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Kapitel 7 - Göttinger Gelehrte | Übersicht |


59 Der erste moderne Geschichtsatlas

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Johann Matthias Hase:
Atlas historicus comprehendens imperia maxima seu monarchias orbis antiqui historice,
chronologice et geographice.
Nürnberg: Homännische Erben, 1750.
Signatur: gr. 2° Geogr. 307 Rara
Provenienz: Johann Michael Franz, 1754

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gr 2 ° Geogr. 307 Rara (Ausschnitt)
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Den Höhepunkt der geschichtskartographischen Publikationen des Verlages Homännische Erben bilden die historischen Karten des Johann Matthias Hase (1684 – 1742). Der Sohn eines Augsburger Mathematiklehrers studierte zunächst Theologie in Helmstedt und seit 1704 Mathematik an der Universität Leipzig. 1719 wurde er als Professor für Mathematik an die Universität Wittenberg berufen, wo er fast 23 Jahre lang wirkte. Hase wurde von Johann Michael Franz als Autor für die Erstellung von historischen Karten für den Verlag angeworben. Infolge seines besonderen Interesses an der politisch-territorialen Geschichte des europäischen, nordafrikanischen und asiatischen Raumes begann Hase schon relativ früh, sich mit der geschichtskartographischen Darstellung dieser Gebiete zu beschäftigen. Seine historischen Karten bilden einen Wendepunkt in der Geschichtskartographie. Hase beschränkt sich – ganz im Sinne der Geschichtsauffassung der Aufklärung – als einer der ersten auf seinen Karten nicht auf Europa und den Mittelmeerraum, sondern bezieht außereuropäische Weltreiche in seine Betrachtungen mit ein und führt die Karten bis in die jüngste Zeitgeschichte.

Johann Matthias Hase wollte seine jahrzehntelangen Forschungen über die Großreiche der Weltgeschichte mit einem umfangreichen Werk krönen. Sein plötzlicher Tod im Jahre 1742 vereitelte das Vorhaben. Auf Initiative von Johann Michael Franz veröffentlichte der Verlag der Homännischen Erben mit einiger Verzögerung 1750 die bereits fertig gestellten sieben Karten, die das Römisch-Deutsche Reich betrafen. Diese Karten umspannen eine Zeit von mehr als 900 Jahren, nämlich vom Tod Karls des Großen (814) bis zu Karl VI. (1736).

Aus Kostengründen wurde für alle sieben Karten nur eine einzige Kupferplatte angefertigt. Daher sind auf jeder Karte die gleichen Beschriftungen vorhanden. Die sieben Karten unterscheiden sich lediglich durch das mit der Hand angelegte Kolorit voneinander. Um die einzelnen Farben den entsprechenden Territorien zuordnen zu können, wurde jeder Karte eine eigene Farberklärung beigegeben, so dass jedes Blatt aus zwei Teilen besteht: aus einer Kupferstich-Karte und aus einer Kupferstich-Farbenerklärung jeweils mit Handkolorit. Auf Hases Geschichtskarten kommt den mit der Hand aufgetragenen Farben eine derart zentrale Bedeutung zu, dass ohne sie eine Vermittlung des Karteninhalts gar nicht möglich wäre. Dementsprechend sorgfältig und exakt musste das Kolorit auf die Drucke aufgetragen werden.

(MS)