Zusammenfassung
Die Palmitoylierung ist eine posttranslationale Modifikation von Proteinen, bei der
Palmitinsäurereste (C16:0) über Cysteine kovalent an Polypeptidketten gebunden
werden. Diese Art der Modifikation wurde bereits bei einer Vielzahl zellulärer und viraler
Proteine beschrieben, allerdings konnten bisher nicht alle strukturellen und funktionellen
Aspekte dieser Fettsäureanlagerung geklärt werden.
Das Ziel dieser Arbeit war es, die molekularen Voraussetzungen für die Bindung der
Fettsäuren an die Cysteinreste des vesikulären Membranproteins Synaptotagmin I zu
untersuchen. Außerdem sollte geklärt werden, welche Auswirkungen das Fehlen der
Fettsäurereste auf die intrazelluläre Prozessierung und die Funktion des Proteins hat.
Zur Klärung dieser Fragestellungen wurden Mutanten des Synaptotagmin-Gens erzeugt
und mittels Vaccinia-T7-System bzw. durch Transfektion mit kationischen Lipiden
(Lipofektin) in verschiedenen Zellkulturen exprimiert. Die Charakterisierung der
exprimierten Proteine erfolgte entweder durch metabolische Markierung mit Radionukliden
oder durch die Detektion mittels fluoreszenzmarkierten Antikörpern. Die Ergebnisse
lassen sich wie folgt zusammenfassen:
A) Alle fünf in der Acylierungsregion von Synaptotagmin I vorhandenen Cysteinreste
sind direkt oder indirekt an der Palmitoylierung beteiligt. Nur die Mutante,
bei der alle fünf Cysteine durch Serine ersetzt wurden (Syt mut), zeigte in CV1-Zellen
keinen metabolischen Einbau von (3)H-markierter Palmitinsäure. Die selektive Löschung
einzelner Cysteinreste senkte die Einbaurate von (3)H-Palmitinsäure auf jeweils
etwa 40% des Wildtyp-Proteins.
B) In CV1- und BON-Zellen zeigte das exprimierte Synaptotagmin I ein charakteristisches
Glykosylierungsmuster. Mittels Pulse-Chase-Experimenten konnte gezeigt
werden, daß erst nach etwa 2 Stunden die hochglykosylierte und vermutlich
physiologisch aktive Form des Proteins in den exprimierenden Zellen vorliegt. Bei der
fettsäurefreien Mutante erfolgt dieser Reifungsvorgang bedeutend langsamer. Auch nach zweistündiger Inkubationszeit nach der metabolischen Markierung wird der
hochglykosylierte Zustand des Proteins nicht erreicht.
C) Zellfraktionierungsexperimente an BON-Zellen bestätigten, daß der Transport
des synthetisierten Proteins innerhalb der Zelle durch die fehlende Palmitoylierung
bzw. indirekte Effekte der substituierten Cysteinreste beeinträchtigt ist. Allerdings
erbrachten fluoreszenzmikroskopische Untersuchungen der Transportvorgänge
von Wildtyp und fettsäurefreier Mutante in differenzierten PC12-Zellen nach Langzeitexpression keine Unterschiede in der zellulären Lokalisation. Bei beiden Formen des
Proteins erscheint die Zielsteuerung in die Axonenden normal.
Die Ergebnisse zeigen, daß die kovalent an die Polypeptidkette von Synaptotagmin I
gebundenen Fettsäurereste wichtig sind für bestimmte intrazelluläre Transportabschnitte von der Synthese des Proteins bis zu seinem Wirkungsort an den synaptischen Vesikeln, auch wenn durch Unterbindung der Acylierung keine komplette
Transportblockade erfolgt. Eine exakte Funktion dieser Modifikation konnte allerdings
noch nicht ermittelt werden. |