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Kapitel 6 - Von adliger Herkunft | Übersicht |


52 Ein Geschenk königlicher Freigebigkeit

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[Carl von Rechberg, Georges Bernard Depping]:
Les peuples de la Russie, ou description des moeurs, usages et costumes des diverses
nations de l’empire de Russie. Accompagnée de figures coloriées. Bd. 1. Paris 1812.
Signatur: gr. 2° Hist. Russ. 150/5
Provenienz: Jérôme Bonaparte, 1813

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gr 2° Hist. Russ. 150/5 (Ausschnitt)
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Im Jahre 1813 wurde in den Göttingischen gelehrten Anzeigen ein besonderes „Prachtwerk ..., das wir als ein neues Geschenk königlicher Munifizenz verehren“, angekündigt. Erhalten hatte es die Göttinger Universitätsbibliothek, wie die panegyrisch geprägte Einleitung der Rezension berichtet, „am 4. April, demselben Tage, welcher der hiesigen Universität durch die abermahlige Anwesenheit Seiner Majestät, unseres Allergnädigsten Königes, und durch Höchstihre lange, und an Beweisen königlicher Huld und Theilnahme an der Blüthe unserer Lehranstalt reiche Unterredung mit dem auf der Bibliothek versammelten Corps der Professoren, auf immer unvergesslich bleiben wird“. Der Schenker des Buches war Jérôme Bonaparte (1784 – 1860), der Anlass der Schenkung sein fünfter – und letzter – Besuch in der Hauptstadt des Leinedepartements; das Werk selbst schließlich beschäftigte sich ausgerechnet mit den Völkern eines Landes, das den militärischen Niedergang der napoleonischen Herrschaft einleitete: mit Russland, dem Schauplatz des militärischen Fiaskos der Grande Armée des Jahres 1812.

Militärische Inhalte freilich spielten in dem königlichen Geschenk keine Rolle; vielmehr galt das Interesse seines Verfassers, des Grafen Carl von Rechberg (1775 – 1847), ganz einer ethnographischen Darstellung des Vielvölkerstaates in Wort und Bild. Dabei folgt seine Gruppierung der Völker des Russischen Reiches in slavische, finnische und tatarische Ethnien sowie in Völker unbekannten Ursprunges und eingewanderte Bevölkerungsgruppen Klassifikationen, die von Johann Gottlieb Georgi (1738 – 1802) entwickelt worden waren. Die ersten drei Gruppen sind im ersten von zwei Bänden dargestellt; besonderes Augenmerk gilt dabei dem russischen Volk, dessen Trachten, religiöse Bräuche und Alltagsvergnügungen ausführlich beschrieben werden. Es ist nicht feststellbar, welchen Anteil an den Texten, die Standardwerken der Zeit folgen, Rechberg besitzt, welchen der deutsch-französische Historiker Georges Depping (1784 – 1853), der den Text bearbeitet hat.

Von ungleich größerer Bedeutung als der 124-seitige Textteil des Bandes jedoch sind die ihn begleitenden 48 Kupferblätter, die im Sinne eines Genrebildes typische Trachten und Lebenssituationen der einzelnen Völker abbilden. Der Kunstliebhaber Rechberg hatte die Entwürfe von Emel’jan M. Karneev (1780 – ca. 1839) erworben, der sie auf einer Russlandreise angefertigt hatte; sie wurden von K. Wagner und anderen Künstlern handkoloriert. Stolz vermerkt die Rezension in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen, dass das Werk somit „zu den prächtigsten, die in unsern Tagen erschienen sind“, gehöre. Aufgeschlagen ist die Darstellung eines Ringspiels.

(SG)