zu den Exponaten
von Kapitel 1
Kapitel 1
Der Grundstock im Jahre 1734
Die Gründung einer hannoverschen Landesuniversität in Göttingen im Jahr 1734 war das Verdienst eines Verwaltungsfachmanns, des Geheimen Rats Gerlach Adolph von Münchhausen (1688 – 1770). Nach ihrer Gründung hielt er fast vierzig Jahre lang als Kurator die Geschicke der Georgia Augusta in seinen Händen.
Die dynamische Entwicklung zu einer europäischen Reformuniversität mit internationaler Bedeutung war von Anfang an mit dem zielgerichteten Aufbau einer funktionierenden Bibliothek verknüpft, deren wichtigste Aufgabe in der Beschaffung und Erschließung der aktuellen wissenschaftlichen Literatur, aber auch der für die Forschung und Lehre entscheidenden historischen Quellen aus früheren Zeiten bestand. Es war ein glücklicher Umstand, dass Münchhausen die herausragende Privatbibliothek des 1724 verstorbenen Großvogtes Joachim Hinrich von Bülow (1650 – 1724) als Schenkung der Familie für die junge Universität erwerben konnte, eine mit 9.000 Bänden recht umfangreiche Universalbibliothek, die Münchhausen selbst in einem Brief an den König vom 6. April 1734 als „nombreuse und selecte Bibliothec“ bezeichnete. Der erste Bibliothekar der Georgia Augusta, Johann Matthias Gesner (1691 – 1761), bestätigte bei der feierlichen Eröffnung der Universität in seiner in der Paulinerkirche gehaltenen Dankesrede, dass in Erinnerung an den Stifter die Göttinger Universitätsbibliothek „beständig den Nahmen Bibliothecae Bülovianae führen sollte, wie sehr sie auch durch andere Bücher künfftig vermehret werden würde.“
Die ersten Kupferstiche, die uns einen Blick in den Bibliothekssaal gewähren, sind aus diesem Grund mit der Bezeichnung Bibliotheca Buloviana versehen. Der von Georg Daniel Heumann geschaffene Kupferstich aus dem Jahre 1747 gibt außerdem die Maße des ersten Büchersaals im Nordflügel des 1734 erbauten quadratischen Universitätsgebäudes mit einer Länge von 100 und einer Breite von 40 Fuß an (was etwa 28,5 x 11,4 m entspricht). Inhaltlich waren in der Bibliotheca Buloviana alle Wissenschaftsgebiete vertreten, die an der Georgia Augusta gelehrt wurden, so dass von Beginn an nicht nur die Theologie, Jurisprudenz und Geschichte, sondern auch die Naturwissenschaften und Medizin im Bestand vertreten waren. Auch zwischen 40 und 50 Frühdrucke aus der Inkunabelzeit mit Erscheinungsjahren bis 1500 und eine Reihe mittelalterlicher und neuzeitlicher Handschriften finden sich in der großartigen Sammlung. Typisch für die Bücher aus Bülows Besitz sind große ovale Exlibris mit dem Namen des Besitzers und mit Rautenmustern verzierte Lederbände.
Ergänzt wurde dieser Grundstock durch Dubletten aus der Königlichen Bibliothek Hannover und einen kleineren Bestand von Büchern der Bibliothek des Göttinger Gymnasiums. Alles in allem besaß die Georgia Augusta bereits im Jahre 1734 einen soliden Grundbestand von etwa 12.000 Bänden aus allen Wissensgebieten. Da Münchhausen selbst am Aufbau der Bibliothek regen Anteil hatte und mit Zahlungen von jährlich ca. 4.000 Talern für einen kontinuierlichen Bestandsaufbau sorgte, hatte die Bibliothek im Jahr 1761 bereits einen für die Zeit beachtlichen Bestand von ungefähr 50.000 Bänden.
(HR)