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Kapitel 3 - Herkunft aus öffentlichen Institutionen | Übersicht |


18 Bibeldruck und Buchschmuck:
das Göttinger Musterbuch

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Göttinger Musterbuch.
Pergamenthandschrift, um 1450.
Signatur: 8° Cod. Ms. Uff. 51 Cim.
Provenienz: Johann Friedrich Armand von Uffenbach, 1769/70

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8° Cod. Ms. Uff. 51 Cim. (Ausschnitt)
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Das Göttinger Musterbuch ist ein Malerbuch für die Herstellung von Laubwerk, Initialen und gemusterten Gründen in verschiedenen Farbzusammenstellungen. Der in dieser Handschrift von nur 22 Seiten Umfang erläuterte Buchschmuck findet sich in der Zeit des frühesten Buchdruckes in mehreren Gutenbergbibeln, darunter auch im Göttinger Exemplar der B 42. Vorgestellt werden nur ornamentale und florale Verzierungen, Anleitungen für die Gestaltung von Hintergrund und Ausmalung von Initialen, aber keinerlei figürliche Darstellung von Tieren oder Menschen. Eine Besonderheit besteht darin, dass in einer Abfolge von Abbildungen der allmähliche Arbeitsfortschritt an Beispielen gezeigt und auch textlich beschrieben wird. Originell ist das Musterbuch nicht. Seine Vorschläge zur Illumination entsprechen ganz dem üblichen Kanon dekorativer Elemente. Seine Aufgabe bestand aber auch nicht darin, innovativ zu sein, vielmehr sollte es Konventionen und Ratschläge der technischen Umsetzung vermitteln. Und genau das tat es in beachtlich hoher Qualität und größtmöglicher Klarheit. So beginnt etwa der Text zur Verwendung von Mennige (Bleioxid) und Purpur auf der Mitte der linken Seite: Beide Farben sollen auf einem mit Blei und einer Feder vorgezeichneten Blatt verwendet werden, eine Farbe für die Oberseite, die andere für die Unterseite. Als nächster Schritt seien die Blattkonturen und -strukturen einzuzeichnen, danach die Schatten durch Auftrag von verdünntem Rot. Abschließend könnten mit Weiß und Gelb die Lichter gesetzt werden.

Mit seinen Qualitäten ist das Musterbuch ein einzigartiges Dokument zur Buchgeschichte und Geschichte der Buchkultur des 15. Jahr- hunderts. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses Musterbuch, zu dem nur eine einzige Parallelhandschrift bekannt ist, als Vorlage für die Ausschmückung des Göttinger Exemplars der Gutenbergbibel (und weiterer Bücher) gedient hat (s. Nr. 17). Mit seinen recht exakten Anweisungen zur Gestaltung und Intensivierung von Farben hat das Musterbuch überdies eine bedeutende Rolle für die Erforschung der Techniken der mittelalterlichen Buchmalerei gespielt, die in einem gemeinsamen Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Volkswagen-Stiftung in Göttingen untersucht wurden.

(HK/JM)