Kapitel 11 - Autographa Lutheri | Übersicht |
113 Von der babylonischen Gefangenschaft
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Martin Luther:
De captivitate Babylonica ecclesiae.
Wittenberg: Melchior Lotter d. J., 1520.
Signatur: 8° Aut. Luth. 81
Provenienz: Autographa Lutheri
In rascher Folge veröffentlichte Martin Luther (1483 – 1546) im Jahre 1520 drei Schriften, die aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung für seine Lehre als „reformatorische Hauptschriften“ bezeichnet werden: An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (August 1520), De captivitate Babylonica ecclesiae (Oktober 1520) und Von der Freiheit eines Christenmenschen (November 1520). In der umfangreichsten dieser Schriften, die Luther in lateinischer Sprache verfasste, mithin an die Gelehrten und Theologen gewandt, beschäftigt er sich mit theologischen Fragestellungen. Luther wendet sich in scharfer polemischer Haltung gegen die traditionelle Lehre von den sieben Sakramenten der Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße, Ehe, Priesterweihe und Letzten Ölung und lässt ihrer lediglich drei zu: Taufe, Eucharistie und (in eingeschränktem Maße) Buße. Durch das Papsttum, das Luther, auf die Babylonische Gefangenschaft Israels Bezug nehmend, mit dem Reiche Babylon gleichsetzt, und seine Hinwegsetzung über das Wort Gottes seien die Sakramente „in elende Gefangenschaft geraten, und die Kirche ist all ihrer Freiheit beraubt“. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen steht die Abendmahlslehre, die durch die Verweigerung des Laienkelches, die Transsubstantationslehre und die Lehre von der Messe als gutem Werk und Opfer in dreifache Gefangenschaft geraten sei.
Das Werk trug in erheblichem Maße zu einer Polemisierung um die Gestalt Luthers und seiner Lehre bei: Der Häresievorwurf gegen den Reformator wurde in der Folgezeit wiederholt eben an der Babylonica festgemacht. Als einer der prominentesten Verteidiger der römischen Kirche wandte sich König Heinrich VIII. von England (1491 – 1547; reg. 1509 – 1547) mit seiner Schrift Assertio septem sacramentorum adversus Martinum Lutherum (1521) öffentlich gegen Luther. Sie trug ihm auf Veranlassung von Papst Leo X. den Ehrentitel „Defensor fidei“ ein – wenige Jahre bevor Heinrich VIII. selbst in einen folgenreichen Konflikt mit dem Papsttum geraten sollte.
(SG)