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FU Berlin
Digitale Dissertation

Markus Rex :
Der Ozonabbau in der arktischenStratosphäre: Ergebnisse einer neuen Meßstrategie (Match)
Ozone loss in the Arctic Stratosphere: Results of a new approach (Match)

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|Zusammenfassung| |Inhaltsverzeichnis| |Ergänzende Angaben|

Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit wurde ein Lagrangesches Meßverfahren entwickelt, welches es erlaubt, chemische Ozonabbauraten in der arktischen Stratosphäre von dynamisch bedingten Änderungen der Ozonkonzentration zu trennen und damit den chemischen Ozonabbau zu quantifizieren. Das Verfahren beruht auf den koordinierten Starts von etwa 1000 bzw. 600 Ozonsonden in zwei Kampagnen 1994/95 und 1995/96. Die Starts erfolgten von 35 Stationen, die ein Netzwerk in der Arktis und in nördlichen mittleren Breiten bilden. Während der Kampagnen wurden in bestimmten Niveaus die Bahnen aller von den Sonden beprobter Luftpakete überwacht und vorhergesagt. Näherte sich eines der bereits beprobten Pakete an eine beteiligte Station an, wurde von dieser zum vorausberechneten optimalen Startzeitpunkt gezielt eine weitere Sonde in dieses Luftpaket hinein gestartet. Für die Koordinierung einer solchen Kampagne wurde die nötige Infrastruktur geschaffen. In diese waren außer dem Stationsnetzwerk selbst die Daten des Europäischen Zentrums für Mittelfristige Wettervorhersage, darauf basierende Trajektorienrechnungen, nahezu in Echtzeit, des Meteorologischen Instituts der Freien Universität Berlin und Strahlungstransportrechnungen der Universität Cambridge eingebunden. Chemische Ozonabbauraten ergaben sich aus einer statistischen Analyse der von einem Sondenpaar gemessenen Differenzen im Ozonmischungsverhältnis und der Zeiten, die das jeweilige Luftpaket in der Sonne verbracht hat. Durch den Einsatz der koordinierten Kampagnen ist es gelungen, den zeitlichen Verlauf und die vertikale Verteilung der chemischen Ozonabbaurate in den Wintern 1994/95 und 1995/96 detailliert zu bestimmen. Die Ergebnisse wurden zusammen mit einer Lagrangeschen Neuauswertung der Ozonsondendaten des arktischen Winters 1991/92 dargestellt. In allen drei Wintern wurde schneller chemischer Ozonabbau mit ähnlichen maximalen Raten von jeweils etwa 50 bis 60 ppbv bzw. 1,6 bis 1,7 % pro Tag festgestellt. Der in der Höhenschicht mit dem maximalen Abbau über den Winter akkumulierte chemische Ozonverlust betrug im Winter 1991/92 1,2 ppmv, im Winter 1994/95 2,0 ppmv und im Winter 1995/96 2,4 ppmv. Letzterer Wert entspricht einem Abbau von etwa 64 %, wenn er auf die Ozonmenge bezogen wird, die am Ende des Winters ohne die Wirkung der Chemie bei sonst gleicher dynamisch bedingter Ozoneinmischung vorgelegen hätte. Der akkumulierte chemische Verlust in der Ozongesamtsäule betrug im Winter 1994/95 etwa 130 DU. Der festgestellte chemische Verlust in der Ozonsäule entspricht in etwa der Menge, die in der gleichen Zeit durch dynamische Prozesse hinzugefügt wird. Durch die Auswirkung des chemischen Ozonverlusts sind die Ozongesamtsäulen in den Wintern 1994/95 und 1995/96 also auf einem konstantem Niveau geblieben, im Gegensatz zum normalen klimatologischen Anwachsen der Säulendichte in dieser Jahreszeit. Der chemische Ozonverlust wurde jedesmal und in allen Höhen von Perioden eingeleitet, in denen die Temperaturen unterhalb des Wertes lagen, ab dem die Bildung von Polaren Stratosphärischen Wolken (PSC) möglich ist. Er war generell auf die Zeiten beschränkt, die eine Luftmasse in der Sonne verbracht hat. Dieses Verhalten entspricht genau dem, was von der Theorie des durch heterogene Chemie induzierten und durch Halogenradikale katalysierten Ozonabbaus vorausgesagt wird. Der Verlauf des Rückgangs der Ozonabbaurate in der Erholungsphase machte deutlich, daß diese in der Arktis im wesentlichen von der Rückkehr der Sonne bestimmt wird. Als neues Ergebnis ist zu werten, daß der Prozeß der Erholung relativ unabhängig von der weiteren Existenz von PSCs ablief. Dieses wird erklärt durch ein Nachlassen der Effektivität der heterogenen Chemie in dem Moment, wo das gesamte HCl in der Luftmasse verbraucht ist. Die Effektivität der dann noch ablaufenden heterogenen Mechanismen war bisher nicht geklärt. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit deuten darauf hin, daß diese nur noch einen sehr begrenzten Einfluß auf die stratosphärische Chemie haben und nicht in der Lage sind, den Aufbau des Frühjahrsmaximums des Chlornitrats und den Rückgang der Ozonabbaurate entscheidend zu verzögern. Die Gesamtmenge des in einem Winter zerstörten Ozons scheint demnach unabhängiger vom Zeitpunkt der Erwärmung im Frühjahr zu sein, als bisher angenommen. Insbesondere hat dieser Effekt die Bildung eines arktischen Ozonlochs während der ungewöhnlich langen kalten Periode des Winters 1995/96 verhindert. Neben diesem den Ozonabbau in der Arktis offensichtlich eher begrenzenden Effekt wurde im Winter 1995/96 jedoch auch eine schmaler Höhenbereich gefunden, in dem der Ozonabbau lange nach Ende der PSC-Periode bis in den April hinein anhielt. Es wurde gezeigt, daß dies nur als die erste Beobachtung der Auswirkung von Denitrifizierung auf den Ozonabbau in der Arktis interpretiert werden kann. Diese Beobachtung zeigt, daß Denitrifizierung auch in der Arktis (wie regelmäßig in der Antarktis) Ausmaße erreichen kann, die eine signifikante Verlängerung des Ozonabbaus bewirken. Beide gefundenen Effekte zusammen legen nahe, daß eine Verlängerung der PSC-Temperaturen im Frühjahr in der Arktis kaum zu Ozonverlusten führen kann, die dem antarktischen Ozonloch vergleichbar wären. Das Auftreten von extrem kalten Temperaturen, welche durch die Bildung von Eiswolken schwerwiegende Denitrifizierung hervorrufen können, kann demgegenüber jedoch auch in der Arktis den Ozonverlust im Frühjahr derart verlängern, daß die Bildung eines arktischen Ozonlochs denkbar erscheint. Dazu müßte jedoch in den nächsten Jahrzehnten, solange die stratosphärische Chlorbelastung noch groß ist, ein Winter mit noch weiter zeitlich und räumlich ausgedehnten Existenzbedingungen für Eiswolken auftreten, als dies 1995/96 der Fall war. Solche meteorologischen Bedingungen finden sich in der 30-jährigen Berliner Reihe bisher nicht. Für die weitere Entwicklung der arktischen Ozonverluste ist es demnach entscheidend, ob sich erste Hinweise auf einen Abkühlungstrend der polaren Stratosphäre in Zukunft bestätigen.

Inhaltsverzeichnis

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Titel und Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung 5
Verzeichnis der abschnittsübergreifend verwendeten Variablen 7
1 Einleitung 10
1.1 Motivation 10
1.2 Bisher erreichter Wissenstand 11
1.3 Ziel der vorliegenden Arbeit 11
2 Grundlegende Größen 13
2.1 Meßgrößen für Ozon 13
2.2 Die potentielle Temperatur als Höhenskala 14
2.3 Meßgrößen für die potentielle Vorticity 17
2.3.1 Normierte potentielle Vorticity 17
3 Ozon in der polaren Stratosphäre 19
3.1 Die Chapman Chemie 19
3.2 Katalytische Ozonabbauzyklen 20
3.3 Meteorologische Prozesse in der winterlichen polaren Stratosphäre 22
3.4 Die gestörte Chemie der winterlichen polaren Stratosphäre 25
3.5 Ozon im antarktischen und arktischen Polarwirbel 27
4 Methoden zur Messung chemischen Ozonabbaus 35
4.1 Über den Polarwirbel gemitteltes Ozon 35
4.2 Verwendung von inerten Tracern 36
4.2.1 N2O als Tracer für die diabatische Zirkulation 36
4.2.2 Hintergrundaerosol als Tracer für Einmischungsvorgänge in den Wirbel 36
4.2.3 Ozon/Tracer-Korrelation 36
4.3 Kombination von Ozonmessungen mit Transportmodellen 37
5 Match-Kampagnen zur Messung chemischen Ozonabbaus 39
5.1 Geeignete Meßgeräte für Match 40
5.1.1 Funktion der Ozonsonden 42
5.2 Match-Auswertung der Ozonsondendaten des Winters 1991/92 46
5.3 Koordinierte Match-Kampagnen in den Wintern 1994/95 und 1995/96 46
5.4 Koordinierung während der Match-Kampagnen 48
5.4.1 Kampagnenablauf 48
5.4.2 Prozeduren zur Steuerung der Kampagne 49
5.4.2.1 Nahe Echtzeit Trajektorienrechnungen während der Kampagne 52
5.4.2.2 Auswahlkriterien für die Beurteilung von möglichen Match-Ereignissen 53
5.4.3 Beispiel für das Zustandekommen eines Matches 55
5.5 Prozeduren zur Datenauswertung nach der Match-Kampagne 57
5.5.1 Trajektorienrechnungen zur Datenauswertung 58
5.5.1.1 Abdrift der Sonden 58
5.5.1.2 Korrektur Diabatischer Effekte 60
5.5.2 Berechnung der Matche 63
5.5.3 Auswahl der Matche für die Auswertung 65
6 Meteorologie der arktischen Winter 1991/92, 1994/95 und 1995/96 71
6.1 Definition des Polarwirbels 71
6.1.1 pPV als Koordinatensystem im Wirbel 73
6.2 Abschätzung der Bereiche mit PSC-Bedingungen 75
6.3 Abschätzung des diabatischen Absinkens im Wirbel 75
6.4 Berechnung der mittleren Sonnenscheindauer pro Tag im Polarwirbel 76
6.5 Stabilität des Polarwirbels, QBO und Solarzyklus 76
6.6 Die Polarwirbel der drei untersuchten Winter 77
6.6.1 Winter 1991/92 77
6.6.2 Winter 1994/95 80
6.6.3 Winter 1995/96 83
7 Chemische Ozonverluste in den Wintern 1991/92, 1994/95 und 1995/96 89
7.1 Berechnung der Ozonverlustraten während sonnenbeschienener Zeiten 89
7.2 Berechnung von Tagesmitteln der Ozonverlustraten 91
7.3 Der Winter 1991/92 92
7.3.1 Zeitlicher Verlauf der Ozonabbaurate 92
7.3.2 Höhenprofil der Ozonabbaurate 94
7.3.3 PV-Profil der Ozonabbaurate 95
7.3.4 Über den Winter akkumulierter Ozonverlust 96
7.4 Der Winter 1994/95 97
7.4.1 Zeitlicher Verlauf der Ozonabbauraten 97
7.4.2 Höhen/Zeitschnitt der Ozonabbaurate 100
7.4.3 Verlust in der Ozonsäule 104
7.4.4 PV-Profil der Ozonabbaurate 106
7.4.5 Über den Winter akkumulierter Ozonverlust 106
7.5 Der Winter 1995/96 107
7.5.1 Höhen/Zeitschnitt der Ozonabbaurate 107
7.5.2 PV-Profil der Ozonabbaurate 109
7.5.3 Über den Winter akkumulierter Ozonverlust 109
7.6 Tagesgang der Ozonabbaurate 115
8 Diskussion 125
8.1 Diskussion der beobachteten Ozonverluste 125
8.1.1 Diskussion des generellen Verlaufs des gefunden Ozonabbaus anhand der grundlegenden Mechanismen polaren Ozonverlusts 125
8.1.2 Rückschlüsse auf den Grad und den Verlauf der Chloraktivierung 126
8.1.3 Beobachtete Merkmale der Deaktivierungsphase 128
8.1.4 Die chemischen Mechanismen der Deaktivierungsphase 129
8.1.5 Modellstudien 131
8.1.6 Auswirkungen von Denitrifizierung auf den Ozonabbau in der Arktis 135
8.2 Konsequenzen für den arktischen Ozonverlust und Vergleich mit der Antarktis 136
8.3 Bewertung der arktischen Ozonverluste 138
9 Fehlerdiskussion 139
9.1 Statistische Fehler 139
9.2 Systematische Fehler 139
9.2.1 Fehler der diabatischen Erwärmungsraten 139
9.2.2 Überdeckung des Wirbels 142
9.2.3 Mögliche Drift der Trajektorien 145
9.3 Vergleich der Ergebnisse mit anderen Arbeiten 145
Fazit und Ausblick 149
Tabelle der Stationen 150
Literaturverzeichnis 154
Danksagung

Ergänzende Angaben:

Online-Adresse: http://www.diss.fu-berlin.de/2002/124/index.html
Sprache: Deutsch
Keywords: Ozone Stratosphere Arctic Match
DNB-Sachgruppe: 31 Geowissenschaften
Datum der Disputation: 04-Sep-1997
Entstanden am: Fachbereich Geowissenschaften, Freie Universität Berlin
Erster Gutachter: Prof. Dr. Karin Labitzke
Zweiter Gutachter: Dr. habil. Steven Pawson
Kontakt (Verfasser): mrex@awi-potsdam.de
Kontakt (Betreuer): labitzke@strat01.met.fu-berlin.de
Abgabedatum:17-Jul-2002
Freigabedatum:23-Oct-2002

 


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