Zusammenfassung
Schwerpunkt der Arbeit ist die Untersuchung photoinduzierter
(durch Lichtanregung) Radikalpaar-Reaktionen mit der Methode der Chemisch
Induzierten Dynamischen Kernspinpolarisation (kurz: CIDNP). Es handelt
sich bei der CIDNP-Methode um ein magnetisches Resonanzverfahren, dessen
Observable eine nicht-thermisch erzeugte Kernspinpolarisation ist, die
mit NMR-Methoden detektiert wird. Die durch Ankopplung der Kern- an die
Elektronenspins erzeugte Kernspinpolarisation kann einerseits den Zugang
zu magnetischen Wechselwirkungsparametern, wie der Austauschwechselwirkung
J, der Hyperfeinkopplung a oder den elektronischen g-Faktoren liefern,
andererseits aber auch als Methode zur Erzeugung einer hohen Kernspinpolarisation
eingesetzt werden.
Beide Möglichkeiten werden anhand ausgewählter Radikalpaar-Systeme
vorgestellt.
Um die gesamte Bandbreite der Methode zu studieren, wurde ein neues,
spektral-hochauflösendes NMR-Spektrometer mit mechanischer Feldzyklisierung
aufgebaut. Mit diesem lässt sich erstmals über einen Magnetfeldbereich
von 0 bis 7 Tesla die Bildung des CIDNP-Effektes untersuchen. Durch den
Schrittmotor-gesteuerten Transfer eines kompletten NMR-Probenkopfes wird
so die Bildung der dynamischen Kernspinpolarisation im variablen Magnetfeld
durchgeführt, während der NMR-Nachweis immer im festen Magnetfeld
von 7 Tesla erfolgt.
In der Arbeit werden starr verbrückte Elektronentransfersysteme,
Zykloketone sowie Aminosäure-Farbstoff Radikalpaare untersucht und
charakterisiert.
Die Elektronentransfersysteme vom Typ Donor-Brücke-Akzeptor dienen
als Modelle für biologische Systeme, bei denen nach Lichtanregung
eine Ladungsseparation (wie z. B. in bakteriellen und pflanzlichen Photosystemen)
abläuft. Es ist erstmals gelungen, die elektronische Austauschwechselwirkung
J weitgehend modellfrei für Brücken verschiedener Länge
bei gleichem Elektronendonor und ?akzeptor zu bestimmen. Daraus folgernd
konnte die bislang nicht vollständig bekannte Reaktionskinetik für
diese Systeme aufgeklärt werden.
Eine weitere Klasse von untersuchten Systemen stellen die Zykloketone
unterschiedlicher Ringgröße dar, die als Modellsysteme für
die gegenseitige Beeinflussung von Spin- und molekularer Dynamik studiert
werden. Hier gelang es durch die Erweiterung des zur Verfügung stehenden
Magnetfeldbereiches ein bislang akzeptiertes theoretisches Modell zur Beschreibung
der Reaktionskinetik in Frage zu stellen und notwendige qualitative Ergänzungen
für das Modell anzubieten.
Als drittes wurde die Polarisationsbildung bei Radikalpaaren des Typs
Aminosäure-Farbstoff untersucht und beschrieben. Hintergrund der Messungen
ist die selektive Polarisationsbildung einzelner Aminosäuren in Makromolekülen
wie Peptiden und Proteinen, bei dynamischen Prozessen, wie der weitgehend
ungeklärten Proteinfaltung, eine interessante Untersuchungsmethode
darstellt. Durch die hier vorgenommenen feldabhängigen CIDNP-Messungen
lassen sich sowohl die selektive Polarisation einzelner Residuen besser
verstehen als auch die optimalen Polarisationsbedingungen effizienter einstellen.
Zusätzlich wurden sowohl an den Zykloketonen wie auch den Aminosäure-Farbstoff
interessante Nullfeld-Polarisationeffekte gefunden und im Rahmen eines
einfachen Modell beschrieben. |