Zusammenfassung
Schilddrüsenhormone wirken an spezifischen subzellulären Strukturen, wurden jedoch bisher nur in Gesamthomogenaten von Hirnarealen der Ratte gemessen. Aus diesem Grund wird in der hier vorliegenden Arbeit eine Methode entwickelt, die Homogenate von elf Rattenhirnarealen durch Saccharose-Dichtegradienten-Zentrifugation in fünf subzelluläre Fraktionen aufzutrennen: in Nuklei, Mitochondrien, Myelin, Synaptosomen und Mikrosomen. Die Reinheit der jeweiligen Fraktionen wurde durch Quantifizierung von biochemischen "Markern" sowie elektronenmikroskopisch überprüft. Die Schilddrüsenhormone T3 und T4 wurden in den subzellulären Fraktionen mit Hilfe von sensitiven Radioimmunoassays quantifiziert.
Verschiedene pharmakologische und nichtpharmakologische Behandlungsformen zeigten die folgenden Ergebnisse: a) Vier chemisch unterschiedliche Antidepressive induzierten eine signifikante Zunahme der T3-Konzentrationen in der Myelinfraktion der Amygdala. Die Phasenprophylaktika Lithium und Carbamazepin sowie ein achtstündiger Schlafentzug führten zu einer Zunahme der T3-Konzentrationen in den Synaptosomen der Amygdala. Antidepressiva induzierten ebenfalls eine Zunahme der mitochondrialen Proteinkonzentrationen und der Aktivität des mitochondrialen Enzyms Succinatehydrogenase in der Amygdala. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Psychopharmaka über ihre Effekte auf die Schilddrüsenhormonkonzentrationen ganz spezifische Funktionen der Amygdala beeinflussen und dass diese Effekte höchstwahrscheinlich am bisher unbekannten Wirkungsmechanismus der Medikamente beteiligt ist. b) Verschiedene Formen von Stress, wie z. B. akute oder über einen Zeitraum von 14 Tagen durchgeführte i.p.-Injektionen mit Kochsalz, führten zu spezifischen Veränderungen der T3-Konzentrationen verschiedener Subfraktionen; c) die Induktion einer Hyperthyreose mit T3 bzw. mit T4 induzierte eine Zunahme der T3-Gewebekonzentrationen nur in einem von vier Hirnarealen, in den drei anderen Arealen blieben die T3-Konzentrationen aufgrund gegenregulatorischer Mechanismen konstant.
Insgesamt zeigt die vorliegende Untersuchung, dass die Messung von Schilddrüsenhormonkonzentrationen in subzellulären Fraktionen pharmakologische Effekte entdecken kann, die bei Messungen der Hormonkonzentrationen in Homogenaten übersehen werden. Das wichtigste Teilergebnis sind deutliche Hinweise auf die Wirkung verschiedener Antidepressiva und Phasenprophylaktika in subzellulären Strukturen der Amygdala. |