Zusammenfassung
In Labor- und Freilandexperimenten wurden Nebenwirkungen verschiedener Pflanzenschutzmittel auf Collembolen unterschiedlicher Lebensformtypen (Isotoma anglicana, Lepidocyrtus violaceus, Folsomia fimetaria, Heteromurus nitidus und Onychiurus armatus) untersucht. Hauptziel war die Konzeption eines Wahlversuches mit Collembolen zur quantitativen Erfassung des Vermeidungsverhaltens, welches über eine Hemmung der Einwanderung in kontaminierte Areale oder über Fluchtreaktionen zu einem Populationsrückgang führen könnte. Als Testsubstanzen wurden das Herbizid Betanal (Wirkstoff Phenmedipham) und die Insektizide Croneton EC 500 (Etiofencarb) und Curaterr SC 500 (Carbofuran, Carbamate), die synthetischen Pyrethroide Karate 5 WG (lambda-Cyhalothrin) und Cymbush 10 EC (Cypermethrin) sowie das aus Samenextrakten des Neem-Baums gewonnene NeemAzal T/S (Azadirachtin A) verwendet. Die Produkte wurden zunächst auf ihre akute Toxizität sowie ihre Auswirkungen auf die Lokomotionsfähigkeit nach Expositionszeiten von 24 Stunden und 7 Tagen untersucht. Alle untersuchten Pflanzenschutzmittel bis auf NeemAzal T/S riefen bei den Collembolen nach 24 Stunden Lokomotionsstörungen hervor. Die akuttoxische Wirkung von Karate, Croneton, Curaterr und NeemAzal T/S konnte eindeutig auf die jeweiligen aktiven Wirkstoffe zurückgeführt werden. Im Fall von Betanal und Cymbush wurden die Effekte auf Beistoffe der Formulierung zurückgeführt. Die chronische Toxizität wurde in Reproduktionsversuchen mit F. candida untersucht. Bis auf Cymbush schränkten alle untersuchten Pflanzenschutzmittel die Reproduktion nach einer Exposition von 28 Tagen bereits in Konzentrationen signifikant ein, die unter den in den Akuttests ermittelten EC50-Werten für die Schädigung lagen. Mit Hilfe der Wahlversuche konnten für alle untersuchten Produkte Repellenteigenschaften nachgewiesen werden. Dieser Vermeidungstest reagierte bei den Pflanzenschutzmitteln Betanal, Karate und Cymbush sensitiver als der Reproduktionstest. Durch die Aufdeckung von Vermeidungsreaktionen, die zu einer Abwanderung von Collembolen aus kontaminierten Arealen und damit zu einer Beeinträchtigung der Funktion der Bodenbiozönose und einer Verminderung der Bodenfruchtbarkeit führen können, liefert er zusätzliche, ökologisch relevante Informationen zu Pestizidnebenwirkungen auf Nichtzielorganismen. Die Repellentwirkungen der Substanzen über die Gasphase wurden mit der Art O. armatus in einem ebenfalls neu entwickelten Versuch zur olfaktorischen Wahrnehmung untersucht. Auf die Produkte Betanal, Cymbush, Croneton, Curaterr und NeemAzal T/S reagierte die untersuchte Collembolenart O. armatus auch ohne direkten Kontakt mit Vermeidungsreaktionen. Abschließend wurden die Ergebnisse der Wahlversuche am Beispiel von Betanal und Cymbush in Freilandversuchen anhand der Besiedlung von kontaminierten Netzbeuteln und Streudosen überprüft. Die Versuche erbrachten keine statistisch absicherbaren Unterschiede bei den eingewanderten Collembolen im Vergleich zu Kontrollvarianten. |