Zusammenfassung
Bei der polaren stratosphärischen Ozonzerstörung spielen
heterogene chemische Reaktionen eine zentrale Rolle. Dabei werden sonst
relativ inerte Verbindungen auf den Wolkenteilchen katalysiert.
Die Rate solcher Reaktionen ist davon abhängig, ob die Wolken aus
flüssigen oder gefrorenen Tropfen bestehen. Stratosphärische
Wolken bestehen hauptsächlich aus einer ternären Lösung
von Wasser, Schwefelsäure und Salpetersäure.
Diese Flüssigkeiten können stark unterkühlen, so
daß die Wolkentropfen selbst bei den winterlichen
stratosphärischen Temperaturen von etwa -80°C noch
flüssig
vorliegen können. Der Gefrierprozeß in reinen Tropfen
wird durch die Theorie der homogenen Nukleation beschrieben, falls
Verunreinigungen vorliegen durch die heterogene Nukleation. Um den
Gefrierprozeß zu verstehen, der zu dem Gefrieren der
Wolkenteilchen führt, haben wir homogene und heterogene
Nukleationsraten für binäre und ternäre Gemische
aus H20, H2SO4 und HN3O
untersucht. Dabei haben wir das Gefrierverhalten von einzelnen
Mikrotröpfchen mit einer neuen Methode studiert, mit der
Nukleationsraten mit einer bisher unbekannten Genauigkeit vermessen
werden können. Tropfen von einigen Mikrometern im Durchmesser
werden dabei frei schwebend in einer elektrodynamischen
Quadrupolfalle gehalten, um jegliche Wandkontakte zu vermeiden.
Die Falle befindet sich in einer kühlbaren Klimakammer.
Tropfen einer gewählten Zusammensetzung werden in die auf
Stratosphärentemperatur temperierten Falle injiziert. Die Zeit,
die die Tropfen unterkühlt bleiben, bevor sie gefrieren, gibt
Aufschluß über die Nukleationsrate. Da die
Nukleationsrate zu dem proportional zu dem Volumen der Tropfen ist,
wird die Tropfengröße optisch durch Analyse des
Streulichtes des Tropfens, der mit einem Laser beleuchtet wird,
vermessen.
Für reines Wasser wird die Rate der homogenen Nukleation mit
hoher Genauigkeit bestimmt. In einem Temperaturintervall von einem
Kelvin steigt die Nukleationsrate um fast zwei
Größenordnungen an, zehn Werte für die Nukleationsrate
konnten in diesem Temperaturintervall bestimmt werden.
Für binäre Schwefelsäure - Wassermischungen mit einer
Konzentration an Schwefelsäure von 0 bis 57 wt.% wurden die
Raten der homogenen Nukleation temperaturabhängig bestimmt.
Messungen an ternären Mischungen aus Wasser, Schwefelsäure
und Salpetersäure zeigen auf, daß nur die sogenannten
Eiswolken (Wolken des Typ II) bei etwa 3 Kelvin unterhalb des
Eisfrostpunktes in der Stratosphäre homogen gefrieren
können. Experimente, bei denen das Gefrieren der Tropfen
heterogen durch kleine Eiskristalle induziert wurde, deuten an,
daß bei höheren stratosphärischen Temperaturen ein
heterogenes Gefrieren der Wolkentropfen möglich ist. |