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Kapitel 10 - In Dankbarkeit verbunden – Schenkungen Ehemaliger | Übersicht |


99 Eine geheime Karte
der ersten Kamtschatka-Expedition

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Petr Avraamovič Čaplin:
Sija karta sočinisja v sibirskoj ėkspedicii pri komande flota capitana Beringa ot Tobol’ska do Čjukockago ugla. [Diese Karte wurde während der sibirischen Expedition unter dem Kommando des Flottenkapitäns Bering von Tobolsk bis zum Tschuchotskischen Bogen verfasst].
Aquarellierte Federzeichnung, Russland um 1729.
Signatur: gr. 2° Cod. Ms. Asch 246
Provenienz: Georg Thomas von Asch, 1777

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gr 2° Cod. Ms. Asch 246 (Ausschnitt)
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Kurz vor seinem Tode erteilte Peter der Große (1672 – 1725, reg. 1682 / 89 – 1725) dem dänischen Kapitän Vitus Bering (1680 – 1741) den Auftrag zu erforschen, ob es eine Nordostpassage oder eine Landverbindung zwischen Sibirien und Nordamerika gebe. Im Februar 1725 brach die 34-köpfige erste Kamtschatka-Expedition von St. Petersburg über Tobolsk und Jakutsk nach Ochotsk auf. Die Bewältigung des mehr als 6.000 Kilo- meter umfassenden Landweges von der russischen Hauptstadt bis zur Ostküste nahm zwei Jahre in Anspruch. Von Kamtschatka aus stach Bering nordwärts in See. Er segelte durch die Meerenge zwischen Asien und Amerika, scheiterte jedoch bei seinem Versuch, seine Aufgabe zweifelsfrei zu lösen. Bering kehrte 1730 nach St. Petersburg zurück, um Bericht zu erstatten, und schlug vor, eine weitere Forschungsreise durchzuführen. Die anschließende, zwischen 1733 und 1743 andauernde zweite Kamtschatka-Expedition sollte zum vermutlich größten Expeditionsunternehmen der Geschichte werden.

Obgleich die Detailergebnisse der ersten (wie auch der zweiten) Kamtschatka-Expedition unter strengster Geheimhaltung standen, gelangten immer wieder Kenntnisse ins Ausland – so auch eine um 1729 vom Leutnant zur See Petr Čaplin († 1765) handgezeichnete Karte, die Asch 1777 nach Göttingen sandte. Ein ähnliches Werk hatte Bering seinem Rapport an das St. Petersburger Admiralitätskollegium beigefügt. Die Karte, die kartographische und ethnologische Informationen verbindet, ist das wissenschaftshistorisch wichtigste und auch schönste Einzelstück der Göttinger Kartensammlung. Sie zeigt die Gegenden zwischen Tobolsk und Kamtschatka und neben einem genaueren Umriss der Küste Kamtschatkas auch zehn schwarz umrandete farbige Zeichnungen mit Vertretern der Ethnien des Gebietes (von links nach rechts, oben nach unten): einen Samojeden mit Schneeschuhen, eine Jakutin, eine Rentier-Tungusin sowie einen Rentier-Tungusen, einen Korjaken mit Schneeschuhen und Bogen, einen Kurilen mit Pfeil und Bogen, einen Tschuktschen mit einem Vogel, einen Kamtschadalen auf einem Hundeschlitten sowie einen Tungusen mit Köcher und Bogen und eine Tungusin mit einem Fisch. Auf der linken Seite der Karte befindet sich die Titelkartusche, an deren Rand – unter dem zaristischen Doppeladler – die Begegnung von Vertretern der Zivilisation (rechts) und der „Wildnis“ (links: fellbekleidete Frau, unbekleideter Mann) abgebildet ist. Darunter befinden sich Zeichnungen von Tieren und Gegenständen, die für das Leben der Bevölkerung Sibiriens von Bedeutung sind. In zwei Kreise schließlich sind Hinweise von üblichen Bestattungsweisen eingezeichnet.

(SG)