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Kapitel 3 - Herkunft aus öffentlichen Institutionen | Übersicht |


30 Bilder von Amerika in der Frühen Neuzeit

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Johann Ludwig Gottfried:
Historia Antipodum, oder Neue Welt (und americanische Historien), das ist, Natur und
Eigenschafft des halben Theils der Erden, so West-Indien genannt wird.
Frankfurt/Main: Meriansche Erben, 1655.
Signatur: 4º Hist. Am. I, 310 Rara
Provenienz: Michaeliskloster Lüneburg, 1853

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4° Hist. Am. I, 310 Rara (Ausschnitt)
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Das Amerikabild, die visuelle Vorstellung, welche Europäer der Frühen Neuzeit von der Neuen Welt besaßen, wurde stark von den großen illustrierten Sammelwerken des Frankfurter Verlegers und Kupferstechers Theodor de Bry (1528 – 1598) oder des Engländers Richard Hakluyt (um 1551 – 1616) geprägt. 1590 erschien bei de Bry der erste Band der Sammlung von Reisen in das westliche Indien und das östliche Indien, die bis 1630 auf 14 Bände anwuchs und die nach dem Tode de Brys von seinem Sohn Johann Theodor (1561 – 1623) sowie dessen Schwiegersohn Matthäus Merian d. Ä. (1593 – 1650) weiter herausgegeben wurde. Trotz des verlegerischen Erfolgs dieser monumentalen, mit zahlreichen illustrierten Kupferstichen versehenen Ausgabe konnten sich natürlich nur einige vermögende Sammler und größere Bibliotheken diese Bände leisten.

Aus diesem Grund beauftragte Matthäus Merian d. Ä. den calvinistischen Pastor und Gelehrten Johann Ludwig Gottfried (um 1584 – 1633) mit der Erstellung einer kompilierten und günstigeren Ausgabe des großen Sammelwerks de Brys. Gottfried, der nach einem Theologiestudium in Heidelberg seit 1603 als Diakon und Pastor in verschiedenen Gemeinden der linksrheinischen Kurpfalz und in Offenburg tätig war, wirkte seit 1625 als Schriftsteller und Gelehrter. Er verfasste unter anderem eine Weltchronik, die noch zu Zeiten Goethes oft gelesen wurde. Die Gottfriedsche Historia Antipodum erschien in der ersten Auflage 1631. Der hier vorliegende Nachdruck – sowie eine weitere 1663 in Nürnberg erschienene Ausgabe – zeugen vom Erfolg des Werkes. Erst die Gottfriedsche Neubearbeitung begründete die Popularisierung und breitere Rezeption der Kupferstiche de Brys.

Einer der zeitgenössischen Reiseberichte, den Gottfried in seiner Darstellung paraphrasierte, war die erstmals 1557 in Marburg erschienene Warhaftig Historia und Beschreibung eyner Landschafft der Wilden, Nacketen, Grimmigen, Menschenfresser Leuthen, in der Newenwelt America gelegen des Hans Staden († 1556). Es handelte sich dabei um den ersten deutschsprachigen Bericht aus Amerika, in diesem Falle aus Südamerika, da Staden zwischen 1547 und 1554 zwei Brasilienreisen unternommen hatte. Die vorliegende Abbildung bezieht sich auf seine Gefangennahme durch Indianer vom Stamm der Tupinamba. Nach der Gefangennahme wurde er mit einer Federkrone geschmückt und in einem rituellen Tanz von Indianerinnen umringt.

(WE)