuten drauf hin, dass die modellierte
Moho nicht der Grenze zwischen Kruste und Mantel entspricht, sondern dem
Übergang zwischen unterschobener europäischer Kruste und adriatischem
Mantel oder einem Übergang im oberen Mantel. |